Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Finanzlage der Städte und Gemeinden sind groß. Auch wenn der kommunale Investitionsrückstand nur leicht auf 149 Mrd. Euro steigt, sind kurz- und mittelfristige Unterstützungsmaßnahmen aus Sicht der Kommunen unerlässlich, um ihre Handlungsfähigkeit zu sichern.

Die deutschen Kommunen sind in finanzieller Hinsicht bislang glimpflicher durch die Krise gekommen als erwartet. Hatte sich in den ersten drei Quartalen 2020 das höchste Finanzierungsdefizit seit langer Zeit angedeutet, konnten die Kommunen insgesamt das Haushaltsjahr – dank der Hilfsmaßnahmen von Bund und Ländern – sogar mit einem kleinen Überschuss abschließen. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh, wie die Ergebnisse des aktuellen „KfW Kommunalpanel 2021“ verdeutlichen, das vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) durchgeführt wurde.

Danach hat sich die Bewertung der Finanzlage durch die befragten Kämmereien massiv verschlechtert, vor allem mit Blick auf die unsichere finanzielle Entwicklung für das laufende Jahr 2021 und darüber hinaus: So erwarten 85 Prozent der befragten Städte, Kreise und Gemeinden krisenbedingt geringere Einnahmen. 52 Prozent der Kommunen sehen perspektivisch höhere Ausgaben auf sich zukommen. Die positive Nachricht: Investitionen und Investitionsplanungen der Kommunen sind durch die Krise bisher noch kaum betroffen. In der Planung für 2021 rechnen die Kommunen in der vom Difu durchgeführten Befragung sogar mit einem neuen Investitionshöchststand von rund 39,2 Mrd. Euro. Der Grund dafür liegt in den langen Vorlaufzeiten für öffentliche Investitionen, sodass diese auch bei Einnahmeeinbrüchen nicht unmittelbar angepasst werden (können). Allerdings gehen 57 Prozent der Kommunen davon aus, dass sie ihre Investitionen reduzieren müssen, wenn die Einnahmen auch in diesem Jahr wegbrechen. „Bei den Kommunalhaushalten ist mit einer länger anhaltenden Eintrübung zu rechnen“, sagt Dr. Henrik Scheller, Teamleiter Wirtschaft und Finanzen am Deutschen Institut für Urbanistik. „Sollte es zu einem Verzicht auf notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur kommen, dürften die seit Jahren bestehenden Investitionsrückstände weiter zunehmen. Mit Blick auf die positive Entwicklung bei der Investitionstätigkeit der Kommunen in den letzten vier Jahren wäre dies ein Rückschritt. Und dies, obwohl der Transformationsbedarf in innovative Infrastrukturen gleichzeitig rasant zunimmt“.  Schon in den letzten Jahren reichte das Niveau steigender Investitionsausgaben häufig nicht einmal für den Substanzerhalt der bestehenden Infrastruktur auf kommunaler Ebene. Der wahrgenommene Investitionsrückstand der Kommunen ist für das Befragungsjahr 2020 auf insgesamt rund 149 Mrd. Euro gestiegen. Dies sind etwa 2 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr. Ein wesentlicher Treiber sind unzureichende Instandhaltungen, die vor allem in finanzschwachen Kommunen zu einem wachsenden Investitionsstau führen. Nach wie vor bestehen die größten Investitionsbedarfe bei Schulgebäuden (46,5 Mrd. Euro/Vorjahr: 44,2 Mrd. Euro), Straßen (33,6 Mrd. Euro/Vorjahr: 37,1 Mrd. Euro) und Verwaltungsgebäuden (16,4 Mrd. Euro/Vorjahr: 12,9 Mrd. Euro).

Die Investitionen in die verschiedenen Infrastrukturbereiche finanzieren die Kommunen zu 36 Prozent aus Eigenmitteln. Diese geraten durch die Krise besonders unter Druck. Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs (16 Prozent) und Fördermittel (20 Prozent) sind weitere wichtige Finanzierungsquellen, wobei auch hier noch nicht klar ist, welche mittelfristigen Auswirkungen die Krise haben wird. Die Kommunen reagieren bislang, indem sie häufiger ihr Tafelsilber – also z. B. eigene Grundstücke oder Immobilien – verkaufen. Darüber hinaus geben 55 Prozent der Kämmereien an, dass sie künftig stärker auf Kredite zurückgreifen werden, die aktuell noch 14 Prozent am Finanzierungsmix ausmachen.

„Die Ergebnisse des KfW Kommunalpanel 2021 deuten einen künftigen Aufwuchs der Kommunalverschuldung an. Auch wenn die Kommunen in den vergangenen Jahren von der positiven wirtschaftlichen Gesamtentwicklung profitiert haben und zum Teil sogar Rücklagen bilden konnten, wird es nun darauf ankommen, ein erneutes Abrutschen in mögliche Schuldenspiralen zu vermeiden“, so Difu-Projektleiter Christian Raffer. Die große Mehrheit der Kommunen meldet gute Kreditkonditionen und geht davon aus, dass dies in näherer Zukunft weitgehend so bleibt. Um die Handlungsfähigkeit der Kommunen auch im weiteren Krisenverlauf zu bewahren, halten die befragten Kämmereien in der kurzfristigen Perspektive insbesondere die Kompensation von Steuereinnahmeausfällen, wie schon 2020 durch den Bund erfolgt, für hilfreich. Langfristig gewinnen aber strukturelle Anpassungen in der allgemeinen Finanzmittelverteilung zwischen den föderalen Ebenen eine höhere Bedeutung. „Die Kommunen haben – jenseits kurzfristiger Unterstützungsmaßnahmen – bereits die Post-Corona-Zeit im Blick. Zu Recht wird nach Corona grundsätzlich über die kommunale Finanzausstattung im föderalen Verbundsystem zu sprechen sein. Die bedeutsame Funktion, die die Kommunen für die Erbringung von Leistungen und Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllen, lässt sich kaum mit Förderprogrammen finanzieren“, so Dr. Henrik Scheller abschließend.

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