Mit dem vom Bundeskabinett am 4. Mai 2022 beschlossenen Verordnungsentwurf über die Mindestvorgaben für das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (TK-Mindestversorgungsverordnung/TKMV) werden Vorgaben aus dem Telekommunikationsgesetz umgesetzt. Ziel des Rechts auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (RaVT) ist es, allen besonders schlecht oder gar nicht versorgten Bürgerinnen und Bürger die digitale Teilhabe in Form einer Internet-Grundversorgung zu ermöglichen.

Am heutigen Montag, 9. Mai 2022, befasst sich der Digitalausschuss im Deutschen Bundestag im Rahmen einer öffentlichen Anhörung am Nachmittag mit diesem Thema.

Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM, ist als Sachverständiger zu der Anhörung geladen.

Jürgen Grützner äußert sich zu der Thematik wie folgt:

„Mit den aktuell festgelegten Mindestanforderungen und der damit verbundenen zu stark eingeschränkten Nutzung von Satelliten-Internet rückt eine kurzfristige Sicherstellung der Internet-Grundversorgung für viele Bürgerinnen und Bürger in der Praxis in weite Ferne. Gleichzeitig gefährdet der De-facto-Ausschluss geostationärer Satelliten und damit eines Großteils der Satellitentechnologie völlig unnötig die Pläne Deutschlands für einen möglichst schnellen Glasfaserausbau, weil ohnehin knappe Baukapazitäten umpriorisiert werden müssten und statt Glasfaser übergangsweise alte Kupfernetze erweitert werden müssen.

Damit werden die ungerechtfertigterweise zu strengen Anforderungen an das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten nicht nur zu einer Renaissance des Kupfernetzausbaus führen, sondern auch tiefbautechnisch eine schnelle Hilfe für die Bürgerinnen und Bürger selbst verhindern. Bis zum Ausbau mit Glasfaser müssen geostationäre Satelliten und Mobilfunk als Übergangstechnologien zum Einsatz kommen können, und dies muss in der Verordnung klarer geregelt sein.

Daher fordern die Verbände der Telekommunikationsbranche, zumindest für eine Übergangszeit etwas höhere Latenzwerte zuzulassen, die auch von geostationären Satelliten erreicht werden können. So könnten geostationäre Satelliten (oder hybride Festnetz-Sat-Anschlüsse) verwendet werden, um die digitale Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger schnellstmöglich sicherzustellen. Alternativ könnte sich die Latenzanforderung ausschließlich auf den einzigen zeitkritischen Dienst – Telefonie – beschränken, sodass der Einsatz hybrider Lösungen erleichtert würde.

Keinesfalls darf die Anwendbarkeit von Satelliteninternet nur auf „heute noch teure Meo- und Leo-Konstellationen“ beschränkt werden, wie dies die Verordnung vorsieht. Nicht der Satellit, sondern der hier diskutierte Rechtsanspruch auf ein paar Megabit muss die absolute Ausnahme in Deutschland sein. Wir wollen, wir können und wir müssen alles daransetzen, besser zu sein als nur ein paar Megabit. Dafür bietet vor allem die von der neuen Bundesregierung ausdrücklich und zu Recht priorisierte Förderung in allen unterversorgten Gebieten den Bürgerinnen und Bürgern echtes Gigabit und schnellstmöglichen Glasfaserausbau statt einer nur minimal verbesserten Kupferlösung.

Die Verordnung muss eine schnelle Digitalisierung in der Praxis und nicht nur in der Theorie bringen. Wo andere technische Möglichkeiten nicht sinnvoll einsetzbar sind, kann nur der Satellit schnelle Digitalisierungshilfe leisten. Alle Satelliten, einschließlich geostationärer, müssen von der Verordnung berücksichtigt und im Bedarfsfall zugelassen werden Der Praxisbeweis, für die Funktionsfähigkeit von Satelliten-Internet ist längst millionenfach erbracht. Weltweit gibt es 3,2 Millionen GEO-Satelliten-Anschlüsse, in Europa sind es 260.000. In Nordamerika, wo 2,1 Millionen Satelliten-Anschlüsse genutzt werden, haben sich im Verlaufe der COVID-Pandemie Videokonferenzen via GEO-Satelliten verdoppelt und die VPN-Nutzung verzehnfacht. Auch die Schweiz oder Frankreich setzen auf die schnelle Hilfe, die nun endlich auch für Deutschland kommen muss.“

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