Die Gesundheitsabteilung der adventistischen Weltkirchenleitung hat am 18. Dezember gemeinsam mit dem Biblischen Forschungsinstitut der Kirche (BRI) sowie mit den Abteilungen für Pharmazie und öffentlicher Gesundheit der adventistischen Loma Linda Universität (LLUH) Bedenken im Zusammenhang mit Impfungen gegen Covid-19 angesprochen und Hinweise zum Umgang damit gegeben. „Wir hoffen, dass dieser Artikel Fragen beantwortet, Ängste zerstreut und einige der vorherrschenden Mythen und Gerüchte ausräumt und so die Gemüter unserer Kirchenmitglieder beruhigt, wenn sie Gesundheitsentscheidungen treffen, die von ihren Gesundheitsdienstleistern angeboten werden“, berichtet Adventist Review, die nordamerikanische Kirchenzeitschrift.

Siebenten-Tags-Adventisten sähen in der Wiederkunft Christi den Höhepunkt der Geschichte und das Ende aller Krankheiten, Leiden und des Todes. Gleichzeitig seien ihnen auch Gesundheitsprinzipien anvertraut worden, die einen gesunden Lebensstil durch zweckmäßige und ganzheitliche Verhaltensweisen umfassen, heißt es in der Einleitung der Erläuterungen der adventistischen Weltkirchenleitung zu Impfungen gegen Covid-19. Diese Praktiken dienten dazu, ein gesundes Immunsystem aufrechtzuerhalten. In einer Pandemie sei aber noch mehr erforderlich. Ellen White, eine Mitbegründerin der Kirche, sei ein Vorbild für die praktische Vorbeugung gegen die tödliche Krankheit ihrer Zeit, die Pocken, gewesen und habe sich selbst sowie ihr nahestehende Menschen impfen lassen.

Theologisch motivierte Verschwörungsmythen zu Covid-19 Impfungen

Das Biblische Forschungsinstitut der adventistischen Weltkirchenleitung (BRI) nimmt zu Gerüchten und Verschwörungstheorien Stellung, die den COVID-19-Impfstoff als Interpretation und/oder Erfüllung prophetischer Vorhersagen ansehen: „Die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste weltweite Unruhe hat zu erheblichen Spekulationen über endzeitliche Ereignisse und Fehlinterpretationen der Bibel geführt. Eine aktuelle Ansicht, die über soziale Medien und einige Internet-Websites verbreitet wurde, hat die Theorie aufgestellt, dass die kommenden Impfstoffe, die zur Bekämpfung von COVID-19 produziert werden, zu einem Kontrollprozess gehören, der zur Anwendung des „Malzeichens des Tieres“ (Offenbarung 13,16-17) führen wird.“

Adventisten würden aber das „Malzeichens des Tieres“ nicht „als ein buchstäbliches [materielles] Zeichen verstehen, sondern als ein Zeichen der Treue, das den Träger als loyal gegenüber der Macht, die durch das Tier repräsentiert wird, kennzeichnet“, schreibt das BRI.

Dem Argument, wonach Impfstoffe diejenigen, die sie einnehmen, unrein machen würden, weil angeblich unreine Substanzen bei der Herstellung verwendet würden, begegnet das Biblische Forschungsinstitut mit der Feststellung, „dass die bleibenden biblischen Anweisungen, die den Verzehr von unreiner Nahrung und Blut verbieten (Lev 11,1-20; 17,11-12; Apg 15,20), nicht für Impfstoffe gelten, und zwar aus dem offensichtlichen Grund, dass Impfstoffe als Medikamente hergestellt werden, um Leben zu retten, und nicht, um als Nahrung zu dienen“.

Spekulationen bringen Gottes Wort in Verruf und stiften Verwirrung

„Spekulationen wie diese bringen das Wort Gottes in Verruf und stiften Verwirrung unter aufrichtigen, aber weniger gut informierten Gläubigen“, schreibt das BRI weiter. Wer die Einführung eines Impfstoffs dazu benutze, um ein eschatologisches Szenario geistlichen und kosmischen Ausmaßes heraufzubeschwören oder es auf der Grundlage einer fehlerhaften Auslegung der Schrift abzulehnen, lenke aufrichtige Gläubige nur von den wirklichen prophetischen Fragen und der Verpflichtung der adventistischen Kirche zur Verkündigung des Evangeliums ab. Das BRI schließt seinen Teil mit der Hoffnung, dass ein wirksamer Impfstoff dazu beitrage, die derzeitige Pandemie zum Stillstand zu bringen.

Überlegungen bezüglich öffentlicher Gesundheit zum Impfen

In den Erläuterungen der adventistischen Weltkirchenleitung zu Impfungen heißt es weiter: „Als Kirche unterstützen wir zwar evidenzbasierte Empfehlungen des öffentlichen Gesundheitswesens, aber wir sind auch darauf bedacht, keine Äußerungen zu machen, die als Ersatz für nationale und internationale Richtlinien des öffentlichen Gesundheitswesens ausgelegt werden könnten. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass unsere Kommentare im Rahmen unserer offiziellen kirchlichen Position zur Immunisierung verstanden werden:

„Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten legt großen Wert auf Gesundheit und Wohlbefinden. Die adventistische Betonung der Gesundheit basiert auf der biblischen Offenbarung, den inspirierten Schriften von E.G. White [Mitbegründerin der Kirche] und auf von Fachleuten überprüfter wissenschaftlicher Literatur. Wir befürworten daher eine verantwortungsbewusste Immunisierung/Impfung und haben keinen religiösen oder religiös motivierten Grund, unsere Mitglieder nicht zur verantwortungsbewussten Teilnahme an schützenden und präventiven Impfprogrammen zu ermutigen. Wir legen Wert auf die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung, wozu auch die Aufrechterhaltung der "Herdenimmunität" gehört.

Wir sind nicht das Gewissen des einzelnen Kirchenmitglieds und erkennen individuelle Entscheidungen an. Diese werden vom Individuum ausgeübt. Die Entscheidung, nicht geimpft zu werden, ist nicht und sollte nicht als Dogma oder Lehre der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten angesehen werden.“

Fragen und Fakten zum Impfstoff

Michael Hogue, Dekan der Loma Linda School of Pharmacy, der auch Mitglied des U.S. Centers für Krankheitsbekämpfung (Center for Disease Control and Prevention/CDC) ist, beantwortet anschließend in den Erläuterungen häufig gestellte Fragen:

Frage: Verändert der mRNA-Impfstoff (Boten-Ribonukleinsäure) die DNA?

Antwort: Beide referenzierten Impfstoffe basieren auf mRNA, was eine Premiere für Impfstoffe ist. Die Technologie wird aber bereits seit 15 Jahren in medizinischen Behandlungen eingesetzt. Der Impfstoff gelangt in das Zytoplasma einer Zelle (die Flüssigkeit innerhalb der Zelle), wo er die Produktion von Antikörpern zur Bekämpfung des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 anregt. Da er nicht in den Zellkern der Wirtszelle eindringt, verändert er weder die DNA noch die genetische Struktur/Funktion.

Frage: Kann der Impfstoff sicher und wirksam sein, da er so schnell entwickelt wurde?

Antwort: Aufgrund der aktuellen Technologie wurde das SARS-CoV-2-Virus innerhalb weniger Tage nach seiner Identifizierung sequenziert, und die Arbeit an einem Impfstoff wurde sofort aufgenommen. Die Stichprobengröße für die große Studie beträgt 40.000 Menschen (die durchschnittliche Stichprobengröße für FDA-Impfstoffstudien beträgt normalerweise nur 27.000). Die zweijährige Studie läuft bereits seit zwei Monaten. Die Daten werden sorgfältig überwacht.

Die erste Dosis zeigte einen 50-prozentigen Schutz durch die Immunantwort. Die zweite Dosis erreichte einen 95-prozentigen Schutz! (Nur der Hepatitis-A-Impfstoff ist mit knapp 100 Prozent Schutz noch höher.) Die Studie war gut konzipiert und repräsentierte die US-Demografie sehr gut…. Wirksamkeit und Nebenwirkungen waren in allen ethnischen Gruppen ähnlich.

Frage: Sind die Inhaltsstoffe und Konservierungsmittel im Impfstoff gefährlich?

Antwort: In den beiden COVID-19-Impfstoffen sind keine Konservierungsstoffe enthalten, weshalb sie zur Lagerung und zum Transport tiefgekühlt werden müssen. Der Impfstoff wird sorgfältig gereinigt.»

Impfungen tragen zu verbesserter Lebenserwartung bei

Impfungen seien zusammen mit sanitären Einrichtungen und sauberem Wasser die Grundlage für eine verbesserte Lebenserwartung, die überall auf der Welt zu beobachten sei, wo diese Maßnahmen angewandt würden, heißt es zusammenfassend in den Erläuterungen der adventistischen Weltkirchenleitung. Impfstoffe würden seit langem von adventistischen Kirchenmitgliedern auf der ganzen Welt verwendet. Zusammen mit einer guten Gesundheitspraxis hätten sie Schutz vor vielen Infektionen geboten und Krankheit und Tod verhindert.»

Aufruf an Kirchenmitglieder zu verantwortungsvoller Immunisierung

„Angesichts des weltweiten Ausmaßes der Pandemie, der Todesfälle, der Behinderungen und der Langzeitfolgen von COVID-19, die sich in allen Altersgruppen abzeichnen, ermutigen wir unsere Mitglieder, eine verantwortungsvolle Immunisierung und die Förderung und Ermöglichung der Entwicklung dessen, was gemeinhin als Herdenimmunität bezeichnet wird, in Betracht zu ziehen…“, schreibt die Weltkirchenleitung.

Die Impfentscheidung soll eigenverantwortlich getroffen werden

„Die Entscheidung, sich impfen zu lassen oder nicht, ist die Entscheidung jedes einzelnen und sollte in Absprache mit seinem Gesundheitsdienstleister getroffen werden.“ Persönliche Recherche zu diesem Thema sei aber wichtig, heißt es in dem Schreiben.

Link zum Impfstatement der adventistischen Weltkirchenleitung im englischen Original: https://www.adventist.org/articles/immunization/.

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