Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), würdigt aus Anlass des zehnjährigen Amtsjubiläums von Papst Franziskus dessen innovative Energie. „Diese Kirche ist menschlicher, beweglicher und synodaler geworden“, sagt sie. „Wir brauchen jetzt Schritte hin zu echten strukturellen Veränderungen. Nur dann werden wir eine wirklich tragende Antwort auf die Herausforderungen im 21. Jahrhundert finden.“

„Zu Beginn der Amtszeit von Papst Franziskus ist dessen zugewandte Art, bescheidenes Auftreten und die Abkehr vom Klerikalismus wie eine Erlösung erschienen. Die Menschen haben ihn dafür geliebt, der Kirche ein menschliches Antlitz zu geben“, so Stetter-Karp weiter. „Die Herzen flogen ihm zu.“

Dieser Begeisterung sei eine notwendigerweise differenzierte Betrachtung des päpstlichen Handelns gefolgt. „Wir sehen heute, was Papst Franziskus bewegt hat. Er ist Schritte der Kooperation mit anderen Religionen gegangen. Er hat mit seiner Enzyklika ‚Laudato si‘ einen weltweit gehörten Aufschrei zur Bewahrung der Schöpfung theologisch begründet. Er hat seine Kurie in einer großen Wutrede vor ‚spirituellem Alzheimer‘ gewarnt. Vor allem aber hat er konsequent den Weg zu einer synodalen Kirche beschritten. Die Amazonas-Synode im Jahr 2019 war nur der Anfang. Jetzt befinden wir uns mitten im Prozess der Vorbereitung einer Weltsynode, auf die die Welt dringlich wartet. Denn wir brauchen Veränderung, wenn wir mit unserer Kirche in eine menschliche Zukunft gehen wollen.“

Papst Franziskus habe „heilsamen Aufruhr“ gestiftet, sagt Stetter-Karp. „Aber nun ist es an der Zeit, dass dem Aufruhr etwas folgt, dass eine neue Ordnung der Dinge ermöglicht. Das schulden wir Katholikinnen und Katholiken, dass schuldet vor allem die Kirchenleitung in jedem Fall den unzähligen Opfern des Missbrauchsskandals weltweit.“ Sie hoffe, dass Papst Franziskus sich dazu erklären werde, „dass der massenhafte Missbrauch nur möglich wurde, weil das ‚System Kirche‘ dieses Grauen ermöglichte. Die systemischen Ursachen wurden uns in Deutschland mit der MHG-Studie von 2018 in aller Deutlichkeit offengelegt. Klerikalismus, Machtmissbrauch, Homophobie, Frauenfeindlichkeit, insgesamt die Missachtung von Menschenrechten in der Kirche spielen eine entscheidende Rolle.“

Der Papst lasse noch nicht ausreichend klar erkennen, dass der lange und grausame Weg des Täterschutzes in der Kirche zu Ende sei. „Es reicht nicht aus, wenn der Pontifex sein Entsetzen und seine Abscheu vor Missbrauchstaten zum Ausdruck bringt. Wir brauchen ihn jetzt im wörtlichen Sinne als Brückenbauer zwischen den Betroffenen und der Kirche. Die Brücke führt aber nur zueinander, wenn sie auf Ehrlichkeit und Handlungsbereitschaft gebaut ist.“

Diese Erkenntnis sei in Deutschland der Auslöser für den Synodalen Weg gewesen, dessen fünfte Synodalversammlung am Wochenende zu Ende ging. „Die systemischen Ursachen des Missbrauchsskandals sind aber noch immer nicht völlig aufgearbeitet. Wir haben viel geschafft, aber es bleibt noch viel zu tun. Deshalb muss der Synodale Weg zu einer dauerhaft synodalen Kirche führen. Zu einer Kirche, in der immer wieder gemeinsam beraten und gemeinsam entschieden wird. Papst Franziskus ist zu danken, dass er uns zu diesem Weg angestoßen hat.“

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