In der aktuellen Corona-Krise wird seitens der Politik, Gewerkschaften, von Verbänden und anderen Institutionen häufig an Unternehmen appelliert, die Zukunft ihrer Auszubildenden und damit die Zukunft unserer Wirtschaft nicht kurzfristigen Einsparungen durch Stellenabbau zu opfern. Im Juni hatte die Regierung hierfür extra ein Hilfsprogramm für kleine und mittelgroße Ausbildungsbetriebe geschaffen, mit dem die Sicherung von Ausbildungsplätzen unterstützt werden soll.

Was der Ansicht von WorldSkills Germany nach im bisherigen Diskurs jedoch fehlt, sind Wortmeldungen von Auszubildenden selbst. WorldSkills Germany führte deshalb im Mai und Juni eine anonyme Umfrage für (angehende) Auszubildende durch, um zu erfahren, wie es ihnen in der aktuellen Corona-Krise geht, wie sie über ihre berufliche Zukunft denken und was sie der Politik mit auf den Weg geben möchten.

„Wir müssen schon heute an die Zukunft denken und gemeinsam zu Chancengebern werden“, betont Hubert Romer, Geschäftsführer von WorldSkills Germany. „Dann funktionieren wir als starke Gemeinschaft, die ein Ziel im Blick hat: in einem agilen Netzwerk gemeinsam die berufliche Bildung wichtig nehmen und junge Menschen gerade jetzt zu fördern! Dabei müssen wir die Stimmen der jungen Menschen hören und beachten. Sonst entscheiden wir über sie hinweg.“
Die Rückmeldungen aus der Umfrage sollen Unternehmen, Bildungseinrichtungen sowie Entscheider*innen aus Wirtschaft, Bildung und Politik helfen, besser mit der Krise umzugehen. Insgesamt nahmen 475 Auszubildende und 43 Schüler*innen an der Umfrage teil.

Betreuung durch Ausbildungsbetriebe wird als gut oder besser eingeschätzt

Was zunächst überraschen mag: 94 Prozent der Auszubildenden gaben an, dass ihr Ausbildungsvertrag weiterhin sicher ist. Lediglich 6 Prozent befürchten, dass ihr Vertrag wieder aufgelöst wird, haben von konkreten Plänen erfahren, dass der Vertrag aufgelöst werden soll oder haben bereits eine Aufhebung ihres Vertrages erlebt. Allerdings ist es gesetzlich auch nicht ganz leicht, Auszubildenden zu kündigen. „Wäre es nicht so kompliziert, Azubis zu kündigen, hätte man vermutlich längst eine Kündigungswelle“, schreibt ein*e Umfrage-Teilnehmer*in.

Bei der Frage nach der momentanen Betreuung durch den Ausbildungsbetrieb erhalten die Unternehmen von 77 Prozent ein positives Feedback. Sie fühlen sich genauso gut oder sogar besser betreut im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Krise. 22 Prozent hingegen fühlen sich weniger gut betreut und führen dies u. a. auf den fehlenden Kontakt zu Ausbilder*innen und Kolleg*innen aufgrund von Homeoffice oder Kurzarbeit zurück.

Betreuung durch Berufsschulen: zu wenig Kommunikation und Wissensvermittlung

Die Berufsschulen kommen bei der Frage nach der momentanen Betreuung nicht ganz so gut weg. 52 Prozent der Auszubildenden fühlen sich weniger gut betreut. Meist genannter Grund ist der Mangel an Kommunikation mit dem Lehrpersonal oder der Schule selbst. Es werden zu wenig Inhalte oder Lernstoff zur Verfügung gestellt und gleichzeitig auch zu wenig Wissens online direkt durch Lehrpersonal vermittelt (z. B. in Online-Schulstunden). Von 47 Prozent der Teilnehmer*innen wird die Betreuung weiterhin als gut oder sogar besser eingeschätzt. Sie gaben u. a. an, dass der Online-Unterricht gut funktioniert und ziehen diesen teilweise dem Präsenzunterricht vor. „Ich finde, dass Online-Schule die Zukunft ist, auch wenn noch viel an der Infrastruktur des deutschen Netzes gearbeitet werden muss, damit sowas bundesweit und langfristig funktioniert“, gibt ein*e Auszubildende*r als Rückmeldung.

Einschätzung der Übernahme-Chancen variiert mit Ausbildungsfortschritt und zwischen Berufen

Die Frage „Wie schätzt du deine Chance auf eine Übernahme nach Abschluss deiner Ausbildung ein?“ zeigt, betrachtet man die einzelnen Ausbildungsjahrgänge, ganz unterschiedliche Ergebnisse. Während die Auszubildenden des ersten und zweiten Lehrjahres ihre Chancen mit 65 und 62 Prozent noch genauso groß sehen, sind dies bei den Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr nur 40 Prozent. 37 Prozent hingegen schätzen ihre Chancen auf Übernahme momentan als schlechter ein. Auch zwischen den einzelnen Berufen gibt es größere Unterschiede. So schätzen 76 Prozent der Auszubildenden im Berufssegment „Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik“ ihre Chancen genauso groß oder besser ein. Bei den Auszubildenen aus dem Segment „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ sind es sogar 84 Prozent.
Im Vergleich zu den 23 Prozent aller Auszubildenden, die ihre Chance auf Übernahme schlechter einschätzen, sind es bei den Berufssegmenten „Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung“, also den Industrie-Berufen, 32 Prozent und bei den „kaufmännischen Dienstleistungen, Warenhandel, Vertrieb, Hotel und Tourismus“ sogar 38 Prozent.

Wie aber denken die Auszubildenden allgemein über ihre beruflichen Zukunftsaussichten? Haben sich diese durch die Corona-Krise verändert? Ganze 64 Prozent gaben an, dass sich an ihrer Einschätzung der Zukunftsaussichten nichts verändert hat. 18 Prozent blicken sogar zuversichtlicher in ihre berufliche Zukunft. „Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, einen richtigen Beruf gewählt zu haben, ist mir durch die Corona Krise klar geworden, dass ich noch sehr viele Möglichkeiten habe, mich anders zu orientieren und andere Kulturen und Orte/ Arbeitsplätze kennenlernen darf“, schreibt ein*e Auszubildende. Weniger zuversichtlich in Bezug auf die berufliche Zukunft sind hingegen 17 Prozent der Umfrage-Teilnehmer*innen.

Hygienevorschriften und Ausfall von Berufsschule nerven am meisten

Eine der offenen Fragen der Umfrage lautete „Was nervt dich im Moment am meisten im Job, wegen Corona oder den ganzen Diskussionen hierzu?“. Während es durchaus auch positive Rückmeldungen gab, fallen die meisten Antworten tatsächlich eher negativ aus. Am häufigsten werden dabei die Hygienevorschriften angesprochen. Auch der Ausfall von Berufsschule, Prüfungen und der wenige Unterricht werden angeführt. Die weniger umfassende Betreuung im Betrieb und der geringere Kontakt zu Kolleg*innen ist ebenfalls ein Thema. Ein*e Auszubildende*r schreibt beispielsweise: „Momentan liegt im Betrieb vieles auf meinen Schultern, da mein Ausbilder gesundheitsbedingt im Homeoffice ist. Und da ich nicht bei allen Problemen helfen kann, fühle ich mich manchmal schon etwas alleine gelassen.“ Darüber hinaus spielen auch die Unsicherheit und Ungewissheit v. a. auch in Bezug auf die berufliche Zukunft eine Rolle.

Politiker*innen sind zu weit weg von den Belangen der Auszubildenden

Bei den Fragen, was die Auszubildenden den Politiker*innen sagen wollen, die für sie die Regeln aufstellen und ob diese ihre Bedürfnisse verstünden, gaben die Umfrage-Teilnehmer*innen eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Antworten. Als positiv bewerteten einige den Umgang der Politik mit der aktuellen Situation und auch die ergriffenen Maßnahmen. Der am häufigsten genannte negative Aspekt ist die nicht ausreichende Hilfe für Schulen und Schüler*innen. Daraus resultierte meist die Forderung, mehr Geld in Bildung und Ausbildung zu investieren. Ebenfalls angegeben wurde, dass die Politiker*innen zu weit weg von den Auszubildenden sind. Letztere wünschen sich die stärkere Einbeziehung in Entscheidungen und dass die Bedeutung der Auszubildenden mehr anerkannt werden sollte. „Ich habe das Gefühl, dass während der Pandemie die Abiturienten viel mehr im Fokus waren als z.B. Berufsschüler. Wichtig war es, das Abitur möglichst schnell durchzubekommen und dann kamen erst alle anderen. Dies würde ich als Tipp geben für die Zukunft – man sollte das Gefühl vermitteln, dass alle gleich wichtig sind“, schrieb ein*e Umfrage-Teilnehmer*in.

Aus den Rückmeldungen hat WorldSkills Germany abschließend Vorschläge der Auszubildenden zusammengestellt, mit denen sich die Politik näher beschäftigen sollte. Hierbei werden auch die Verbesserung der Infrastruktur (z. B. Digitalisierung, Weiterbildung von Lehrpersonal), die Mischung aus Online- und Präsenzunterricht (auch nach der Corona-Krise), die Möglichkeit für Azubis im Homeoffice zu arbeiten sowie die Unterstützung von Auszubildenden, die z. B. aufgrund der Pandemie nicht übernommen werden können, genannt.

„Die Umfrage zeigt, dass junge Menschen nicht nur eine Meinung haben, sondern sich auch aktiv mit konstruktivem Feedback einbringen möchten“, resümiert Hubert Romer. „Unternehmen, Bildungseinrichtungen und auch die Politik sollten diese Motivation nutzen und Ideen der Auszubildenden in ihre Entscheidungen einbeziehen. Schließlich motivieren sie damit die jungen Menschen. Denn die Nachwuchskräfte sind es, die dafür sorgen, dass Deutschland auch in Zukunft stark bleibt.“

Eine umfassende Auswertung der Umfrage-Ergebnisse können Sie hier runterladen >>

Über den WorldSkills Germany e.V.

WorldSkills Germany fördert und unterstützt nationale und internationale Wettbewerbe nicht-akademischer Berufe und ist damit Botschafter für den Standort Deutschland. Die Wettbewerbe sind Impulsgeber für die Berufsbildung, wirtschaftliche Kontakte und Plattform zur Präsentation neuer Entwicklungen. Sie zeigen jungen Menschen frühzeitig Chancen auf und motivieren zu Bestleistungen in der Ausbildung. Der 2006 gegründete Verein WorldSkills Germany vereint Engagement und Ideen von derzeit über 80 Mitgliedern, Partnern, Unternehmen und Verbänden. Er ist die nationale Mitgliedsorganisation von WorldSkills International und WorldSkills Europe. Vorstandsvorsitzende von WorldSkills Germany e.V. ist Andrea Zeus, Referentin beim Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe; Hubert Romer leitet WorldSkills Germany als Geschäftsführer. Als Partner von WorldSkills Germany setzt sich CWS nicht nur für die Exzellenz in der Berufsbildung ein, sondern fördert auch die Ausbildung nicht-akademischer Berufsbilder.

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