• Unterfinanzierung im Senatsentwurf zum Doppelhaushalt gefährdet abfallpolitische Ziele der Stadt
  • Schwarz-Rot muss sich an Koalitionsversprechen halten, Zero Waste-Strategie vorantreiben und Initiativen zur Abfallvermeidung weiter fördern
  • Zu wenig, zu halbherzig: Mittel für Reparaturbonus und Mehrwegförderung müssen deutlich erhöht werden

    Zum bevorstehenden „World Cleanup Day“ fordert der Berliner Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) die schwarz-rote Landesregierung auf, für 2024 und 2025 ausreichend Mittel für die Bekämpfung der Müllberge der Hauptstadt bereitzustellen. Im Fokus darf dabei nicht allein das Saubermachen stehen, sondern in erster Linie bereits die Entstehung neuer Abfälle so weit wie möglich zu verhindern. Deshalb ist eine ausreichende Finanzierung der Berliner Zero Waste-Strategie essentiell. Im vorliegenden Haushaltsentwurf sind die Mittel dafür aber zum Teil drastisch gekürzt worden.

    „CDU und SPD haben auch in der Vergangenheit alle Maßnahmen zur Abfallvermeidung unterstützt und die Zero Waste-Strategie des Landes Berlin im Sommer 2021 einhellig mit beschlossen. Auch jetzt sollten sich beide an ihre Versprechen halten und die Umsetzung der Strategie vorantreiben. Es müssen die Müllberge in der Hauptstadt schrumpfen, nicht die Gelder, die dafür nötig sind!“ so Tobias Quast-Malur, BUND-Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik, „sonst werden wir die abfallpolitischen Ziele der Stadt nicht erreichen.“

    Für die Umsetzung der Zero-Waste-Strategie sind im Haushalt (Titel 68569, Punkt 3) die Mittel von 1,75 Millionen Euro in 2023 drastisch auf gerade einmal je 400.000 Euro in den Folgejahren zusammengestrichen worden. Das macht die erfolgreiche Fortsetzung von Leuchtturmprojekten wie der Re-Use-Kampagne[ii] oder dem Haus der Materialisierung[iii] faktisch unmöglich. Ebenso steht die bisher durch die Stiftung Naturschutz erfolgte Förderung zivilgesellschaftlicher Anti-Müll-Initiativen in Frage. Auch dies widerspricht den Beschlüssen der Zero Waste-Strategie. Der BUND fordert den vollständigen Erhalt der Mittelsumme des Vorjahres. Nur so kann Berlin das Ziel, seine Abfallmengen auf unter 150 Kilogramm Restmüll pro Einwohner und Jahr zu senken, erreichen.
    Aktuell liegt die Hauptstadt noch bei 207 Kilogramm. Schnellstmöglich müssen die Mengen nach BUND-Einschätzung noch deutlich weiter auf 100 und sogar 50 Kilogramm sinken, um den Ansprüchen von Zero Waste und Klimaschutz gerecht zu werden.

    Eine ausreichende Finanzierung ist auch für die erfolgreiche Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Abfallvermeidung wie dem Reparaturbonus und der Förderung von Mehrweg unerlässlich, aber im Haushaltsentwurf leider so aktuell nicht vorgesehen.

    „Mit einem Zuschuss auf jede Reparatur und eine Unterstützung bei der Anschaffung von To Go-Mehrweggeschirr können wirksame Impulse für weniger Abfall und für die lokale Wirtschaft gegeben werden“, erklärt Daniel Affelt, Koordinator für Abfall- und Ressourcenpolitik beim BUND, „das machen auch Österreich, Thüringen oder Tübingen bereits erfolgreich vor. Es ist sinnvoll und toll, wenn Berlin das auch macht. Es müssen dafür dann aber auch die notwendigen Mittel bereitgestellt werden.“

    Nach dem Vorbild von Österreich und Thüringen könnten mit dem Reparaturbonus auf Antrag 50% der Kosten einer Reparatur gefördert werden, bei einer maximal möglichen Fördersumme von 200 Euro pro Person und Jahr. In Thüringen wurden zunächst Mittel von 600.000 €/a eingeplant, die aufgrund der hohen Nachfrage dann auf 1 Million Euro erhöht wurden. Sachsen (mit einer vergleichbaren Einwohner*innenzahl wie Berlin) plant in seinem Doppelhaushalt 2024/5 mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. In Österreich sind die Summen ungleich höher.[iv] Der BUND fordert die aktuell im Haushalt eingeplante Summe von 250.000 Euro im Jahr (Titel 68569, Punkt 5) auf je 1,25 Millionen Euro zu erhöhen, damit die Aktion auch erfolgreich beworben und umgesetzt werden kann.

    Mehrwegsysteme tragen entscheidend zur Reduzierung von To Go-Einwegmüll bei und können so überfüllte Abfalleimer, umherfliegenden Müll und hohe Straßenreinigungskosten vermeiden. Außerdem werden Ressourcen und Energie für die Herstellung der Wegwerfverpackungen eingespart. Die Stadt Tübingen unterstützt die örtliche Gastronomie seit Jahren erfolgreich bei der Einführung von Mehrwegsystemen für den Außer-Haus-Verzehr. Unternehmen können für den Kauf von Mehrweggeschirr oder Gewerbespülmaschinen oder die Teilnahme an einem Pfand-Poolsystem Fördermittel beantragen. Tübingen hat dafür in den vergangenen drei Jahren insgesamt 52.500 Euro ausgezahlt und plant sogar mit 50.000 Euro pro Jahr.[v] Berlin sollte diesem Beispiel folgen und gemessen an seiner deutlich höheren Bevölkerungszahl mindestens je 600.000 Euro in 2024 und 2025, idealerweise sogar bis zu 1,8 Millionen Euro pro Jahr im Haushalt (Titel 68569, Punkt 2) zur Verfügung stellen, um Gastronomie und Handel bei der Einführung von Mehrwegsystemen zu unterstützen. Nicht zuletzt würde so auch die seit 1. Januar geltende EU-Mehrwegangebotspflicht in ihrer Umsetzung befördert werden. Bislang kommen die Berliner Bezirksämter ihrer Verantwortung zum Vollzug dieser Regelung gar nicht bis unzureichend nach. Das Land Berlin ist in der Pflicht, hier wirksam Abhilfe zu schaffen.

    Sollte eine wirksame Finanzierung nicht alleine aus bisherigen Mitteln des Landeshaushalts möglich sein, so schlägt der BUND Berlin zur Erhebung weiterer Mittel und als zusätzlichen Anreiz für Mehrweg die Umsetzung einer kommunalen Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild vor. (Mehr: www.berlin-plastikfrei.de)

    Der BUND Berlin engagiert sich rund um den World Cleanup Day und darüber hinaus auch ganz praktisch für weniger Abfälle und eine saubere Stadt und ruft zum Mitmachen auf. Seien Sie dabei beim:

    o   CleanUp rund um den Boxi des Projekts „Klimaschutz100pro“ von BUND und Berliner Energieagentur:
    Do, 14.9., 16.30 Uhr, Boxhagener Platz, Gärtnerstr./Krossener Str.
    Mehr Infos: www.bund-berlin.de/service/termine/detail/event/cleanup-aktion-rund-um-den-boxi/

    o   Nähcafé des Projekts „MEKKI Steglitz“ des BUND:
    Do, 21. September, 17 Uhr, Gemeindehaus der Markusgemeinde, Albrechtstraße 81a, 12167 B.
    Mehr Infos: www.mekki-steglitz.de/veranstaltungen/naehcafe20230921/


Abfallwirtschaftskonzept für Siedlungs- und Bauabfälle sowie Klärschlamme (AWK 2020-2030) – Zero Waste Strategie des Landes Berlin, nach Zustimmung des Abgeordnetenhauses vom 17.6.21: www.berlin.de/sen/uvk/_assets/umwelt/kreislaufwirtschaft/strategien/abfallwirtschaftskonzepte/awkberlin2020-2030.pdf?ts=1687163444
[ii] www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/kreislaufwirtschaft/projekte/re-use-berlin/
[iii] hausdermaterialisierung.org/
[iv] Für die Jahre 2022 bis 2026 werden 130 Mio. € zur Verfügung gestellt. (www.repanet.at/oesterreichischer-reparaturbonus-ist-da/)
[v] E-Mail-Auskunft der Tübinger Stadtverwaltung vom 29.6.23 und www.tuebingen.de/gemeinderat/getfile.php?id=62833&type=do&

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