30 Jahre nach dem Fall der Mauer und der Öffnung der stacheldraht- und minenbewehrten innerdeutschen Grenze: Was hat sich seitdem entwickelt? Welche Erinnerungen bleiben von der DDR? Was hat Menschen kurz nach der Wende und in den anschließenden Jahren des Umbruchs bewegt? Diese Themen berühren folgende Bücher aus dem Verlag Kern.

Max lebt in Berlin. In „Lebens-Abschnitte – Nichts ist zu Ende"  schildert der Autor Rainer Grebe, wie sehr das Streben nach Erfolg und die Sehnsucht nach Liebe immer mit Verlust oder der Möglichkeit zu scheitern verbunden sind. Aber – es ist niemals zu Ende – es gibt stets einen neuen Anfang. So wie Max, der Protagonist des Romans, in seiner geteilten Stadt die politischen Spannungen des Kalten Krieges erfährt, so erlebt er auch 1989 den Fall der Mauer. Ein Grundstück führt zu einer verschollenen Verwandten und zu einem Stück verschwiegener Familiengeschichte. Die offenen Grenzen führen ihn durch Europa und Afrika, nach Werder in Brandenburg – und zu sich selbst.

In Walter Kehrs „Umwege – Erinnerungen eines Stehaufmännchens" blickt der Rentner Roland Spitzacker auf sein ereignisreiches Leben rund 30 Jahre in der DDR und 30 Jahre im vereinten Deutschland zurück. Sowohl in Arbeit und Beruf als auch in seiner Privatsphäre musste er mitunter ziemlich schmerzhafte Rückschläge einstecken. Doch so oft Roland auch hinfiel, er stand immer wieder auf. Unternehmerische Ambitionen und Berufsträume scheitern – und Umwege führen doch zu Erfolgen und Glück. Ein Buch, mit dem der Erfurter Autor ermutigen will, nicht aufzugeben.

Wenn Männer sich nicht für Frauen interessieren würden und unser Leben so einfach wäre, gäbe es sicher nicht diese 11 Kurzgeschichten, die  in „Das Nonplusultra erleben" zusammengefasst sind. Das Begreifen verschiedener Ansichten nach Jahrzehnte langen Trennungen zwischen Ost und West spielt in Maria-Ilona E. Lamprechts Geschichten ebenso eine Rolle wie Menschenrechtsverletzungen, Krebs und Demenz, ein letzter Blick vom World Trade Center in New York, Glanz und Gloria nicht nur in St. Petersburg und die Armut in einigen Ländern unserer Welt. Lamprecht, die zuvor bereits ihre bedrückenden Erfahrungen mit der Stasi in dem Buch „Gelebt geliebt bespitzelt in der DDR“ veröffentlicht hatte, notiert hier Begegnungen, nachdem die Grenze verschwunden ist.

Es wäre unlauter, das Wirken der Stasi zu verschweigen. Wie die Wege zweier Frauen vom ideologischen System der DDR bestimmt werden, verarbeitet Doris Vogt-Köhler in ihrem Roman „Die Macht des Schwertes – Der Stasi entkam niemand". Marie, die junge Lehrerin, hat nicht nur ihr Kind und ihren Mann verloren, auch ihr bis dahin lebenswertes Umfeld ist komplett zusammengebrochen. Ausgestoßen und abgeschoben soll sie sich als Lehrerin in einem Heim für schwererziehbare Kinder in Mecklenburg bewähren. Die beruflich erfolgreiche Ärztin Gitta Junghans ist voller Tatendrang. Sie will der immer mehr verkrusteten Enge entfliehen und sich in Bulgarien eine neue Existenz aufbauen. Lakonisch und nüchtern arbeitet Doris Vogt Köhler heraus, dass der Spitzel-Apparat nicht nur das Leben von Dissidenten und Unliebsamen einschränkte, sondern alle beeinflusste. 

Doch es gibt auch fröhliche Erinnerungen aus der Mitte der Bevölkerung: Hans-Jürgen Maigut, ein gebürtiger Rudolstädter, erzählt von seinen Kindertagen in Thüringen und weckt damit wunderbare Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit: „Als ich die Welt mit Kinderaugen sah" in humorvollen Lausbubengeschichten von Streichen und Missgeschicken, Schule und Familie – immer mit ostdeutschem Hintergrund.

Der Fahrrad-Enthusiast Heinz Engelhardt fährt eine Tour von Zella-Mehlis durch Mainfranken ins hessische Maintal. Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung reflektiert Engelhardt seine Weltsicht immer noch durch seine ostdeutsche Brille und stolpert dabei gelegentlich über kleinteilige mentale Mauerreste zwischen Ost und West. Mit Anekdoten, Begegnungen und Beobachtungen dieser Tour bietet „Auf dem Fahrrad macht man keinen Mittagsschlaf“ eine Geschichte zum Schmunzeln – besonders aufschlussreich für alle Leser mit einem „ostdeutschen Migrationshintergrund".

Viele Beobachtungen des Alltags sind der Erfurterin Ursula Dippe in „Schmunzelst du?“ einen Vers wert. Ob Enkel oder Sport, Gartenarbeit oder Geselligkeit, moderne Elektronik oder nostalgische Erinnerung: Ihre Gedichte aus dem Seniorenleben beleuchten in gereimter Form das Heute und das Gestern – Lokalkolorit eingeschlossen.

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