| APD │ In den vergangenen 15 Jahren war Božidar Mihajlović, Geschäftsführer der Adventistischen Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Bosnien und Herzegowina, an verschiedenen Projekten zur Friedensförderung in Bosnien und Herzegowina beteiligt. In einem Land, das vom Krieg (1992 – 1995) zutiefst gezeichnet ist und noch immer mit den Folgen zu kämpfen hat, zielen diese Initiativen darauf ab, Gräben zu überbrücken und die Verständigung zwischen der heterogenen Bevölkerung zu fördern, so Mihajlović.

Engagiert in der Friedensförderung
Den Müll im Land an einem Tag wegzuräumen oder an einem Tag eine Million Bäume zu pflanzen seien zwei Projekte von ADRA gewesen. Diese hätten zwar eher eine ökologische Ausrichtung gehabt, so Mihajlović, sie hätten aber dennoch eine wichtige Rolle bei der Friedensförderung gespielt. Dazu sei ein Netzwerk aus 120 lokalen Führungskräften und Teams gebildet worden. Dies habe Menschen aus drei verschiedenen Nationalitäten und Religionen zusammengebracht, um an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten, nämlich die Verbesserung ihrer gemeinsamen Umwelt. Laut Wikipedia leben im Land rund 50 Prozent Bosniaken (größtenteils Muslime), 30,8 Prozent Serben (größtenteils orthodoxe Christen) sowie 15,4 Prozent Kroaten (größtenteils römische Katholiken).

Wandbild mit der Aufschrift „Liebe verbindet“ in Jajce
Ein weiteres Projekt habe in der Stadt Jajce im Kanton Zentralbosnien stattgefunden, wo Kinder verschiedener Nationalitäten zwangsweise in getrennten Schulen unterrichtet werden. Als Reaktion darauf hätten ADRA-Mitarbeitende ein großes Wandbild unter einer Brücke gemalt mit der Aufschrift „Liebe verbindet“, so Mihajlović. „Dieses Wandbild diente als visuelle Erinnerung an die Macht der Liebe, um Trennungen zu überwinden und die Einheit unter der Jugend zu fördern.“

Seile des Friedens zwischen Kirchen und Moschee in Mostar
In Mostar im südlichen Teil des Landes ist die Stadt in einen von Muslimen bewohnten Ostteil und einen von Katholiken bewohnten Westteil geteilt. Die serbische Minderheit wohnt in beiden Stadtgebieten. ADRA habe deshalb drei Seile von der Moschee, von der orthodoxen und von der katholischen Kirche gezogen. „Diese Seile symbolisierten die Verbindungen zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen“, so Mihajlović. „Friedensbotschaften aus der Bibel und dem Koran wurden an den drei Seilen befestigt, die dann auf der Alten Brücke verknotet wurden.“ Diese symbolträchtige Geste, sei von zahlreichen Medien aufgegriffen worden und  bei den Menschen auf breite Zustimmung und Wertschätzung gestoßen.

Internet-Radio „Reconciliation“
Das jüngste Projekt, an dem ADRA-Mitarbeitende beteiligt sind, ist der Start eines Internet-Radios mit dem Namen „Reconciliation“ (Versöhnung), berichtete Mihajlović. „Durch diese Plattform versuchen wir, die gute Nachricht der Vergebung, der Liebe und des guten Willens unter Muslimen, Katholiken und Orthodoxen in Bosnien und Herzegowina zu verbreiten. Indem wir aktiv Brücken bauen und den Dialog fördern, hoffen wir, einen Beitrag zur Entwicklung eines dauerhaften Friedens in unserem Land zu leisten.“

Friedensförderung ein fortlaufender Prozess
Die Friedensförderung in Bosnien und Herzegowina sei ein fortlaufender Prozess, der die gemeinsamen Anstrengungen von Einzelpersonen, Gemeinschaften und Organisationen erfordere, so Mihajlović. „Diese Projekte, die auf Liebe, Dialog und Versöhnung beruhen, haben zweifellos dazu beigetragen, Gräben zu überbrücken, Unterschiede zu überwinden und Menschen zusammenzubringen. Da wir weiterhin eine bessere Zukunft für unsere Gesellschaft aufbauen wollen, ist es entscheidend, dass wir solche Initiativen verstärken und auf eine Gesellschaft hinarbeiten, in der Frieden, Verständnis und Respekt vorherrschen.“

Über ADRA
Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA (Adventist Development and Relief Agency) wurde 1956 gegründet und führt weltweit Projekte der Entwicklungszusammenarbeit sowie der humanitären Hilfe in Katastrophenfällen durch. ADRA ist eine nichtstaatliche Hilfsorganisation und wird von der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten getragen. ADRA International besteht aus einem weltweiten Netzwerk mit 118 eigenständigen Länderbüros und etwa 7.500 hauptamtlichen Mitarbeitenden.

1997 wurde ADRA International den „General Consultative Status“ seitens der Vereinten Nationen beim Rat der UNO für wirtschaftliche und soziale Fragen (ECOSOC) verliehen. Das ADRA-Netzwerk arbeitet in den Einsatzgebieten eng mit anderen Hilfsorganisationen und Partnern zusammen. Als christliches Hilfswerk steht ADRA allen Menschen bei, unabhängig von ihrer politischen und religiösen Weltanschauung, ihrer ethnischen Herkunft, dem Alter oder Geschlecht.

ADRA schon 1992 in Bosnien-Herzegowina
Nach der Unabhängigkeitserklärung von Bosnien und Herzegowina im März 1992 begann der bis 1995 dauernde Bosnienkrieg. Die Hauptstadt Sarajevo wurde ab April 1992 durch die Armee der bosnischen Serben belagert. Dreieinhalb Jahre nach dem Krieg in Bosnien und Herzegowina wurde am 21. November 1995 unter Vermittlung der USA mit Beteiligung der Europäischen Union in der Wright-Patterson Air Force Base bei Dayton (Ohio/USA) der Friedensvertrag paraphiert und am 14. Dezember 1995 in Paris unterzeichnet.

Hartmut Wilfert, ehemaliger Mitarbeiter und Pressesprecher der Adventistischen Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Deutschland, erinnert sich, dass 1992 nach Ausbruch des Krieges in Bosnien und Herzegowina immer weniger Hilfsorganisationen Zugang zum Kriegsgebiet gehabt hätten. Sie wären beschuldigt worden, nur die jeweils andere Seite zu unterstützen. Das Geheimnis der Weiterarbeit von ADRA „lag an unserer strikten Neutralität und Transparenz“. Das Hilfswerk stehe notleidenden Menschen unabhängig von ihrer politischen und religiösen Anschauung oder ihrer ethnischen Herkunft bei. Wilfert habe den Kriegsparteien zu verstehen gegeben: „Wird der Zugang zu den Bedürftigen der anderen Seite verweigert, wird auch die ADRA-Unterstützung für die eigenen Bedürftigen eingestellt.“ So hätten im Verlauf des Krieges im ehemaligen Jugoslawien ADRA-Organisationen aus 18 Ländern über 600.000 Lebensmittelpakete im Gesamtwert von über 30 Millionen D-Mark nach Bosnien und Herzegowina sowie nach Kroatien und Serbien gebracht. Dazu seien viele Tonnen Babynahrung, medizinischer Bedarf einschließlich Geräten sowie Kleidung und Schuhe gekommen.

Sarajevo wäre in diesen Zahlen nicht enthalten. Die belagerte Stadt sei durch die Scharfschützen eine gefährliche Herausforderung gewesen, erinnert sich Wilfert. ADRA habe bis Ende 1995 2,5 Millionen Tonnen Nahrungsmittel, 254.000 Tonnen Kleidung, 16.000 Paar Schuhe und rund 511.000 Nahrungsmittelpakete von privaten Spendern in die umkämpfte Stadt gebracht. Gleichzeitig seien über 3.400 Pakete und 1.164.600 Briefe durch ADRA aus Sarajevo befördert sowie rund 1,7 Millionen Briefe in die eingeschlossene Stadt gebracht und zugestellt worden. Etwa 50.000 Menschen hätten Medikamente oder medizinische Versorgung durch das adventistische Hilfswerk erhalten. Sehr schmerzlich wäre der Tod von zwei Mitarbeitenden bei ihrem Einsatz in Bosnien-Herzegowina gewesen. Fünf weitere seien zum Teil schwer verletzt worden. ADRA habe 1992 mit Hilfstransporten für Sarajevo, die Bedürftigen aller ethnischen Gruppen zugutekamen, begonnen. Ein Großteil der Spenden sei aus Deutschland gekommen.

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