Der Hoffnung, dass mit den klaren Leitplanken der Farm-to-Fork Strategie nun die EU-Agrarpolitik endlich zukunftsfähig reformiert wird, haben EU-Agrarministerrat und EU-Parlament den Wind aus den Segeln genommen. 

Demeter-Vorstand Alexander Gerber ist entsetzt über die Beschlüsse des EU-Agrarministerrat diese Woche: „Die EU-Agrarminister haben über den Agrarhaushalt entschieden, als gäbe es weder eine uns existenziell gefährdende Klimakrise noch eine Umweltkrise mit schwindender Artenvielfalt, ausgelaugten Böden und verschmutztem Wasser! Das Europaparlament hat es mit seinen Kompromissen zu strategischen Punkten nicht viel besser gemacht, hier stehen einige Abstimmungen aber noch aus. Statt mit den Steuergeldern verantwortungsvoll umzugehen, wird das EU-Budget weiterhin nach der Maßgabe verteilt: ‚Wer viel Land hat, bekommt auch viel Geld‘. Das bedeutet: Die EU-Agrarpolitik verfolgt weder eine Strategie gegen das Höfe- und Artensterben, noch legt sie ambitionierte Programme auf, die den Bäuerinnen und Bauern den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Landwirtschaft finanzieren!“

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bezeichnet es als Erfolg, dass 20 Prozent der ersten Säule für Ecoschemes festgelegt werden. „Doch dies greift erst ab 2025. Zudem fallen darunter kaum ambitionierte Maßnahmen. Wir sehen zur jetzigen Politik keinen Fortschritt, dabei ist ein Wandel nicht nur nötig, sondern auch gesellschaftlich gewollt!“, beurteilt der Demeter-Vorstand das Steckenbleiben in alten Mustern. „Dass im Parlament nun festgelegt wurde, dass 60 Prozent der Gelder der ersten Säule weiter als Direktzahlung nach Flächengröße vergeben werden sollen, mutet fast wie eine Satire an, nachdem spätestens seit 1992 klar ist, dass in Nachhaltigkeit investiert werden muss.“

„Die Farm-to-Fork- und die Biodiversitätsstrategien haben wichtige Ziele wie die Reduzierung des Pestizideinsatzes um 50 Prozent und die Erhöhung des Ökolandbaus auf 25 Prozent der EU-Anbaufläche vorgegeben. Immerhin ein positives Detail ist, dass das Parlament sich dafür ausspricht, dass die Mitgliedsstaaten den Ökolandbau im Rahmen ihrer Strategiepläne berücksichtigen sollen. Dieser absolut notwendige Umbau ist jedoch nicht zum Nulltarif zu haben; die Agrargelder werden dafür dringend gebraucht. Die nicht einmal halbherzigen Beschlüsse von Rat und Parlament lassen aber befürchten, dass Bürgerinnen und Bürger bald die Nase voll davon haben, dass ihr Steuergeld in eine rückwärtsgewandte Politik fließt,“ kritisiert die politische Sprecherin des Verbandes, Antje Kölling. „Zurecht fordern Menschen europaweit ‚Public money for public goods‘. Wenigstens 70 Prozent der Agrargelder müssten an den Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet werden, damit die Agrarförderung dem Bürgerwillen nach einer guten Lebensqualität entspricht. Wenn jetzt mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP Steuergelder weiterhin für eine veraltete Politik ausgegeben werden, statt sie an klare nachhaltige Ziele und Kriterien zu binden, gefährdet dies das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU.“

Hintergrund

Wissenschaftler*innen der Leopoldina[ii] haben jüngst gewarnt, dass die biologische Vielfalt in der deutschen Agrarlandschaft in den letzten Jahren stark abgenommen hat. Sie stellen fest: Nur mit einem Umbau der EU-Agrarsubventionen können wir den Artenverlust stoppen.

Der Europäische Rechnungshof kritisierte im Sommer, dass die Gemeinsame EU-Agrarpolitik[iii] seit 2014 trotz des so genanntem Greenings keinen ausreichenden Beitrag gegen den Rückgang der Artenvielfalt geleistet hat.

Gemeinsames Positionspapier des BÖLW zur GAP: Starke Höfe,gesunde Umwelt, lebendige Dörfer: Für eine

zukunftsfähige Gemeinsame Agrarpolitik der EU

[ii] Leopoldina (2020): Nationale Empfehlungen: Biodiversität und Management von Agrarlandschaften (2020)

[iii]Europäischer Rechnungshof, Sonderbericht 13/2020: Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen: Der Beitrag der GAP hat den Rückgang nicht gestoppt

 

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