Nach zweijähriger „Corona-Pause“ trafen sich am 8. November knapp 70 Entscheidungsträger aus der Industrie und hochrangige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt bei dem vom edacentrum ausgerichteten edaForum22 in Berlin. Rund um die Themen Chipentwicklung und Entwurfsautomatisierung im Elektronik-Design (EDA: Electronic Design Automation) wurden aktuelle Herausforderungen der Halbleiterbranche und ihrer Anwender diskutiert und Lösungen präsentiert. Dabei standen insbesondere die Themen „Chiplets: Technologien – Anwendungen – Kosten“, „Chips für vertrauenswürdige IT und zuverlässige Anwendungen“ sowie aktuelle „Entwicklungen zu RISC-V“ im Fokus.

„Chiplets: Technologien – Anwendungen – Kosten“

Aus der Sicht von Antony V. Hirudayaraj von Intel stehen wir aktuell vor einer “Chiplet Revolution”, die es ermöglichen wird, leistungsfähigere Chips zu geringeren Kosten zu produzieren. Dazu seien aber zunächst die technischen Herausforderungen bezüglich Die-Size, Prozess, IO, und F&D-Kostenoptimierung sowie bezüglich neuer Entwurfsmethoden und Tools für Architecture, Design, Debug und Test zu bewältigen. Dies wurde von François Piednoel von Mercedes-Benz untermauert. Wegen des enormen Rechenbedarfs sei vollautomatisiertes Fahren nicht ohne “Terascale”-Chips realisierbar, die ohne die – mit der Chiplet-Technologie einhergehende – niedrige Versorgungsspannung von weniger als 1V viel zu viel Energie benötigen würden. Im Hinblick auf eine gemeinsame europäische Anstrengung plädierte er für die weitere Standardisierung und Nutzung des Universal Chiplet Interconnect Express (UCIe) zur Schaffung eines europäischen Markts für skalierbare, leicht zusammenfügbare Chiplets. Laut Sebastian Schostek von Ovesco, einem Medizingeräte-Hersteller wird die Chiplet-Technologie eine zentrale Rolle für die intelligente Kapselendoskopie der Zukunft spielen, da sie ermögliche, Intelligenz in die Kapsel zu bringen. Die Chiplet-Technologie erlaube Datenverarbeitung und –auswertung in multimodalen Sensorkapseln, die ihr Verhalten an ihre Umgebung anpassen können und so dem Arzt viel Zeit sparen. Durch Schonung ärztlicher Ressourcen, Nutzung neuer Sensormodalitäten, patientenzentrierter Anwendungen und der Eroberung neuer Indikationsbereiche könne die Kapselendoskopie aus einem Nischenprodukt zu einem alltäglichen diagnostischen Produkt werden.

„Chips für vertrauenswürdige IT und zuverlässige Anwendungen“

Auch bezüglich der Wichtigkeit von Vertrauenswürdigkeit in der IT waren sich alle vortragenden Experten einig: Zunehmend vernetzte Systeme erforderten höhere Sicherheitsanforderungen, und neue Marketingsegmente erforderten angepasste Sicherheitslösungen. Marcus Janke von Infineon forderte, dass Sicherheit einfach integrier- und verwaltbar sein müsse und die neuen Anwendungsbereiche richtig adressieren sollte. Die Gefahrenanalyse mit Risikobewertung sei dafür eine effektive Methode durch die „Trusted Devices“ entstehen könnten, welche die Kryptografie mit Hardware-basierte Sicherheit kombinierten, Datenschutz und Datensicherheit erlaubten und dabei zertifizierte Sicherheit böten. Bernhard Gstättenbauer von Infineon fokussierte sich auf die durch die geforderte Verlässlichkeit beim automatisierten Fahren entstehenden Halbleiter-Herausforderungen bezüglich der Fehler-Toleranz von Systemen und der Vorhersehbarkeit von Fehlern. Erstere sei durch Halbleiter nur eingeschränkt umsetzbar (durch Redundanz in der Architektur, was zu höheren Kosten führt) und als alleinige Lösung nicht ausreichend. Noch problematischer sei aus seiner Sicht die Fehlervorhersage, weil der Austausch von (noch) nicht defekten Halbleitern kaum akzeptiert sei. Hier müssten zunehmend datenbasierte Halbleiter-Analysen als Entscheidungsgrundlage akzeptiert werden. Dass vertrauenswürdige Elektronik auch in nationaler Hinsicht von zentraler Bedeutung ist, wurde in der Vorstellung der Cyberagentur durch Sebastian Jester deutlich, bei der es darum gehe Schlüsseltechnologien und bahnbrechende Innovationen in Projekten zu entwickeln und nutzbar zu machen, um dadurch die innere und äußere Sicherheit zu ermöglichen und zu verbessern.

Ergänzend zu diesen Ausführungen gab Stefan Wallentowitz von der Hochschule München einen Einblick in die aktuelle Situation im Bereich der insbesondere für Hardware-Entwicklung strategisch wichtigen Open-Source-Architektur RISC-V. Ihr Erfolg manifestiere sich über die in 2021 um 134% gewachsene Zahl von inzwischen gut 3100 Mitgliedsfirmen aus 70 Ländern der RISC-V-Association. Durch seine offene Architektur ermögliche RISC-V Chip-Innovation durch individuelle Anpassung und Spezialisierung, ohne auf proprietäre Designs angewiesen zu sein. Dies sei attraktiv für die Industrie in Europa/Deutschland und erleichtere das Überdenken neuer Architekturen und die Identifizierung wertschöpfender, neuartiger Computerplattformen.

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