Berlinweit gibt es zu wenige Kita-Plätze, der Mangel benachteiligt Kinder mit Migrationshintergrund. Wesentliche Nadelöhre sind das Anmeldeverfahren sowie die Zusageentscheidungen der Kita-Träger. Die aktuelle Studie zeigt, was Kita und Expert:innen dazu sagen und wie das Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren die Benachteiligung begünstigt.

Fast jede Kita in Berlin hat mehr Anmeldungen als freie Plätze, d.h. die Kita-Träger bzw. die Leitungen müssen entscheiden, welchem Kind bzw. welchen Eltern sie eine Zusage geben können. Das gilt sowohl beim großen Wechselgeschehen nach den Sommerferien als auch, wenn zwischendurch Plätze frei werden. Manchmal ist die Entscheidung relativ einfach, wenn zum Beispiel ein Geschwisterkind einen Platz braucht. Diese haben bei sehr vielen Kitas Vorrang.

In anderen Fällen ist die Entscheidung viel schwieriger, weil ganz unterschiedliche Einflussfaktoren eine Rolle spielen können: was für ein Platz ist denn gerade frei geworden und welche Kinder haben genau den Betreuungsanspruch? Können Mitarbeiter:innen mehr oder weniger Stunden arbeiten, wenn der Betreuungsanspruch nicht genau zum frei gewordenen Platz passt? Gibt es zusätzliche Betreuungsbedarfe, zum Beispiel, weil es ein Kind mit zusätzlichem Förderbedarf ist?

Daneben können aber auch subjektive Faktoren eine Rolle spielen: Passen Kind und Eltern zur Kita und deren Struktur? Sind die Eltern sympathisch oder machen Sie den – ggf. oberflächlichen Eindruck – dass sie stressig sein könnten? Kann die Kommunikation in Deutsch erfolgen oder ist das eher schwierig, weil die Eltern mangelnde Deutschkenntnisse haben? Wie sehr bemühen sich die Eltern um einen Platz?

„Das sind nur einige der Faktoren, die die Platzvergabe beeinflussen können,“ sagt Dr. Dieter Dohmen, der geschäftsführende Gesellschafter des RILLL. „Manche sind objektiv, andere subjektiv. Das lässt sich auch nicht vermeiden. Das ist nicht anders als bei jeder anderen Entscheidung, zum Beispiel bei Einstellungen von Mitarbeiter:innen. Die persönliche Chemie ist eben nicht zu vernachlässigen.“

Allerdings zeigt die Studie auch, wie groß die Unterschiede in den Betreuungsquoten zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund in den Bezirken sind. Manche schaffen eine annähernd vollständige Betreuung bei beiden Gruppen, andere hingegen weisen eine Differenz von rund 40 Prozentpunkten auf. „Da gehen dann zwar alle drei- bis fünfjährigen Kinder ohne Migrationshintergrund in die Kita, aber nur 60 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund,“ konstatiert Dohmen. „Schaut man sich das Bild dann etwas genauer an, dann stellt sich hier und da schon mal die Frage, ob das wirklich Zufall ist oder nicht. Es gab auch eine Person, die ziemlich unumwunden zugegeben hat, dass der Migrationshintergrund dann schon Einfluss auf die Zusageentscheidung nimmt.“

„Egal, ob die Benachteiligung bewusst oder unbewusst erfolgt, oder durch objektive Faktoren bedingt ist: Sie lässt sich vermutlich nur dann wirklich verhindern, wenn genügend Plätze für alle Kinder vorhanden sind,“ gibt der Bildungsökonom zu bedenken. „Da gute frühkindliche Bildung zudem der beste Weg ist, um schwachen Bildungsleistungen zu begegnen und die Bildungschancen von Kindern nachhaltig zu verbessern, sollte Berlin, wie bundesweit, der Kita-Ausbau schnellstmöglich vorangetrieben werden.“

Die Studie: Dieter Dohmen, Elena Karrmann, Tamara Bayreuther: Entwicklung frühkindlicher Bildungsbedarfe in Berlin: Vom Platzmangel zu Bildungschancen:

RILLL-Studie: Kita-Träger im Entscheidungsdilemma der Platzvergabe – FiBS

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