Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania heizte Donald Trump 2020 die Gerüchte an, Joe Biden habe sich ästhetischen Behandlungen unterzogen. „Mit dem Verbinden des Tragens des Mund-Nasen-Schutzes und möglichen OP-Eingriffen inszenierte Trump die Karikatur eines kraftlosen Schönlings und gab den eigenen Wahlkampf als Siegeszug maskuliner Durchsetzungskraft aus“, beschreibt Daniel Hornuff im Vorwort seines Sachbuchs Krass! Beauty-OPs und Soziale Medien ein heute verbreitetes Phänomen anhand dieses Beispiels. Denn nicht nur Politiker setzen sich zunehmend in Szene. Vielmehr bieten die Sozialen Medien Gelegenheit zur Selbstinszenierung, zu einem Spiel mit Identitäten und Rollenbildern. Eine Folge davon ist der weltweite Boom von Beauty-OPs. Hornuffs Buch entfaltet sich als Essay über die Frage, wie tief dieses Design in den Körper eingreift – und wie sich das Label „krass“ zu einer neuen ästhetischen Kategorie entwickeln konnte. Es bildet den Auftakt zur neuen Sachbuchreihe Essays zur Gegenwartsästhetik. Darin versammeln die Herausgeber*innen Moritz Baßler, Heinz Drügh, Maren Lickhardt und eben Daniel Hornuff Bücher von Autor*innen, die aktuelle kulturelle Phänomene in ihrer Ästhetik, Medialisierung und gesellschaftlichen Zirkulation monografisch analysieren.

Instagram, Facebook und YouTube haben nach Meinung von Daniel Hornuff die Körperkultur grundlegend verändert. Heute präsentieren sich Millionen Menschen in Bildern, und ebenso viele betrachten und bewerten diese Bilder. Entsprechend groß ist das Bedürfnis, den Körper ästhetisch zu optimieren, ihn als „krasses“ Ereignis in Szene zu setzen. In seinem Buch thematisiert der Autor zentrale Fragestellungen im Zusammenhang mit dieser Gestaltung: Welche Schönheitsnormen werden aufgebaut? Welche verworfen? Wie ist zu erklären, dass Schönheits-Operationen einerseits florieren – es andererseits aber noch immer einem Outing gleicht, sich zu ihnen zu bekennen? Welche Vorstellungen von Öffentlichkeit und Intimität, von Geschlecht und Sexualität, von Kultur und Natur werden dabei verhandelt?

Das Buch ist der erste Titel der neuen Sachbuchreihe, deren Ziel die Herausgeber*innen wie folgt beschreiben: „Es geht darum zu zeigen, wie gegenwärtiges ästhetisches Erleben unseren Alltag prägt, unser Konsumverhalten bestimmt, unsere Zugehörigkeiten formiert, unsere Lebensstile konstituiert und nicht zuletzt die Sphäre des Politischen prägt.“ Dieses betreffe Themen wie Geschlechterrollen und Liebesbeziehungen, Todesphantasien und die Stilisierung lebendiger Körper, Modediktate, Designtrends und Konsumpräferenzen, Arbeitsethiken, Freundschaftsrituale und demokratische Praktiken. Das kann sich auf das Musikgeschäft, die Bildende Kunst, die Literaturproduktion, die Film- und Fernsehindustrie, Popkultur oder Konsumästhetik beziehen.

„Mit dem ästhetik-theoretischen Zugang zu Alltagsphänomenen liegt mit der Reihe eine außergewöhnliche Kombination vor. Hier können Wissenschaftler*innen Themen behandeln, die zwar auf breites Interesse stoßen und kulturwissenschaftlich wie theoretisch fruchtbar sind, bei denen die fachliche Zuordnung aber oft strittig ist“, ergänzt Ferdinand Pöhlmann, Associate Editor Humanities bei Springer Nature und verantwortlich für das Buchprogramm im Bereich Kultur-, Medien- und Sprachwissenschaft bei J.B. Metzler. Zwei Mal im Jahr soll ein neuer Essay erscheinen. Im Blick seien zum Beispiel pop-kulturelle Praktiken wie der Besuch eines Rammstein-Konzertes, Netzphänomene wie Insta-Poetry, das sinnliche Erlebnis eines Restaurantbesuchs oder die Erscheinung von UFOs. Die neue Reihe führe damit das bisher vorwiegend auf Handbücher und Nachschlagewerke konzentrierte Metzler-Buchprogramm in den Kulturwissenschaften in essayistischer und allgemeinverständlicher Weise fort, freut sich Pöhlmann: „Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse und bietet einen Publikationsraum jenseits disziplinär gefasster oder thematisch begrenzter Buchreihen.“

Der J.B. Metzler Verlag (www.metzlerverlag.de) ist ein traditionsreicher geisteswissenschaftlicher Verlag. Er wurde 1682 gegründet und ist einer der ältesten Verlage Deutschlands. Heute umfasst das Programm Literatur- und Medienwissenschaften, Philosophie, Linguistik, Musik und Geschichte. Der J.B. Metzler Verlag ist Teil von Springer Nature.

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