Es kam einem Déjàvu gleich: Der 44. Deutsche Krankenhaustag, der vom 15. bis zum 17. November virtuell in Düsseldorf stattfand, startete gesundheitspolitisch wie der im vorigen Jahr – mit Corona. War es in 2020 die zweite Welle, ging es nun um die Bewältigung der vierten. An die politischen Entscheider gerichtet forderte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, schnelle, kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Kliniken. Die Häuser benötigten sehr schnell maximalen Handlungsspielraum, um nach medizinischen Kriterien das Regelsystem wieder an die Situation vor Ort anzupassen. Ein Rettungsschirm sei notwendig – und zwar für alle Krankenhäuser. Positiv wurde von den Kongressteilnehmern der von den Ampelkoalitionären vorgeschlagene Versorgungsaufschlag gewertet.

Die Erkenntnis aus den Anfangsmonaten der Pandemie stimmte für jeden sichtbar aber nach wie vor: Die seit Jahren angestauten Mängel des Systems zeigen sich inzwischen in besonders krasser Form. Das Generalthema des Krankenhaustags „Kurswechsel in der Krankenhauspolitik?!“ zielte daher natürlich in die richtige Richtung. Wobei sich das Fragezeichen auf die Politik, das Ausrufezeichen auf die dringend notwendigen Reformen bezog. Während von der Noch-Bundesregierung aus Sicht des VKD hierzu keine substanziellen Beiträge mehr erwartet werden konnten, gab es im Rahmen der Eröffnung aus den Koalitionsgesprächen der Ampelparteien durchaus hoffnungsvolle Informationen, etwa, was einen Bund-Länder-Pakt zur Strukturentwicklung betrifft, auch für die mögliche Inkraftsetzung der Pflegepersonalregelung 2.0. und eine sorgsamere Auftragsvergabe an den Gemeinsamen Bundesausschuss auch unter dem Aspekt der Entbürokratisierung.

„Zu einer nachhaltigen, zukunftssicheren Gesundheitsversorgung gehört zwingend eine Stärkung der Krankenhäuser als Anker dieser Versorgung“, betonte Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands. „Dafür brauchen wir endlich – und das fordert der VKD schon seit etlichen Jahren – ein Zukunftskonzept Deutsches Krankenhaus. Dieses Konzept sollte nicht am grünen Tisch entwickelt werden, sondern wir erwarten, dass die Praktiker, speziell auch das Management vor Ort, einbezogen werden. Viel zu oft haben wir schon erlebt, dass Gesetze und Regelungen in der Praxis im mildesten Fall Kopfschütteln ausgelöst haben. Hinzugekommen sei fast in jedem Fall ein ‚Bürokratiebooster‘, verbunden mit unrealistischen Fristsetzungen und der Androhung von Sanktionen.“

Der VKD spricht sich für sinnvolle Strukturreformen aus, die eine flächendeckende Gesundheitsversorgung auch in der Zukunft ermöglichen und dabei die Realität nicht ausblenden. Dazu gehört, die sich stetig vergrößernden Lücken in der ambulanten Versorgung nicht nur zur Kenntnis zu nehmen. „Die künftig notwendige ambulant-stationär integrierte Versorgung ist nur von den Krankenhäusern zu leisten. Der Gesetzgeber sollte daher die ambulante Behandlung am Krankenhaus in die Selbstverwaltungskompetenz der Klinken überführen und die auskömmliche Finanzierung dafür garantieren. In den Fachgebieten, in denen die kassenärztliche Versorgung die Sicherstellung nicht mehr zeitnah leisten kann, muss daher auch eine Zulassung der Kliniken für diese Leistungen per Gesetz erfolgen“, betonte Dr. Düllings die Forderung des Verbandes. Verwiesen werden müsse in diesem Zusammenhang aber auch darauf, dass im Wahlprogramm der SPD als ein Ziel die Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor durch Überwindung der Sektorengrenzen festgeschrieben sei, zu der eine stärkere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante, teambasierte und interdisziplinäre Formen der Versorgung gehöre. „Ein Wahlversprechen, das wir vom Gewinner der Bundestagswahl im Interesse der Patientenversorgung auch einfordern.“

Ein Top-Thema der nächsten Jahre und wichtiger Teil einer Strukturreform der Gesundheitsversorgung werde daher die Ambulantisierung sein. Diese werde und müsse immer stärker von den Krankenhäusern zu leisten sein. Das erläuterte der VKD-Präsident auch im Forum zur Ambulantisierung am zweiten Kongresstag. Grund dafür sei nicht nur der stetige Rückzug niedergelassener Ärzte aus den ländlichen Regionen und der Wunsch junger Ärzte, angestellt zu arbeiten. Der technische und medizinische Fortschritt ermögliche ebenfalls, mehr bisher stationär behandelte Patienten ambulant zu versorgen. Dieses ambulante Leistungspotenzial werde sich stetig vergrößern.

Die Politik müsse den Krankenhäusern im Hinblick auf eine gesicherte Versorgung ermöglichen, dieses ambulante Potenzial tatsächlich auszuschöpfen – auch durch eine entsprechende – gerechte – Finanzierung, die es bisher nicht gebe. Stattdessen werde weiter auf das zersplitterte System aus Kassenärzten und Rettungsdiensten gesetzt – das teuerste und für die Patienten vor allem in Notfällen umständlichste System. Dr. Düllings: „Der für die Krankenkassen preiswerteste und für die Patienten beste Weg ist der direkte Zugang zur Klinik“. Das war nur ein Beispiel von mehreren, das den VKD-Präsidenten zu dem Fazit führte: „So lange die Sicherstellung für die ambulanten Leistungen exklusiv bei den Kassenärzten bleibt, ist das Ambulantisierungspotenzial kaum zu heben“. Das aber sei zwingend notwendig, um die Gesundheitsversorgung zukunftssicher neu zu gestalten.

Das umfangreiche Programm des digitalen 44. Deutschen Krankenhaustags konnte im Livestream verfolgt werden. Die Teilnehmer – Top-Entscheider aus allen Berufsgruppen der Kliniken, Vertreter der Gesundheitspolitik und der Krankenkassen – diskutierten über Digitalisierung, Finanzierung, Personal, Management, Organisation. In der Abschlussveranstaltung erklärte VKD-Präsident Dr. Josef Düllings in einem emotionalen Appell an Politik und Gesellschaft, die Kliniken würden in dieser vierten Pandemiewelle wieder die Kohlen aus dem Feuer holen, könnten aber nicht alles allein leisten. Deutschland sei ein starkes Land, habe aber hier versagt. Die Krankenhäuser stünden jetzt im Fokus. Auch er forderte einen Rettungsschirm für alle Häuser, differenziert nach den Einsatzgebieten, um diese schwierige Lage einigermaßen zu überstehen. Er appellierte gleichzeitig an die Medien, nicht in eine Panikkommunikation zu verfallen. Es gehe um Zusammenhalt.

Traditionell findet der Deutsche Krankenhaustag parallel zur Medica, der weltgrößten Medizinmesse, und zur Compamed, statt, die in diesem Jahr vom 15. bis zum 18. November in hybrider Form veranstaltet wurden. Rund 3.000 Aussteller aus 70 Nationen (knapp 500 bei der Compamed) waren direkt vor Ort und präsentierten hier ihre Produkte, Dienstleistungen und zahlreiche Neuentwicklungen. Die Messe Düsseldorf zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Erwartungen der Kunden seien vielfach übertroffen worden. 46.000 Fachbesucherinnen und -besucher (73 Prozent internationaler Anteil) aus 150 Nationen hätten die Gelegenheit genutzt, sich im direkten Austausch vor Ort über ein umfassendes Spektrum an Innovationen für die ambulante und stationäre Versorgung inklusive aller Schritte ihrer Entwicklung und Fertigung zu informieren.

Auch der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands war mit einem eigenen Stand präsent, informierte über den VKD, seine Leistungen für Mitglieder und empfing Interessenten und Partner zu zahlreichen Gesprächen. „Neben den Repräsentanten aus unseren Gremien im Bund, aus Landes- und Fachgruppen, die wir hier begrüßen konnten, haben wir viele interessante Gespräche mit Besuchern aus Partnerverbänden, aber auch aus dem Gesundheitsbereich anderer europäischer Länder geführt“, resümierte VKD-Geschäftsführer Dr. Jens-Uwe Schreck. „So konnten wir zum Beispiel hier die Partnerschaft mit dänischen Kollegen weiter vertiefen und es gab auch aus Norwegen Interesse an einer ähnlichen Zusammenarbeit.“

Hintergrund

Der Deutsche Krankenhaustag wird immer parallel zur Medica und in Zusammenarbeit mit der Messe Düsseldorf organisiert und ausgerichtet. Trägergesellschaft der Konferenz ist die Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag (GDK) mit den Gesellschaftern Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK) und Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Der Pflegebereich ist durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland (ADS) und den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBFK) in die Arbeit der GDK eingebunden.

Über Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e. V.

Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e. V. (VKD) vertritt mit rund 2.200 Mitgliedern das Management fast aller deutschen Krankenhäuser einschließlich der Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen. Er versteht sich als Ansprechpartner insbesondere in Fragen der Krankenhauspraxis und des Klinikmanagements. www.vkd-online.de

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