Unter dem Motto „Demenz – genau hinsehen!“ findet am 21. September wie in jedem Jahr seit 1994 der Welt-Alzheimertag statt. In der gesamten „Woche der Demenz“ werden vom 20. bis zum 26. September bundesweit vielfältige Aktionen organisiert, um auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen.

Den Menschen hinter der Krankheit sehen

Wird die Diagnose Demenz gestellt, sehen wir manchmal nur noch die Krankheit und nicht mehr den Menschen. Doch Menschen mit Demenz verfügen über Fähigkeiten, wollen selbstbestimmt leben, wollen mit einbezogen werden, wollen sich aktiv einbringen. Damit Menschen mit De-menz teilhaben können, heißt es aufmerksam sein, ob jemand im Supermarkt, im Bus, auf der Straße oder anderswo unsere Unterstützung benötigt.

Wie dringend Unterstützung nötig ist, hat uns die Corona-Pandemie sehr deutlich vor Augen geführt. „Das Leid, das Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in dieser Zeit durch Kontaktverbote in Heimen und den Wegfall der Unterstützungsangebote erfahren haben, wollen wir nicht noch einmal erleben“, betont Monika Kaus, die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG). „Wir müssen alles dafür tun, damit durch gute Konzepte Menschen nicht wieder allein gelassen werden. Die Pandemie hat uns auch gezeigt, wie wichtig Flexibilität ist. Wir stehen vor der Bundestagswahl und erwarten von der nächsten Bundesregierung endlich die Umsetzung eines flexibel einsetzbaren Entlastungsbudgets.“ Angehörige tragen die Hauptlast der Pflege und Betreuung von Demenzerkrankten. „Sie benötigen hierfür auch konkrete Unterstüt-zung. So müssen zum Beispiel zeitnah die Empfehlungen des Beirats zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf mit der Forderung einer Lohnersatzleistung umgesetzt und Eigenanteile be-grenzt werden“, erklärt Monika Kaus.

Alterspsychiater fordern mehr Behandlung bei Menschen mit Demenz in jedem Stadium

„Die Corona-Pandemie hat für demenzerkrankte Menschen erneut deutlich gemacht, dass umfassende Therapie- und Behandlungsangebote nicht ausreichend umgesetzt werden“, so Prof. Michael Rapp, Berlin, Präsident der Deutschen Alterspsychiater (DGGPP e.V.). „In Frühstadien der Erkrankung fehlen oft rehabilitative Ansätze, die den Verlauf der Erkrankung verzögern können, in fortgeschrittenen Stadien fehlen aufsuchende multiprofessionelle Behandlungsangebote und in den Pflegeheimen können therapeutische Ansätze oft nur unzureichend umgesetzt werden.“

Für die Behandlung psychischer Erkrankungen im Alter gibt es aber mittlerweile gute Evidenz für eine Reihe von medikamentösen und insbesondere nichtmedikamentösen Verfahren im ambu-lanten und stationären Bereich sowie in der stationären Altenhilfe. Die Versorgungsforschung in der Gerontopsychiatrie in den letzten Jahren hat aber gezeigt, dass leitlinienbasierte medikamen-töse und nichtmedikamentöse Therapieverfahren nur bei 5-35% der psychisch kranken Altenbe-völkerung in Deutschland umgesetzt werden. Dabei ist die Versorgung auf regionaler Ebene in Deutschland höchst unterschiedlich. Deutschlands Alterspsychiater fordern daher die Öffnung der Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation für Patienten über 65 Jahre in der ambulanten und stationären medizinischen Rehabilitation, die Sicherstellung sektorenübergreifender aufsu-chender Behandlungsmöglichkeiten und die Implementierung einer sektorenübergreifenden therapeutischen Pflege mit rehabilitativen Anteilen in der stationären Altenh ilfe.

Ausbau der klinischen Forschung gefordert

"In Deutschland leben heute rund 1,7 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Auf-grund der steigenden Lebenserwartung nimmt die Zahl der Erkrankten weiter zu und wird bis zum Jahr 2050 auf 3 Millionen steigen. Wegen des hohen und langen Pflegeaufwandes ist noch völlig unklar, wie unsere sozialen Sicherungssysteme personell und finanziell diese Herausforde-rung meistern werden“, so Herr Prof. Dr. Oliver Peters, Berlin, Vorstandsmitglied der Hirnliga e.V., der Vereinigung der deutschen Alzheimerforscher. „Vor diesem Hintergrund gilt es dringend, die Forschung zur Vorbeugung und Behandlung zu verstärken, denn es gibt bis heute noch kein Medikament zur Heilung der Alzheimerkrankheit und es sieht auch nicht so aus, als ob wir zeitnah damit rechnen können.“ Die US Food and Drug Administration (FDA) hat in einem beschleunigten Verfahren Aducanumab (Markenname: Aduhelm) zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen. Diese Entscheidung sorgt bei vielen Alzheimerforschern für Überra schung, denn im November hatte der unabhängig beratende Ausschuss der FDA mit überwältigender Mehrheit noch gegen eine Zulassung gestimmt und erklärt, dass die vorgelegten Daten nicht überzeugend genug seien.

Herr Prof. Peters dazu: „Die FDA hat jetzt ein Medikament zugelassen, das wohl in der Lage ist Eiweiß-Ablagerungen zu reduzieren. Ob dieses jedoch dazu führt die Alzheimer-Erkrankung mit ihren bekannten Symptomen, z.B. der Vergesslichkeit, aufzuhalten, ist nicht nachgewiesen.“ In den Studien wurden außerdem nur Patienten mit leichten Gedächtnisstörungen oder im Frühsta-dium der Alzheimererkrankung behandelt. Die Zulassung gilt zudem nur für die USA – nicht für Europa.

Für Fragen zu Aducanumab hat die Hirnliga auf ihrer Webseite eine E-Mail-Hotline eingerichtet. www.hirnliga.de

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Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und –psychotherapie e.V.
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