Erst die Pandemie, dann die Energiekrise – hat das die Haltung der Bevölkerung in Deutschland zum Klimaschutz verändert? Eher nicht: Die Zustimmung für eine ambitionierte Klimapolitik ist weiterhin stark, auch wenn die Menschen zunehmend am politischen Willen und einer sozial gerechten Transformation zweifeln. Die Befragten schätzen die Veränderungsbereitschaft ihrer Mitmenschen geringer ein, als sie tatsächlich zu sein scheint. Das zeigt das neue Soziale Nachhaltigkeitsbarometer, eine jährliche repräsentative Befragung von deutschlandweit mehr als 6.500 Personen zu Themen der Energie- und Verkehrswende, durchgeführt im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts Ariadne.

Die Menschen im Land sparen bewusst im eigenen Haushalt Energie und stimmen trotz vieler Unsicherheiten der Energie- und Verkehrswende weiter zu. Sie äußern sogar den Wunsch nach Lösungen, die sowohl zum Klimaschutz beitragen als auch die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiepreise abmildern. Das verdeutlichen jetzt veröffentlichte Zahlen des aktuellen Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers, das forsa im Auftrag von einem Ariadne-Team des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) durchgeführt hat. Für 41 Prozent der Befragten hat das Thema Klimaschutz sogar an Bedeutung gewonnen. „Trotz aller Zustimmung zur Energiewende sind die Bürgerinnen und Bürger mit den bisherigen Entlastungsmaßnahmen zur Abfederung der Inflation und gestiegener Energiepreise jedoch unzufrieden,“ ordnet Ingo Wolf vom RIFS die aktuellen Umfragewerte ein. „Die Mehrheit empfindet die Verteilung der Entlastungen als insgesamt ungerecht und bemängelt insbesondere, dass Menschen mit niedrigen Einkommen nicht ausreichend entlastet werden.“  

Menschen unterschätzen die Befürwortung von Klimaschutz bei Mitmenschen

Interessant ist auch der Blick auf die tatsächliche und wahrgenommene Befürwortung von Klimaschutzmaßnahmen. So wird etwa die Zustimmung zum Ausbau von Windenergieanlagen im Wohnumfeld unterschätzt. Während die Befragten glauben, dass die Befürwortung für den Windausbau vor Ort in Gesamtdeutschland durchschnittlich bei einem Drittel (32 Prozent) liegt, ist es tatsächlich mehr als die Hälfte (59 Prozent). Ebenso wenn es um die Frage nach der Bereitschaft zum Energiesparen geht, meinen sie, dass nur knapp über die Hälfte der Mitmenschen bereit sei, weniger Strom und Gas zu verbrauchen – dabei liegen die Zustimmungswerte bei 77 Prozent.„Eine verzerrte Wahrnehmung der tatsächlichen Meinungsverhältnisse zum Ausbau Erneuerbarer Energien kann sich negativ auf die Genehmigung solcher Anlagen auswirken und der Politik einen falschen Eindruck vermitteln, nach dem Motto: Vor Ort will keiner mitmachen, wenn es um die Umsetzung der Energiewende geht,“ warnt Ortwin Renn vom RIFS. „Die Aufklärung über Mehrheits- und Minderheitsverhältnisse zu einzelnen Maßnahmen der Strom- und Verkehrswende ist also sehr wichtig für den politischen Diskurs und Entscheidungsprozess.“

Der persönliche Beitrag zur Energiewende ist ausgeschöpft – jetzt sind Industrie und Politik dran

Um die Energieeinsparziele zu erreichen, haben ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger selbst aktiv ihr Verhalten nach eigenen Angaben geändert. Auch die privaten Investitionen in klimafreundliche Technologien wachsen der Befragung zufolge. So hat sich zum Beispiel der Anteil der Menschen, die sich ein E-Auto gekauft haben von 2021 bis 2023 auf zehn Prozent verdoppelt und der Anteil der Personen, die angeben privat Solaranlagen installiert zu haben, stieg von 17 Prozent auf 28 Prozent an. Für eine deutliche Mehrheit der Menschen scheint allerdings das Einsparpotential im eigenen Haushalt ausgeschöpft und für knapp die Hälfte von ihnen sind Investitionen in Elektromobilität aktuell nicht machbar. Gleichzeitig sehen die Menschen eine stärkere Handlungsverantwortung bei der Industrie und in der Politik und stören sich am mangelnden Tempo bei der Umsetzung der Instrumente für mehr Klimaschutz. Die Menschen kritisieren die hohen Kosten für grüne Energie sowie einen falschen Fokus bei der Umsetzung klimaneutraler Mobilität und nehmen außerdem eine soziale Ungleichheit in Chancen und Lastenverteilung der Strom- und Verkehrswende wahr.

Wie die Forschenden die Ergebnisse einordnen:Ko-Autorin Benita Ebersbach vom RIFS: „Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine gerechte Verteilung der Lasten, die durch die Energie- und Verkehrswende entstehen. Dabei geht es ihnen nicht nur um finanziellen Ausgleich, sondern um eine gleichberechtigte Teilhabe am Verkehrssystem, wie die Umfragewerte des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers zeigen.“Ko-Autor Jean-Henri Huttarsch vom RIFS: „Selbst vor dem Hintergrund von Krieg und Inflation halten die Menschen in Deutschland den Klimawandel für eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme. Verantwortlich für die Lösung dieses Problems sind in den Augen der BürgerInnen alle – die Bevölkerung selbst, aber neben Wirtschaft und Industrie vor allem auch die Politik. Ein klarer Appell, weiter an wirksamen und sozial ausbalancierten Klimaschutzmaßnahmen zu arbeiten.“

Weiterführende Informationen:

Ingo Wolf, Benita Ebersbach, Jean-Henri Huttarsch, (2023): Soziales Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende 2023. Was die Menschen in Deutschland bewegt – Ergebnisse einer Panelstudie zu den Themen Energie und Verkehr. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.

Weblink: https://ariadneprojekt.de/publikation/soziales-nachhaltigkeitsbarometer-2023/

Das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer 2023 online entdecken: Interaktive Datenvisualisierung. https://ariadneprojekt.de/nachhaltigkeitsbarometer/

Anne-Kathrin Fischer, Jean-Henri Huttarsch, Ingo Wolf (2022): Soziales Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende 2021 — Daten- und Methodenbericht. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.
https://ariadneprojekt.de/publikation/methodenberichtsnb2021/

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