Der weltweit erfolgreich genutzte EMVA Standard 1288 zur objektiven Charakterisierung von industriellen Kameras hat durch das neue Release 4.0 einen Nachfolger, welcher der rasanten Entwicklung der Kamera- und Bildsensor-technologie Rechnung trägt. Am 16. März wurde der Release-Kandidat publiziert. Die Details des neuen Release 4.0 können hier eingesehen werden.

Bis zum Release 3.1 vom Dezember 2016 war die Anwendung des EMVA Standards 1288 mit einem einfachen linearen Modell auf Kameras mit einer linearen Kennlinie und ohne Vorverarbeitung, die das zeitliche Rauschen modifiziert, beschränkt. Dieses Modell wird auch im „Release 4.0 Linear“ mit einigen Verbesserungen fortgeführt. Neu hinzu kommt jetzt das Modul „Release 4.0 General“. Mit ihm ist die Charakterisierung einer nichtlinearen Kamera oder einer Kamera mit unbekannter Vorverarbeitung aufgrund des universellen systemtheoretischen Ansatzes des EMVA Standards 1288 auch ohne jegliches Modell möglich. Genau wie beim linearen Kameramodell kann man auf diese Weise alle anwendungsbezogenen Qualitätsparameter messen. Entscheidend ist, dass die gleichen Messungen durchgeführt werden können. Abhängig von den Eigenschaften der Kamera kann dann die Auswertung nach dem linearen oder generellen Modell erfolgen.

Zusätzlich umfasst das Release 4.0 zahlreiche Erweiterungen, um moderne Bildsensoren und Kameras applikationsgerecht charakterisieren zu können. Die wichtigsten davon sind:

  • Erweiterter Wellenlängenbereich vom UV bis in den SWIR-Bereich
  • Rohdaten beliebiger Bildaufnahmemodalitäten können nach dem Standard charakterisiert werden.
  • Die vielfältigen und universellen Analysetools des EMVA 1288 Standards können auch auf Größen angewendet werden, die aus mehreren Kanälen berechnet und abgeleitet wurden. Bei Polarisationsbildsensoren sind das zum Beispiel der Polarisationsgrad und der Polarisationswinkel.
  • Inhomogenitäten werden detailliert vermessen und nun in Spalten-, Zeilen-, und Pixelvariationen zerlegt. Sie können jetzt mit einer neuen Methode bei allen Intensitätsstufen aus nur zwei aufgenommenen Bildern bestimmt werden.
  • Optional können Kameras mit Optiken oder mit einer Beleuchtung, wie diese durch die Position der Austrittspupille der Optik, für die der Bildsensor konstruiert wurde, gegeben ist, nach Standard vermessen werden. Damit ist der Standard nun auch für Bildsensoren mit zum Rand hin verschobenen Pixeln geeignet.
  • Für die Linearität der Kennlinie wird ein besser geeignetes Maß eingeführt.

Mit Publikation des Release-Kandidaten ersetzt das neue Release 4.0 nach drei Monaten (Mitte Juni) automatisch den Vorgänger Release 3.1, sofern in diesem Zeitraum dazu keine Einwände beim EMVA eingereicht und diese nicht gelöst werden können.

Einhergehend mit der neuen Version des Standards hat die EMVA ein umfangreiches Schulungsprogramm vorbereitet. Zwei- oder dreitägige Seminare für das neue Release 4.0 werden zukünftig regelmäßig in Zusammenarbeit mit EMVA-Mitgliedsfirmen angeboten. Mit den überarbeiteten Schulungsinhalten wird auch die erfolgreich eingeführte Zertifizierung auf Expertenebene fortgeführt. Diese richtet sich an all diejenigen, die sich die notwendigen Erkenntnisse aneignen wollen, um selbst EMVA 1288 Messungen durchzuführen und die Messergebnisse im Detail zu verstehen, sei es in der Entwicklung neuer Kameras, in der Qualitätskontrolle, oder um das Verhalten einer Kamera für eine spezifische Anwendung genau zu verstehen.

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