Mit Smartwatches die eigene Fitness zu tracken, gehört für viele Menschen zum Alltag. Mit einem Blick aufs Smartphone erkennt man Puls, Schrittanzahl, Schlafqualität oder sogar den Herzrhythmus. Solche Angaben zur Herzgesundheit können nun durch weitaus komplexere Gesundheitsdaten ergänzt werden und bei der medizinischen Diagnose helfen. Der im von der Europäischen Union geförderten ESCEL-Projekt APPLAUSE („Advanced packaging for photonics, optics and electronics for low cost manufacturing in Europe”) entstandene Demonstrator ist so dünn wie ein gewöhnliches Pflaster. Im Inneren verstecken sich Sensoren und winzige Elektronik für ein Langzeit-Monitoring des Herzens. Einmal aufgeklebt, ermöglicht das Plug&Play-Patch die kardiologische Überwachung von Patient*innen. Konkret können Vitaldaten wie die Sauerstoffsättigung im Blut, die Brustbewegung sowie die Bioimpendanz gemessen und zur Kontrolle durch klinisches Personal direkt an eine App übertragen werden. Im Fokus der Forschenden am Fraunhofer IZM stand die System- und Schaltungsentwicklung, die Aufbau- und Verbindungstechnik sowie die Integration eines dichtgepackten Schaltungsträgers in das Pflaster.
Hoher Tragekomfort dank TPU
Als Trägerfolie für das Pflaster wurde thermoplastisches Polyurethan (TPU) verwendet, das aufgrund seiner Flexibilität und Dehnbarkeit einen hohen Tragekomfort am Körper ermöglicht. Das Material lässt sich zudem kostengünstig mittels gängiger Leiterplattentechnologien, wie beispielsweise der Montage von Komponenten mit Pick-and-Place Maschinen verarbeiten. Dieser Vorteil wurde durch die Integration der elektrischen Funktionalitäten in ein duales System-in-Package-Design (SiP) genutzt, das direkt auf der flexiblen Leiterplatte montiert wurde. Würth Elektronik Circuit Board Technology hat das Design der Leiterplatten mitbegleitet sowie die Fertigung der Substrate realisiert. Dazu wurden neuartige ultra- und starrflexible Aufbauvarianten mit dem Projektpartner OSYPKA AG konzipiert und die Leiterplatten auf Basis der hautfreundlichen Substrate hergestellt.
Integrationstechnologien konsequent weiterentwickelt
Im Projekt konnte außerdem gezeigt werden, dass eine robuste Verkapselung dünner Schaltungsträger, die mit Bauteilen unterschiedlicher Höhen bestückt sind, auf TPU möglich ist. Der hohe Grad der Miniaturisierung und dichten Integration führte letztendlich zu einem sehr unauffälligen Formfaktor, während die dehnbare Leiterplatte ein ausgesprochen nachgiebiges und biokompatibles Substrat darstellt. Der Druck der Elektroden direkt auf der flexiblen Leiterplatte sowie die Integration der gesamten Elektronik in ein textiles Substrat haben die Entwicklung der medizinischen Patches zur Überwachung der Körperfunktionen entscheidend vorangebracht. Auch Christine Kallmayer, Projektverantwortliche am Fraunhofer IZM, zeigt sich mit den Ergebnissen sichtlich zufrieden: „Vor einigen Jahren war so ein elektronisches Pflaster zur Herzüberwachung noch unvorstellbar. Erst durch die Weiterentwicklung von Integrationstechnologien ist es nun möglich, Medizintechnik so zu miniaturisieren, dass es als biokompatibles und dehnbares Pflaster statt als starres Gerät genutzt wird.“
Der APPLAUSE-Demonstrator sowie weitere Forschungshighlights der Gruppe „System on Flex“ von Frau Kallmayer werden dieses Jahr auf der COMPAMED vom 13.-16 November 2023 in Düsseldorf vorgestellt.
Das Vorhaben ist Teilprojekt des APPLAUSE-Projekts, welches im Rahmen von ECSEL Joint Undertaking durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union mit einer Summe in Höhe von 34,5 Mio. Euro gefördert wird. Weitere Projektpartner waren Würth Elektronik Circuit Board Technology, das Interuniversitair Micro-Electronica Centrum (IMEC), Precordior OY die Fraunhofer-Institute ENAS und IMS sowie 26 weitere europäische Partner*innen aus Industrie und Forschung, die hier aufgelistet sind: https://www.elektronikforschung.de/projekte/applause
Das Fraunhofer IZM ist weltweit führend bei der Entwicklung und Zuverlässigkeitsbewertung von Technologien für die Aufbau- und Verbindungstechnik von zukünftiger Elektronik. Hierdurch entstehen Eigenschaften, die bislang eher untypisch für Mikroelektronik sind: zum Beispiel wird sie dehn- oder waschbar, hochtemperaturbeständig oder extrem formangepasst. Die Forschenden des Fraunhofer IZM setzen dabei ebenso Maßstäbe für die Umweltverträglichkeit von Elektronik.
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