Forschende der Empa und der ETH Zürich haben neue Verfahren entwickelt, mit denen sie aus Perowskit-Quantenpunkten schnellere und effizientere Strahler machen und so ihre Helligkeit deutlich verbessern können. Dies ist sowohl für Anwendungen in Bildschirmen als auch für Quantentechnologien relevant. 

Quantenpunkte sind so etwas wie künstliche Atome: Nur wenige Nanometer gross und aus Halbleitermaterialien bestehend, können sie Licht einer ganz bestimmten Farbe aussenden, im Extremfall gar einzelne Photonen, was für Quantentechnologien wichtig ist. Die Entdecker und Wegbereiter der kommerziellen Herstellung von Quantenpunkten, Moungi G. Bawendi, Louis E. Brus und Aleksey Yekimov, wurden letztes Jahr mit dem Chemie-Nobelpreis geehrt.

In den letzten Jahren haben vor allem Quantenpunkte aus Perowskiten, einer Materialklasse mit einer ähnlichen Struktur wie das Mineral Perowskit (Kalziumtitanat), von sich reden gemacht. Hergestellt wurden solche Quantenpunkte erstmals 2014 von Forschenden um Maksym Kovalenko an der ETH Zürich und der Empa. Quantenpunkte aus Perowskit-Nanokristallen kann man in Flüssigkeiten zu einer Dispersion mischen, wodurch sie sich leicht weiterverarbeiten lassen. Zudem leuchten sie aufgrund ihrer besonderen optischen Eigenschaften heller als viele andere Quantenpunkte und sind günstiger herzustellen, was sie unter anderem für Anwendungen in Bildschirmen interessant macht.  

Wie man diese ohnehin schon vielversprechenden Eigenschaften von Perowskit-Quantenpunkten nochmals deutlich verbessern kann, hat Kovalenkos Team nun gemeinsam mit KollegInnen in der Ukraine und den USA gezeigt. Dabei kamen sowohl chemische Verfahren zur Oberflächenbehandlung als auch bislang in Perowskit-Quantenpunkten noch nie beobachtete quantenmechanische Effekte zum Einsatz. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden kürzlich gleich in zwei Artikeln im renommierten Fachjournal «Nature» veröffentlicht.

«Unglückliche» Atome reduzieren Helligkeit

Die Helligkeit ist eine wichtige Masseinheit für Quantenpunkte und hängt damit zusammen, wie viele Photonen der Quantenpunkt pro Sekunde aussendet. Quantenpunkte geben Photonen einer bestimmten Farbe (also Frequenz) ab, nachdem sie zuvor zum Beispiel durch UV-Licht höherer Frequenz angeregt wurden. Dabei bildet sich ein so genanntes Exziton aus einem Elektronen, das sich nun freier bewegen kann, und einem Loch, also einem fehlenden Elektron in der energetischen Bandstruktur des Materials. Das angeregte Elektron kann danach wieder auf ein niedrigeres Energieniveau zurückfallen und sich so mit dem Loch rekombinieren. Wird die dabei freiwerdende Energie in ein Photon umgewandelt, so sendet der Quantenpunkt Licht aus.

Das funktioniert aber nicht immer. «An der Oberfläche der Perowskit-Nanokristalle befinden sich ‹unglückliche› Atome, denen ihr Nachbar im Kristallgitter fehlt», erklärt ETH-Forscher Gabriele Raino. Diese Randatome stören das Gleichgewicht der positiven und negativen Ladungsträger im Innern des Nanokristalls und können dazu führen, dass bei der Rekombination die Energie nicht als Licht abgegeben wird, sondern in Kristallschwingungen übergeht. Dadurch «blinkt» der Quantenpunkt, leuchtet also nicht durchgehend.

Ein Schutzmantel aus Phospholipiden

Um dies zu verhindern, haben Kovalenko und sein Team massgeschneiderte Moleküle entwickelt, so genannte Phospholipide. «Diese Phospholipide sind den Liposomen sehr ähnlich, mit denen zum Beispiel der mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus so eingebettet wird, dass er in der Blutbahn stabil bleibt und bis zu den Zellen gelangt», erklärt Kovalenko. Ein wichtiger Unterschied: Die Forschenden optimierten ihre Moleküle derart, dass der polare, also elektrisch empfindliche Teil des Moleküls an die Oberfläche der Perowskit-Quantenpunkte andockt und dort dafür sorgt, dass die «unglücklichen» Atome wieder einen (Ladungs-)Partner erhalten.

Der nach aussen abstehende, nichtpolare Teil des Phospholipids macht es zudem möglich, mit Quantenpunkten eine Dispersion in nichtwässrigen Lösungen, etwa in organischen Lösungsmitteln, herzustellen. Auch für die strukturelle Stabilität der Quantenpunkte ist der Lipidmantel auf der Oberfläche der Perowskit-Nanokristalle wichtig, wie Kovalenko betont: «Diese Oberflächenbehandlung ist essenziel für alles, was wir mit den Quantenpunkten machen wollen.» Bisher haben Kovalenko und Co. die Behandlung für Quantenpunkte aus Blei-Halogenid-Perowskiten demonstriert, sie lässt sich aber leicht an andere Metall-Halogenid-Quantenpunkte anpassen.

Noch heller dank Superradianz

Durch die Lipid-Oberfläche konnte das Blinken der Quantenpunkte so weit reduziert werden, dass in 95 Prozent der Elektron-Loch-Rekombinationen ein Photon ausgesandt wird. Um den Quantenpunkt noch heller zu machen, mussten die Forschenden allerdings die Geschwindigkeit der Rekombination selbst erhöhen – und das geht nur mit Hilfe der Quantenmechanik. Ein angeregter Zustand, zum Beispiel ein Exziton, zerfällt dadurch, dass ein Dipol – also gegeneinander verschobene positive und negative Ladungen – mit dem elektromagnetischen Feld des Vakuums in Wechselwirkung tritt. Je grösser dieser Dipol, desto schneller der Zerfall. Eine Möglichkeit, einen grösseren Dipol zu erzeugen, besteht darin, mehrere kleinere Dipole einheitlich aneinander zu koppeln. Das ist vergleichbar mit Pendeluhren, die mechanisch miteinander verbunden sind und dadurch nach einer gewissen Zeit im Takt schlagen.

Die Forschenden konnten im Experiment zeigen, dass diese kohärente Kopplung auch in Perowskit-Quantenpunkten funktioniert – und zwar mit einem einzigen Exziton-Dipol, der sich durch quantenmechanische Effekte im gesamten Volumen des Quantenpunkts ausbreitet und so gleichsam mehrere Kopien seiner selbst erzeugt. Je grösser der Quantenpunkt, desto mehr Kopien können entstehen. Diese können dann einen als Superradianz bezeichneten Effekt hervorrufen, durch den das Exziton viel schneller rekombiniert. Der Quantenpunkt ist daher auch schneller wieder bereit, ein neues Exziton aufzunehmen und kann so mehr Photonen pro Sekunde abgeben, er strahlt also noch heller. Wichtig dabei: Der schnellere Quantenpunkt sendet weiterhin einzelne Photonen aus (nicht mehrere zugleich) – und eignet sich damit für Quantentechnologien.

Die optimierten Perowskit-Quantenpunkte sind laut Kovalenko nicht nur für die Lichterzeugung und Displays interessant, sondern auch in anderen, weniger offensichtlichen Gebieten. So könnten sie beispielsweise als lichtaktivierte Katalysatoren in der organischen Chemie zum Einsatz kommen. An solchen und anderen Anwendungen forscht Kovalenko unter anderem im Rahmen des nationalen Forschungsschwerpunkts «NCCR Catalysis».

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