Die Zahl der Organspender hat sich im vergangenen Jahr erstmals seit 2010 wieder deutlich positiv entwickelt. Allerdings stehen in Deutschland aktuell noch immer rund 9.400 Patienten auf den Wartelisten für eine Organtransplantation. Zum 1. April 2019 tritt ein neues Gesetz in Kraft, das für verbesserte Organisationsstrukturen und mehr finanzielle Unterstützung für die Kliniken sorgen soll. Zusätzlich zu diesem Beschluss diskutiert der Bundestag aktuell wieder über neue Organspende-Regelungen, um die Spenderzahl weiter zu erhöhen. Detlef Koch, ROLAND-Partneranwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, kennt die aktuellen Regelungen rund um den viel diskutierten Organspendeausweis und weiß, worauf Spender achten sollten.

Muss ich mich zur Organspende äußern?
„Nein, bislang muss sich der Versicherte nicht zur Organspende äußern“, erklärt Detlef Koch. Seit 2012 sind Krankenversicherer jedoch dazu verpflichtet, ihren Kunden in regelmäßigen Abständen schriftliches Informationsmaterial zur Organspende und eine entsprechende Verfügung zu schicken. Generell kann der Versicherte in eine Organspende einwilligen, ihr widersprechen oder die Entscheidung einer zu benennenden Person überlassen. Zudem kann er die Erklärung auf bestimmte Organe beschränken. Das Bundesgesundheitsministerium strebt allerdings bis Mitte 2019 einen Bundestagsentscheid zu möglichen neuen Regeln für Organspenden an. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plädiert für eine doppelte Widerspruchslösung. „Damit würde künftig jeder als Spender gelten. Wer das nicht möchte, muss ausdrücklich widersprechen“, so der Fachanwalt für Medizinrecht. „Es erscheint als verfassungsrechtlich fragwürdig, jedermann per se zum Organspender zu erklären, also auch denjenigen, der sich mit der Fragestellung nicht auseinandergesetzt hat. Es entsteht der Eindruck eines gesetzgeberischen Schnellschusses, bei dem Menschen, die nicht spendebereit sind, diskriminiert werden.“

Viel wichtiger als die Frage nach der Widerspruchslösung ist für Detlef Koch ein optimaler Organisationsablauf in den Kliniken: „Wenn Spendensituationen in Kliniken stets als solche erkannt werden und die dann erforderliche Verfahrensweise hinreichend bekannt ist, könnten Wartelisten vermutlich reduziert und Organspendezahlen erhöht werden“, erklärt der Rechtsexperte.

Wer kann sich als Organspender registrieren lassen?
Als Organspender kann man sich ab dem 16. Lebensjahr registrieren lassen, ein Widerspruch ist bereits ab 14 Jahren möglich. Nach oben hin gibt es keine Altersgrenze: „Entscheidend ist das biologische und nicht das kalendarische Alter. Auch die Niere eines 65-jährigen Verstorbenen kann, wenn sie funktionstüchtig ist, einem Dialysepatienten wieder ein fast normales Leben bescheren“, erläutert Detlef Koch. Ob gespendete Organe für eine Transplantation geeignet sind, kann erst im Fall einer tatsächlichen Spende medizinisch geprüft werden.

Wer entscheidet, wenn ich keinen Organspendeausweis besitze?
Wichtig zu wissen: Wer keine Erklärung abgibt, lässt laut Rechtsanwalt Detlef Koch die Frage nach der Spendenbereitschaft offen und überlässt die Entscheidung anderen. Liegt keine Erklärung vor, wird in der Regel der nächste Angehörige zur Spendenbereitschaft des möglichen Spenders befragt. Dieser darf jedoch nur über eine mögliche Organspende entscheiden, wenn er in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des potenziellen Spenders mit diesem persönlichen Kontakt hatte. Werden mehrere gleichrangige nächste Angehörige befragt und widerspricht nur einer der Spende, darf das Organ nicht entnommen werden. „Wer die Entscheidung zur Organspende selbst treffen will, gibt am besten frühzeitig eine entsprechende Erklärung ab“, rät der ROLAND-Partneranwalt. „So lässt er niemanden über seinen Wunsch im Unklaren und stellt sicher, dass der eigene Wille erfüllt wird.“

Sind meine Angaben unwiderruflich?
Hierzu gibt es vom Rechtsanwalt ein klares Nein: „Eine einmal getroffene Entscheidung ist nicht unwiderruflich, man kann jederzeit eine neue Erklärung anderen Inhalts als Änderungserklärung abgeben – dies sieht das Transplantationsgesetz ausdrücklich vor.“ Widersprechen sich zwei verschiedene Schriften inhaltlich, ist in der Regel das zuletzt verfasste Dokument gültig. „Wer beispielsweise bereits eine Patientenverfügung verfasst hat, sollte darauf achten, dass das Bereitschaftsschreiben zur Organspende dieser inhaltlich entspricht“, empfiehlt Detlef Koch. „Andernfalls sind die Dokumente einander anzupassen, damit im Ernstfall klar ist, was der Betroffene wünscht.“

Gilt eine Einwilligung automatisch auch für eine Lebendspende?
Die Erklärung zur Organspende betrifft die Entnahme von Organen bei toten Spendern und gilt nicht automatisch auch für eine Lebendspende. „Diese ist zum Schutz Minderjähriger nur für volljährige Spender nach umfassender Aufklärung und Einwilligung zulässig“, erklärt der Jurist. Darüber hinaus muss ein Arzt festlegen, ob die betreffende Person zur Spende geeignet ist. Eine Lebendspende kommt zudem nur dann in Betracht, wenn der Patient keinen überhöhten Operationsrisiken ausgesetzt ist. „Wer sich für die Organspende registriert, muss also nicht befürchten, auch für Lebendspenden herangezogen zu werden. Hierzu muss man sich gesondert bereit erklären“, so Detlef Koch. Der Bundesgerichtshof habe Anfang 2019 noch einmal herausgestellt, dass an die präoperative Aufklärung über eine Spende sehr hohe Anforderungen zu stellen sind und sich Behandler andernfalls schadenersatzpflichtig machen können.

Wo werden meine Angaben zur Organspende gespeichert?
Bisher ist die Entscheidung für oder gegen eine Organspende komplett freiwillig. Ärzte – zu Lebzeiten allerdings nur, wenn der Spender eingewilligt hat –, die Anlaufstellen für die Organspende, das Organspenderegister sowie der Transplantationsbeauftragte des Entnahmekrankenhauses verarbeiten Daten in Zusammenhang mit einer Organspende. Die beteiligten Personen dürfen nach dem Bundesdatenschutzgesetz in der Regel keinerlei personenbezogene Daten des Spenders offenbaren. „Ärzte dürfen personenbezogene Daten in Zusammenhang mit einem bestimmten Forschungsvorhaben anonym an Dritte übermitteln, bei besonderem öffentlichen Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens sogar nicht anonym“, erklärt Rechtsanwalt Detlef Koch. Eine besondere Verantwortung kommt der Transplantationsregisterstelle und der sogenannten Vertrauensstelle zu, die Daten verarbeiten, zusammenführen und pseudonymisieren, auch um dem Betroffenen Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten geben zu können.

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