Wenn der Landwirt Bernd Weiß oder seine Söhne Florian und Jonas aus Unter-Seibertenrod abends noch einmal zu ihrer Biogasanlage oder zum Mutterkuhstall zur Kontrolle fahren, begleitet sie seit einigen Monaten die Angst vor dem Wolf. Ist es dunkel, lassen sie ihr Auto laufen, das Fernlicht bleibt an und bevor sie das Auto verlassen, überzeugen sie sich davon, dass die Wölfin „GW1166F“ nicht gerade um ihren Hof streift. Seit dem Frühjahr passiert das oft – sie ist in Ulrichstein Unter-Seibertenrod sesshaft geworden und wird als standorttreu eingestuft. Beim Vor-Ort-Termin macht Landrat Manfred Görig (SPD) klar: „Die Menschen, die sich ihre Heimat mit dem Wolf teilen müssen, dürfen mit der Bewältigung dieser Mammutaufgabe nicht alleingelassen werden.“ Auf dem Hof von Familie Weiß macht sich Landrat Görig ein Bild von der Lage und trifft dort auch betroffene Anwohner des Ulrichsteiner Stadtteils. Vom Wolfsmanagement der Hessischen Regierung sind diese nicht überzeugt.

„Wir sind aktiv am Thema und setzen alles daran, dass die Interessen der Vogelsberger in Wiesbaden gehört werden“, sagt Landrat Görig. „Der Forderungskatalog der Kreisspitze und Anträge der Opposition im Landtag sind ein Anfang, aber nun ist die Landesregierung in der Pflicht. Bürger vor Ort brauchen Klarheit und Verlässlichkeit und nicht das Gefühl vor unlösbare Herausforderungen gestellt zu werden“, macht der Landrat klar.

In Unter-Seibertenrod herrscht Verunsicherung. „Spricht man mit den Menschen hier, kann man sicher alle zwei bis drei Tage eine Begegnung mit dem Wolf nachvollziehen“, sagt Landwirt Bernd Weiß. Auch seinem Auszubildenden sei schon am Silage-Platz, direkt an den Wirtschaftsgebäuden und Stallungen außerhalb der Ortslage, die Wölfin über den Weg gelaufen. „Sie ist so nah an den Menschen – teilweise ist sie bei Tag im Ort unterwegs, das macht uns große Sorge“, schildert Weiß die für ihn und viele Menschen vor Ort sehr bedrückende Situation. Zwar sei die Wölfin gerade in den Wintermonaten noch öfter in Erscheinung getreten, allerdings gebe das nur bedingt Anlass zu Entspannung.

Bernd Weiß betreibt gemeinsam mit seiner Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Direktvermarktung von Rind- und Schweinefleisch. Neben der Verkaufsstelle in Unter-Seibertenrod werden auch verschiedene Supermärkte beliefert und Wochenmärkte bis ins Rhein-Main-Gebiet angefahren. Der Ortslandwirt sieht die politischen Entwicklungen zum Thema Wolf problematisch. Er sehe sich in zweifacher Hinsicht in der Verantwortung, denn zum einen sorge er als Landwirt für das Wohl seiner Tiere, zum anderen sei er als Chef für die Sicherheit seiner Mitarbeiter verantwortlich. „Niemand hat gefragt, ob wir den Wolf hier haben wollen. Wieso bekommen wir es dann aufgebürdet?“, wirft Landwirt Weiß die Frage auf. Er sehe die Verantwortung abgewälzt auf die Menschen vor Ort. Den politischen Willen der Landesregierung müsse er in die Tat umsetzen – wirklich dabei unterstützt fühlt er sich nicht.

„Ein rein finanzieller Ausgleich greift zu kurz und 40 Euro Herdenschutzprämie pro Hektar sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Im Übrigen kommt sie nicht allen Nutztierhaltern zugute, erhalten sie doch bisher nur Schaf- und Ziegenhalter“, macht Landrat Görig deutlich. „Wenn man die Entwicklungen betrachtet, wird deutlich, dass das Thema Wolf im Vogelsbergkreis nicht allein durch Geld aus Wiesbaden zu lösen ist. Pragmatische Lösungen müssen her“, sagt Görig. Weidetierhaltung, Pflege der Kulturlandschaft, kurze Produktionsketten oder Nachhaltige (Land-)Wirtschaftsformen sehe er von der Anwesenheit des Wolfs bedroht. Denn allein der Mehraufwand, der durch die Anforderungen an Zäune entsteht, sei für viele Betriebe nicht zu leisten – auch nicht mit zusätzlichem Geld von der Landesregierung. „Wenn sich im Vogelsbergkreis ein Wolfsrudel entwickelt, werden die Probleme erheblich wachsen“, führt er weiter aus.

Schon jetzt seien die Menschen verunsichert, verdeutlichen Einwohner von Unter-Seibertenrod beim Termin. Reste eines Rehs unter Spielgeräten im Garten, verfolgte Radfahrer und Spaziergänger, gerissene Nutztiere sowie eine Wölfin, die sich direkt in besiedelte Gebiete traut, legen für die Einwohner den Schluss nahe, dass die Wölfin auffällig sei und sich a-typisch verhalte. Letztendlich gehe es um die Frage, wie viel „Wolf“ ein begrenzter Raum, in dem sich verschiedene Interessen treffen, verträgt? Mögliche Lösungen könnten Obergrenzen für Wolfsrisse sein, die, wenn sie erreicht sind, die Entnahme des Wolfes ermöglichen. „Genauso könnten aber Untergrenzen für Regionen angesetzt werden: Welchen Raum, welche Ressourcen und welche Voraussetzungen braucht ein Wolf? Kann ein Kultur- und Wirtschaftsraum diese Mindestanforderungen nicht erfüllen, müssen weitere Schritte in die Wege geleitet werden“, wirft Landrat Görig ein. Landwirtschaftliche Wirtschaftsweisen stünden mancherorts zur Debatte – denn Direktvermarktung oder biologische Erzeugung seien sowieso schon mit Mehraufwand verbunden. Die zusätzliche Arbeitsbelastung im Alltag, die durch ein Wolfsrevier entstehe, stelle viele vor unlösbare Aufgaben.

Klar sei, dass auch die Menschen im Vogelsbergkreis lernen müssten, mit dem Wolf zu leben, „trotzdem braucht es einen transparenten Umgang zum Beispiel mit Gen-Proben, nachvollziehbare Maßnahmen vor Ort, adäquate finanzielle Unterstützung sowie mehr Handlungsspielraum, sollte ein Wolf Probleme machen“, stellt Landrat Görig klar. Das Wolfsmanagement der Landesregierung müsse auf den Prüfstand gestellt und nachjustiert werden, fordert Görig. Die Probleme und Sorgen von Weidetierhaltern, Landwirten und der Bevölkerung gelte es ernst zu nehmen.

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