Im vergangenen Jahr ist das Transaktionsvolumen der angekündigten Fusionen und Übernahmen in den Branchen Life Sciences und Chemie auf 353 Mrd. US-Dollar gesunken. Im Vergleich zu 2019 (606 Mrd. $) ist dies ein Minus von 42 Prozent. Dabei stieg die Zahl der Transaktionen: von 3.735 auf 4.140. Das zeigt eine KPMG-Analyse, die auf Daten von Thomson Reuters beruht.

Christian Klingbeil, Sector Head Deal Advisory Life Science bei KPMG in Deutschland: „Nachdem das Transaktionsvolumen in den Branchen Chemie und Life Sciences im ersten Halbjahr drastisch abgenommen hatte, haben Nachholeffekte sowie der Fokus auf strategische Maßnahmen  zur Portfoliooptimierung im zweiten Halbjahr für eine Wiederbelebung gesorgt. Trotz anhaltender COVID-19 Pandemie und weltweiter Rezession wurden in den vergangenen sechs Monaten Deals in Höhe von rund 76% des jährlichen Deal-Volumens angekündigt. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass M&A-Akteure makroökonomische Rahmenbedingungen als stabil betrachten, sodass sich an den positiv gestimmten Kapitalmärkten zahlreiche Übernahmechancen ergeben.“

Life Sciences: Blockbuster-Übernahmen trotz COVID-19 Pandemie

Auch wenn das angekündigte Transaktionsvolumen der Life-Sciences-Branche gegenüber dem Rekordjahr 2019 um 39% einbrach, ist eine deutliche Erholung in der zweiten Jahreshälfte erkennbar. Seit Ende des ersten Halbjahres vervierfachte sich das kumulierte Transaktionsvolumen auf 285 Mrd. US-Dollar. Dabei überstieg die Zahl der angekündigten Deals mit insgesamt 3.161 sogar die des Vorjahres (2.768).

Die rasche Erholung der M&A-Aktivitäten der Life-Sciences-Branche ist zum einen auf vier große Blockbuster-Transaktionen der zweiten Jahreshälfte in den Bereichen Immunologie, Onkologie und Kardiologie zurückzuführen. Zum anderen trugen Biotech-Unternehmen enorm zum Aufschwung bei, da diese aufgrund der Entwicklung eines Impfstoffes eine

Schlüsselrolle im Kampf gegen COVID-19 einnehmen und somit zu attraktiven Übernahmekandidaten wurden und der gesamten Branche zu höheren Bewertungen verhalfen. Verstärkt wurde diese Entwicklung zusätzlich durch ein gesteigertes Interesse von Private-Equity-Unternehmen an Biotech-Aktivitäten.

Christian Klingbeil: „2020 war sicherlich ein Jahr mit noch nie dagewesenen Herausforderungen. Ausgelöst durch die COVID-19 Pandemie, haben große wirtschaftliche Unsicherheiten die Transaktionslandschaft beeinflusst. Dennoch sehen wir durch die großen Übernahmen von Varian Medical Systems Inc. und Asklepios BioPharmaceutical Inc. – mit deutscher Beteiligung von Siemens bzw. Bayer –, dass der Weg der Erholung auch in Deutschland bereits begonnen hat. Daher erwarten wir für 2021 eine rasch voranschreitende Erholung der M&A-Aktivitäten im Life-Sciences-Bereich, getrieben durch weitere Portfolio-Reorganisationen sowie eine steigende Nachfrage in den Therapiegebieten Onkologie und Autoimmunkrankheiten.“

Chemie: Krise verstärkt Veränderungsdruck auf Unternehmen

Im Chemiesektor wurden im Jahr 2020 nach einer Aufholjagd am Jahresende mit 979 Transaktionen ein vergleichbares Niveau zum Vorjahr angekündigt, wodurch der stetige Abwärtstrend der vergangenen vier Jahre im Hinblick auf die Zahl der Transaktionen trotz der COVID-19-Krise gestoppt wurde. Anhaltender Treiber hierfür war die vergleichsweise schnelle Erholung in Asien, die sich in einer gestiegenen Zahl an Transaktionen niederschlug. Als zunehmend wichtige Akteure haben zudem im Jahr 2020 Finanzinvestoren ihren Anteil an der Gesamtzahl der Transaktionen von 33% im Jahr 2019 auf 40% im vergangenen Jahr weiter ausgebaut und hierdurch die M&A-Aktivität angetrieben.

Demgegenüber blieb das Transaktionsvolumen mit 68 Mrd. US-Dollar mit einem Minus von 51% weit unter dem Vorjahreswert – auch nach Bereinigung des Vorjahres um die SABIC-Transaktion (69 Mrd. US-Dollar), setzt 2020 den Abwärtstrend beim Transaktionsvolumen fort. Wesentlicher Treiber des gesunkenen Volumens stellte das Ausbleiben von Blockbuster Deals oberhalb von 10 Mrd. US-Dollar dar.

Wie bereits im vergangenen Jahr stellte die Optimierung des Portfolios und die Konzentration auf das Kerngeschäft auch im Jahr 2020 einen wesentlichen Treiber des M&A-Geschehens dar.

Christian Klingbeil: „COVID-19 hat die Unternehmen nicht nur dazu getrieben, sich robuster aufzustellen, sondern auch verstärkt den Fokus auf Themen wie die Sicherung von Lieferketten gelegt. Investitionen sowie strategische Akquisitionen sind insgesamt aufgrund der Marktunsicherheiten und deren Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle zurückhaltender verfolgt worden. Mit Blick auf 2021 erwarten wir ausgehend von einer Verbesserung der Pandemiesituation sowie wirtschaftlichen Erholung eine leichte Erhöhung der M&A-Aktivitäten durch weitere Portfolioumschichtungen im Zuge der strategischen Ausrichtung der Chemieunternehmen auf ihr Kerngeschäft.  Hierbei werden auch Finanzinvestoren weiter zum Zuge kommen, deren gestiegener Anteil sich zunehmend auch in größeren Transaktionen widerspiegelt. Megatrends der Branche wie Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung und Digitalisierung standen angesichts der Krise weniger im Fokus, werden erwartungsgemäß aber in naher Zukunft ebenfalls weiter zu Veränderungsdruck führen.“

Hinweis: Sie finden die ausführliche Analyse im Anhang als pdf-Datei

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