Vom Zähneknirschen bis hin zur Kieferklemme: Diese Symptome lassen sich häufig eindeutig ihrem Ursprung nach im Gebiss zuordnen. Dass aber auch Nacken-, Rücken- oder gar Hüftbeschwerden vom Kiefergelenk oder einer verspannten Kaumuskulatur herrühren können, ist weitgehend unbekannt. „Schmerz verlagert sich vom Kopf her häufig auf tiefere Etagen des Körpers“, sagt Oralchirurgin Dr. med. dent. Mona Jaber. Sie hat eine Zusatzausbildung als Osteopathin und behandelt Menschen mit den oben beschriebenen Beschwerden in ihrer Sprechstunde in der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie am UKM (Universitätsklinikum Münster).

Micael Almeida hatte im Wesentlichen zwei Beschwer-den, als er zu Dr. med. dent. Mona Jaber kam: Er knirschte nachts mit den Zähnen und litt gleichzeitig derartig unter Rückenschmerzen, dass er in seinem Arbeitsalltag abwechselnd mal sitzen, mal stehen musste. Häufig wusste er gar nicht, wie er den Tag durchstehen sollte. Verschiedene Ärzte, darunter auch Zahnärzte, hatte er aufgesucht, die aber leider die Beschwerden nicht miteinander in Zusammenhang brachten. Eher per Zufall kam er in die osteopathische Sprechstunde von Jaber. „Es ist typisch, dass die Betroffenen erst kommen, wenn die Schmerzen akut sind. Manchmal landen sie dann zum Beispiel mit einer Kiefersperre bei mir. Ziel ist es, die Beschwerden schnell zu lindern und erst einmal von der oft hohen Medikation herunterzukommen. Erst im Laufe der weiteren Behandlung kann ich an den Ursachen arbeiten.“

Jabers Patient:innen kommen aus der Neurologie, Neurochirurgie oder Orthopädie des UKM oder aber werden aus dem niedergelassenen Sektor zugewiesen. In manchen Fällen liegen neurologische Symptome, wie zum Beispiel der atypische Gesichtsschmerz, vor. Oft lautet die Ursprungs-Diagnose auch cranio-mandibuläre Dysfunktion (CMD), also eine Funktionsstörung zwischen Schädel und Unterkiefer, die sich in Bewegungseinschränkungen äußern können. So wie die Kieferklemme. „Häufig klagen die Patient:innen auch über ausstrahlende Schmerzen in Richtung Auge, Ohr oder Zähne“, ergänzt die Oralchirurgin. „Wenn die schulmedizinischen Behandlungsform nicht zum gewünschten Erfolg führt, lohnt es sich die Osteopathie als komplementäre, also ergänzende, Therapie anzuwenden“, so Jaber. 

Für ihren Abschluss in der Osteopathie hat Dr. med. dent. Mona Jaber neben ihrem Beruf eine Weiterbildung absolviert. Sie stellt klar, dass sie ihr Wissen nur auf der Basis der schulmedizinischen Erkenntnisse anwendet – gründliche Kenntnisse der menschlichen Anatomie seien eine unabdingbare Schlüsselvor-aussetzung. Auch die Abgrenzung von der Physiotherapie ist der Zahnärztin wichtig. Physiotherapeuten könnten zwar den Schmerz oft gut behandeln, aber nicht wenn dessen Ursache sich an einem anderen Ort befindet.

„Wenn ein Patient neu zu mir kommt, forsche ich dabei immer nach den Ursachen von Beschwerden und beschränke mich nicht auf die Behandlung einzelner Symptome“, berichtet sie. „Krankheiten und Störungen entstehen oftmals dadurch, dass der Körper die Fähigkeit zur Selbstregulierung verliert. An diesem Punkt setzt die Osteopathie an und mobilisiert die Selbstheilungs-kräfte des Körpers.“

Vier Jahre hat die Ausbildung zur Osteopathin gedauert und ungefähr so lange habe es auch gebraucht, bis sie Verspannungen und Auffälligkeiten im Gewebe habe ertasten und manuell therapieren können.

Jaber ist es wichtig zu sagen, dass bei einem Krankheitsbild wie der CMD die Osteopathie ein ergänzendes Angebot in einem Netzwerk der beteiligten Disziplinen wie der Zahnmedizin, Neurologie oder der Psychosomatik ist. „Der Kopf ist faszinierend, deswegen habe ich ihn auch zu meinem Gebiet gemacht. Wenn hier etwas aus dem Lot ist, dann führt das zu unterschiedlichsten Beschwerden, die ich –  zusammen mit einer guteingestellten Medikation – mit meinen Händen in den Griff bekommen kann.“

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