"Mit dem Paritätsgesetz ebnet der Brandenburger Gesetzgeber den Weg, um ausreichende Chancen für Teilhabe von Frauen an politischen Ämtern zu ermöglichen. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat nun die wichtige Aufgabe, dieses Gesetz zu verteidigen und dem in Art. 3 Abs. 2 GG und einigen Landesverfassungen verankerten Frauenfördergebot tatsächlich Geltung zu verschaffen. Die gestrige Verhandlung hat gezeigt, dass die Verfassung Paritätsgesetze durchaus zulässt.", kommentiert Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb), die Verhandlung in Brandenburg.

Als Vertreterin des Landtags Brandenburg kämpft Prof. Dr. Jelena von Achenbach vor dem mit fünf Richtern und vier Richterinnen fast paritätisch besetzten Verfassungsgericht des Landes überzeugend für das von NPD und AfD angegriffene Paritätsgesetz. Sie ersetzt die vom Gericht vorhersehbar als problematisch betrachteten Argumente. Anstatt von einer Pflicht zu einem Paritätsgesetz spricht sie von einem Handlungsauftrag für ein pluralistisches
Demokratiemodell. Unter Verzicht auf "Spiegelbildlichkeit", nennt sie integrative Repräsentanz als Ziel und zieht das Frauenfördergebot zur Überwindung struktureller Nachteile heran.

Die Vertreter der Verfassungsbeschwerdeführer und der Kläger im Organstreit argumentieren dagegen schwach. Sie bestreiten zunächst die strukturelle Benachteiligung von Frauen, wissen aber auf Nachfrage der Richterin Dr. Julia Finck (besser bekannt als Julie Zeh) diese nicht zu definieren. Ihr Argument, der Staat dürfe die Parteien für seine Ziele nicht instrumentalisieren, provoziert die Nachfrage des Richters Andreas Dresen, wie der Staat denn anders als durch Gesetze handeln solle. "Der Richter spricht damit einen grundtragenden Aspekt an. Da 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts und angesichts des fehlenden politischen Willens zu vieler Parteien im Hinblick auf die politische Teilhabe noch immer keine Chancengleichheit hergestellt ist, bedarf es gesetzlicher Regelungen.", so Prof. Dr. Maria Wersig.

Nachdem der Thüringer Verfassungsgerichtshof das Paritätsgesetz – mit wenig überzeugender Begründung – für nichtig erklärt hatte, gibt die Verhandlung aus Brandenburg Anlass zu Hoffnung. Das gilt auch deshalb, weil es keine vergleichbare Entstehungsgeschichte – mit dieser hatte der Thüringer Verfassungsgerichtshof die Unanwendbarkeit der Gleichstellungsverpflichtung begründet – der entscheidenden Verfassungsnormen gibt. Der Vorsitzende Richter, Markus Möller, bemerkt in der gestrigen Verhandlung unter Bezugnahme auf eine Protokollnotiz aus dem Verfassungsausschuss, das Thema sei "niedrigschwelliger als in Thüringen" diskutiert worden.

Das Gericht signalisiert das Problem der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, insbesondere für kleinere Parteien. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein Argument gegen Paritätsgesetze, sondern um eine Frage ihrer konkreten Ausgestaltung. Wersig: "Der djb hat in mehreren Veröffentlichungen die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen von Paritätsgesetzen beleuchtet und setzt sich seit Jahren für wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung von Parität in den Parlamenten ein. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat die Möglichkeit, den vom Gesetzgeber eingeschlagenen Weg zur gleichberechtigten Teilhabe fortzuschreiben. Mit großer Hoffnung blicken wir nun auf die Urteilsverkündung."

Diese wird am Freitag, dem 23. Oktober, 10 Uhr, im Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in Potsdam stattfinden.

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