In dem Projekt „Small Cetaceans in European Atlantic waters and the North Sea (SCANS-IV)“ erfassen Forschende aus acht europäischen Ländern über sechs Wochen die aktuellen Kleinwalbestände in der Nordsee und den angrenzenden europäischen atlantischen Gewässern. Zahlreiche menschliche Aktivitäten wie Unterwasserlärm, Beifang, Verschmutzung, Schifffahrt und der Verlust von Lebensraum bedrohen Kleinwale. Um die Tiere schützen zu können, ist es hilfreich, zu wissen, welche Walarten in welcher Anzahl in welchen Gewässern leben. Diese insgesamt vierte Bestandserfassung der SCANS-Reihe, die 1994 begann, wird repräsentative und robuste Daten für regelmäßig in den ausgewählten Gewässern vorkommende Walarten liefern und ermöglicht Schätzungen zur Dichte und Anzahl der Gesamtpopulationen. Für zukünftige Managementrichtlinien und Folgenabschätzungen für die Offshore-Industrie, Schifffahrt und Fischerei bilden die Daten eine wichtige Grundlage. Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL Artikel 8: bis 2024) der EU verpflichtet die Anrainerstaaten, die Kleinwalbestände in den Meeren regelmäßig zu erfassen. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen der EU (Artikel 17: 2019 – 2024) wiederum gibt den Mitgliedstaaten vor, über den Erhaltungszustand der Arten und entsprechende Maßnahmen zu berichten.

Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) koordiniert diese international einzigartige Bestandserfassung. Meeresbiologin Dr. Anita Gilles aus Büsum wirkte bereits bei den letzten beiden SCANS als sogenannter Observer und Teamleiterin bei den Erfassungen sowie als Verantwortliche für die Datenanalysen mit. In diesem Jahr koordiniert sie die Beobachtungseinsätze und Datenanalysen aller acht Teams: „Es ist entscheidend, dass die internationalen Teams identisch geschult und abgestimmt sind, damit die Tiere im gesamten Gebiet repräsentativ erfasst werden und wir am Ende länderübergreifende Aussagen zu den Populationen treffen können. Die aktuelle SCANS-Kampagne leistet einen wichtigen Beitrag für die Erhaltung der Biodiversität in Europa: Sie wird es den Mitgliedsstaaten ermöglichen, das Wissen über den ökologischen Zustand ihrer Meeresgewässer zu aktualisieren und neu zu bewerten", erklärt Gilles.

Zählung von Walen per Flugzeug und vom Schiff

Das Forschungsgebiet ist 1,4 Millionen Quadratkilometer groß, reicht von Südnorwegen bis zur Straße von Gibraltar und erstreckt sich bis zu den Gewässern westlich von Schottland. Über einen Zeitraum von sechs Wochen fliegen acht Teams in Flugzeugen das Gebiet systematisch entlang festgelegter Linien ab. Die Gesamtfläche wurde dafür in über 40 Untersektoren unterteilt. Eingesetzt werden speziell für Meeresbeobachtungen geeignete Leichtflugzeuge, die lediglich in einer Höhe von 183 Metern und einer Geschwindigkeit von 185 Kilometern pro Stunde fliegen. In jedem Flugzeug befindet sich ein Team von drei Forschenden: Die beiden sogenannten Observer erledigen die eigentliche Beobachtungsaufgabe. Dafür sind die Flugzeuge mit runden, konvexen ‚Bubble‘-Fenstern ausgestattet, die den Observern einen ungehinderten Blick auf das Meer unter dem Flugzeug ermöglichen. Die dritte Person erfasst alle von den Beobachtenden übermittelten Daten mit einer Datenerfassungssoftware. Für das Gebiet im Golf von Biskaya setzen die Forschenden ein Forschungsschiff ein, da es für Flugzeugeinsätze zu weit vom Festland entfernt liegt. Zusätzlich erfolgen vom Schiff aus akustische Erfassungen.

Die gesammelten Daten und Ergebnisse werden die Forschenden am Ende des Projekts im Jahr 2024 veröffentlichen. Im Jahr 2023 werden sie eine erste Schätzung bekannt geben. Die bisherigen drei SCANS-Erfassungen aus den Jahren 1994, 2005 und 2016 ergaben, dass es in dem untersuchten Gebiet etwa 1,5 Millionen Wale gibt. Die Gesamtzahl der Schweinswale hat sich von 1994 bis 2016 kaum verändert. Trotzdem sind deutliche Populationsverschiebungen von Schweinswalen aus nördlichen in südliche Gebiete ersichtlich. Zudem verzeichneten einzelne Populationen, wie der Schweinswal in der Keltischen und Irischen See, einen starken Rückgang. Über die genauen Gründe sind die Forschenden noch unsicher. „Neben erhöhtem Beifang kommt auch das regional wechselnde, eventuell auch zunehmend verminderte Beuteangebot, und die steigenden menschlichen Einflüsse in Frage“, so Gilles. Finanziert wird die SCANS-IV-Kampagne vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie von den Regierungen der weiteren involvierten Länder.

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