DIW-Studie simuliert Auswirkungen steigender Strompreise für energieintensive Unternehmen – Selbst extreme Kostensteigerungen würden nur wenige Unternehmen in einigen eng definierten Industriezweigen nennenswert belasten – Industriestrompreis würde Kosten für Unternehmen mit extrem hoher Stromintensität lediglich dämpfen – Brückenfunktion des Industriestrompreises erscheint unrealistisch

Der derzeit diskutierte Industriestrompreis ist gesamtwirtschaftlich nicht zielführend. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Abteilung Unternehmen und Märkte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die Ökonom*innen Lea Bernhardt, Tomaso Duso, Robin Sogalla und Alexander Schiersch zeigen darin in unterschiedlichen Szenarien die Auswirkungen höherer Strompreise auf die Kostensteigerungen im Verhältnis zur Wertschöpfung von Unternehmen. In einem zweiten Schritt vergleichen sie, wie der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz angeregte Industriestrompreis – also eine temporäre Subventionierung des Strompreises auf sechs Cent je Kilowattstunde – die Unternehmen entlasten würde.

Nur wenige Unternehmen mit hohen Stromkostensteigerungen im Verhältnis zur Wertschöpfung

Die Berechnungen zeigen, dass nur eine sehr begrenzte Zahl an Unternehmen in einzelnen Industriezweigen stark unter höheren Strompreisen leiden würde. „Stromkostenschocks dürften viel weniger Firmen treffen, als es die aktuelle Diskussion erahnen lässt“, erläutert Studienautorin Bernhardt. Mittel bis stark belastet werden laut Studie nur Teile der Industriegasherstellung und der Produktion von Aluminium, Zement und anorganischen Chemikalien. Diese Sektoren verbrauchen zwar bis zu einem Viertel des Industriestroms, haben aber nur einen geringen Anteil an der gesamten industriellen Wertschöpfung. „Eine größere Abwanderungswelle von Unternehmen aufgrund der aktuellen Strompreise erscheint daher unwahrscheinlich“, folgert Studienautor Sogalla. „Allerdings könnten wenige besonders stromintensive Industrieunternehmen neue Investitionen ins Ausland verlagern, um Kosten zu verringern.“

Die Simulationen ergeben weiter, dass ein Industriestrompreis auch bei stark belasteten Unternehmen hohe Kosten lediglich dämpfen, aber nicht vollends kompensieren würde. Auch der Brückencharakter der Subvention – der geplante Industriestrompreis soll spätestens Ende 2030 auslaufen – ist nicht glaubwürdig, so die Forschenden. Einige energieintensive Industrien würden noch länger mit Wettbewerbsnachteilen konfrontiert sein, insbesondere gegenüber dem außereuropäischen Ausland.

Strategische Wertschöpfungskette und Substitutionsmöglichkeiten müssen genau analysiert werden

„All diese Befunde legen nahe, dass ein breit angelegter Industriestrompreis keine Patentlösung zur Stärkung deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb ist“, bilanziert Duso. „Aber auch selektive Entlastungen einzelner Wirtschaftszweige könnten wettbewerbsrechtlich problematisch sein und müssten von der EU-Kommission genehmigt werden.“

Die Wissenschaftler*innen raten daher dazu, in einem ersten Schritt Schlüsselsektoren beziehungsweise Unternehmen zu identifizieren, die von strategischer Bedeutung für nationale Wertschöpfungsketten sind.  Nur für diese klar definierten Schlüsselindustrien sollte bestimmt werden, ob sie mit Subventionen gefördert oder durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt werden können.

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