Wird ein Protein durch eine Genveränderung zu lang, kann das die Entstehung von Krebs begünstigen, wie Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg sowie vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) im Fachjournal Nature Cell Biology erstmals zeigen

Erbgutveränderungen können in bestimmten Fällen dazu führen, dass Proteine länger werden als vorgesehen. Das kann gravierende Folgen haben, wie Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) mit Partnern im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) jetzt nachgewiesen haben. Sie identifizierten und analysierten 3.412 solcher Veränderungen aus 62 unterschiedlichen Tumorarten und machten die Daten für andere Forschende öffentlich zugänglich. Anhand eines Tumor-hemmenden Proteins belegten sie die Bedeutung sogenannter Non-Stop-Mutationen: War das Tumor-hemmende Protein SMAD4 verlängert, wurde es in der Zelle deutlich schneller als normal abgebaut und konnte so seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrnehmen. Die Studie erschien am 27. Juli 2020 im renommierten Fachmagazin Nature Cell Biology.

„Wir konnten zeigen, dass eine bislang ignorierte Klasse an Erbgutveränderungen bei Krebs eine wichtige Rolle spielen kann. Das könnte künftig neue Therapieansätze ermöglichen und vor allem bei der Wahl der besten Therapie helfen, die immer stärker das genetische Profil eines Tumors berücksichtigt“, sagt Prof. Dr. Sven Diederichs, der die Abteilung Onkologische Forschung in der Klinik für Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg und die Abteilung RNA Biology and Cancer des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg leitet sowie Wissenschaftler im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, vermeintlich unwichtige genetische Veränderungen zu verstehen, da sie erheblichen Einfluss auf die Funktion von Krebsgenen haben können“, so Diederichs.

Wenn der Stopp-Schalter fehlt

Der Abschluss eines Proteins wird im Erbgut mit einem sogenannten Stop-Codon markiert. Es besteht aus drei Buchstaben und sorgt dafür, dass die Kette an Proteinbausteinen unterbrochen wird. Wird dieses Stopp-Codon beispielsweise durch Umwelteinflüsse verändert, kann es passieren, dass die Proteinkette fortgeführt wird. „Ein derart verändertes Protein kann vom Reinigungssystem der Zelle schnell erkannt und entsorgt werden. Dieser eigentlich wichtige Prozess kann so fatale Folgen haben“, erklärt Diederichs, der mit seinem Team das Protein SMAD4 in Tumoren der Bauchspeicheldrüse und des Darms genauer untersuchte. SMAD4 bremst normalerweise die Entwicklung eines gutartigen Tumors in einen bösartigen Tumor. „Weil das überlange Protein zu schnell abgebaut wird, kann es seine Funktion nicht mehr ausüben und leistet so dem Krebs Vorschub“, sagt Diederichs. Mit der Studie und der neu etablierten Datenbank ist eine wichtige Grundlage geschaffen, um diese Art der Mutationen besser zu untersuchen, darauf aufbauend neue Therapieansätze zu entwickeln und eine präzisere Entscheidung bei der Wahl der Therapie zu treffen.

Original-Titel der Studie: A Pan-Cancer Analysis reveals Nonstop Extension Mutations causing SMAD4 Tumor Suppressor Degradation
DOI: https://doi.org/10.1038/s41556-020-0551-7
Link zur Studie:
Publikation: https://www.nature.com/articles/s41556-020-0551-7
Datenbank: http://nonstopdb.dkfz.de/

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