Seit vielen Jahre arbeitet Dr. Daniel Heinz, Leiter des „Historischen Archivs der Siebenten-Tags-Adventisten in Europa“ an der adventistischen Theologischen Hochschule Friedensau bei Magdeburg, mit russischsprachigen Studenten der Hochschule, wie Jurij Sachwatajew und André Müller, an einer Aufarbeitung stalinistischer Verbrechen, unter denen auch die Adventisten in der Sowjetunion zu leiden hatten.

Angeregt wurde das Projekt schon in den frühen 1990er Jahren von Professorin Tatjana Pavlova von der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN, Moskau), einer engagierten orthodoxen Wissenschaftlerin, die für Daniel Heinz als Mitglied ihres Arbeitskreises die Kontakte zu den Behörden und Archiven herstellte, schreibt Andrea Cramer in „Unser Friedensau“, dem Mitteilungsblatt der Hochschule.

Schwierige Arbeit in den russischen Archiven

„Die Arbeit gestaltet sich schwierig, da die staatlichen russischen Archive, insbesondere die Sicherheitsdienste, wie der FSB, früher KGB, bis heute eine restriktive Politik in der Freigabe archivarischer Quellen verfolgen. Der russischen Menschenrechtsorganisation ‚Memorial‘ ist es mittlerweile jedoch durch akribische Recherchen in den Archiven gelungen, elektronische Listen von mehr als vier Millionen Opfern der Stalin-Diktatur zusammenzustellen. Die Zahl der Menschen, die nach 1937 bei den sogenannten ‚Säuberungen‘ unter Stalin getötet wurden, wird auf 12,5 Millionen geschätzt“, so Daniel Heinz über das Projekt.

Unter den Opfern über 4.000 Adventisten

Jetzt bemühe sich das Forscherteam, durch Abgleich von frühen Mitgliederlisten sowjetischer adventistischer Kirchengemeinden, sofern sie noch vorhanden seien, mit den von „Memorial“ angeführten Repressionslisten adventistische GuLag-Opfer zu identifizieren. Mehr als 4.000 Adventisten einschließlich noch nicht getaufter Jugendlicher, etwa ein Drittel der gesamten Mitgliederzahl der Adventisten in der ehemaligen Sowjetunion, hätten ihr Leben durch Unterdrückung und Verfolgung verloren.

Daniel Heinz habe mehrfach Archive in den Verbannungsgebieten aufgesucht, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, berichtet Andrea Cramer. Ziel des langjährigen Forschungsprojektes sei die Erstellung eines Martyrologiums, das die Namen der ermordeten und verschollenen Adventisten, darunter viele russlanddeutscher Herkunft, anführt und so auf ihr Schicksal aufmerksam macht. Deren Leidensgeschichte, sofern sie sich meistens ohnehin nur fragmentarisch und punktuell rekonstruieren lasse, soll ebenfalls Erwähnung finden. Auch die Errichtung einer Gedenktafel zur Erinnerung an die adventistischen Blutzeugen wäre an einer geeigneten Stelle geplant.

Auch Friedensauer Absolventen unter den Opfern

Ein erster Schritt zur Erstellung des Martyrologiums sei bereits mit der Veröffentlichung des Werkes von Dr. Hans-Christian Diedrich „Wohin sollen wir gehen …? Der Weg der Christen durch die sowjetische Religionsverfolgung“ (Erlangen 2007) getan, mit dem Daniel Heinz viele Jahre eng kooperierte. Auch ehemalige Friedensauer Absolventen, wie Jakob Kraus, Jakob Reimer und Amalia Löbsack, die in den 1930er Jahren wichtige Leitungsaufgaben der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Sowjetunion übernahmen, zählten zu den Opfern.

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