Mehr Gemüse, Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees, weniger Schweinefleisch und Alkohol – die Ernährungssituation in Deutschland hat sich in einigen Punkten verbessert. Das zeigen die Trendanalysen zum Lebensmittelverbrauch auf Basis der Agrarstatistik, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) in ihrem 14. DGE-Ernährungsbericht veröffentlicht. „Die Rückgänge beim Verbrauch von Obst, Getreideerzeugnissen und frischen Kartoffeln sowie die Anstiege bei Käse, Rind-, Kalb- und Geflügelfleisch stehen allerdings im Widerspruch zu einer pflanzenbetonten Ernährung, wie sie die DGE in ihren 10 Regeln für eine vollwertige Ernährung empfiehlt“, bewertet Prof. Dr. Kurt Gedrich, TU München und Autor des Kapitels, die Entwicklungen auf einer Online-Pressekonferenz zur Vorstellung des Ernährungsberichts am 24. November 2020. Die meisten pflanzlichen Lebensmittel weisen eine hohe Nährstoffdichte auf, sind also bei einem geringen Energiegehalt reich an essenziellen Nährstoffen und liefern gleichzeitig wertvolle Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. „Es wäre sehr zu begrüßen, wenn der Verbrauch an Gemüse, Obst, Kartoffeln und Getreide konstant ein höheres Niveau erreicht als der Verbrauch von tierischen Lebensmitteln“, sagt Chefredakteur Prof. Dr. Helmut Heseker, Universität Paderborn. „Eine pflanzenbetonte Ernährung ist nicht nur gesundheitsfördernd, sondern auch klimafreundlich.“

Gemüse weiterhin beliebt

Der Verbrauch von Gemüse steigt weiter an und lag 2018 bei 104 kg pro Kopf und Jahr. „Wie bereits in den vorangegangenen Ernährungsberichten gab es signifikante Zuwächse für Tomaten (ca. +440 g/Kopf u. Jahr), Möhren und Rote Rüben (ca. +260 g) sowie Zwiebelgemüse (ca. +160 g). Auch Hülsenfrüchte steigen in der Gunst der Verbraucher, die Zuwächse liegen bei etwa 40 g pro Kopf und Jahr bei frischen und etwa 50 g pro Kopf und Jahr bei getrockneten Hülsenfrüchten“, fasst Gedrich die Trends im Gemüseverbrauch zusammen. Er hat die Daten der Agrarstatistik für die DGE ausgewertet.

Obstverbrauch rückläufig: Verbrauch von Äpfel, Birnen und Co. sinkt

Bei Obst zeigt sich dagegen ein Verbrauchsrückgang um -720 g pro Kopf und Jahr. Besonders betroffen sind Äpfel (-1,4 kg pro Kopf u. Jahr), Birnen (-70 g), Tafeltrauben (-140 g) und Apfelsinen (-110 g). Im Trend liegen Beeren- (außer Erdbeeren) und Schalenobst mit signifikanten Zuwächsen von 170 g bzw. 130 g pro Kopf und Jahr. Auch der Bananenverbrauch steigt (+180 g/Kopf u. Jahr). Der Verbrauch von Erdbeeren, Trockenfrüchten, Kirschen, Pflaumen/Zwetschgen, Aprikosen und Pfirsichen blieb stabil.

Rückläufiger Verbrauch bei Getreideerzeugnissen und frischen Kartoffeln

Zwar hat der Nahrungsverbrauch von Weizenmehl seit 2007 um durchschnittlich ca. 300 g pro Kopf und Jahr signifikant zugenommen. Die Abnahme des Verbrauchs von Roggenmehl (-160 g/Kopf u. Jahr) und Brot und Brötchen (-430 g) führen insgesamt jedoch zu einem Rückgang des Verbrauchs an Getreideerzeugnissen. Auch der Verbrauch an frischen Kartoffeln ist mit -840 g pro Kopf und Jahr statistisch signifikant gesunken.

Tierische Lebensmittel – Der Fleischverbrauch ist mit 60 kg pro Kopf und Jahr immer noch zu hoch

Der Fleischverbrauch liegt seit einigen Jahren insgesamt weitgehend unverändert bei etwa 60 kg pro Kopf und Jahr. Zwar sinkt erfreulicherweise der Verbrauch von Schweinefleisch (-370 g/Kopf u. Jahr), bei Rind- und Kalbfleisch (+130 g) sowie Geflügel (+190 g) und Käse (+200 g) zeigt sich jedoch weiterhin ein Anstieg im Verbrauch. Fisch verbrauchen die Deutschen in den letzten 10 Jahren relativ stabil durchschnittlich etwa 14 bis 15 kg pro Kopf und Jahr. Bei Milch und Milchprodukten sind tendenziell sinkende Verbrauchsmengen erkennbar, am stärksten ist der Rückgang bei Milch mit -330 g pro Kopf und Jahr.

Getränke: Frucht- und Gemüsesäfte sowie Bier verlieren

Der Verbrauch von Mineralwasser steigt weiter um 1,5 l pro Kopf und Jahr und lag 2018 bei 154 l. Auch bei Kräuter- und Früchtetees steigt der Verbrauch um 400 ml pro Kopf und Jahr. Kaffee ist weiterhin beliebt mit Zuwächsen von 1,4 l pro Kopf und Jahr. Fruchtsäfte, -nektare und Gemüsesäfte sind mit -0,6 l pro Kopf und Jahr rückläufig im Verbrauch. Der Anstieg beim Verbrauch von Erfrischungsgetränken ist gestoppt und zeigt nur noch eine schwache positive Tendenz. Der Gesamtalkoholverbrauch sank weiterhin, wobei Bier mit einem Rückgang von -900 ml pro Kopf und Jahr am deutlichsten betroffen ist.

Was bedeuten die Lebensmitteltrends für unsere Gesundheit?

Der seit Jahren positive Trend beim Gemüseverbrauch ist erfreulich. Leider geht der Obstverbrauch seit etwa 2010 zurück. Auch der rückläufige Verbrauch bei den Getreideerzeugnissen ist unter Public-Health-Gesichtspunkten negativ zu bewerten und sollte in einen positiven Trend umgekehrt werden. Der Fokus sollte dabei insbesondere auf Vollkornprodukten als wichtiger Ballaststoffquelle liegen. Ebenso steht der steigende Verbrauch an Käse, Rind-, Kalb- und Geflügelfleisch nicht im Einklang mit dem Ziel einer pflanzenbetonten Ernährung. Tierische Lebensmittel sind nach den 10 Regeln der DGE eine wertvolle Ergänzung der Ernährung und erleichtern eine bedarfsdeckende Nährstoffversorgung. Da sie aber auch oft fettreich sind und vor allem gesättigte Fettsäuren liefern, sollte ihr Verzehr nur in kleinen Mengen erfolgen. So könnten gleichzeitig die unerwünschten Folgen für Gesundheit und Klima gemindert werden.

„Damit wir das Ziel einer pflanzenbetonten Ernährungsweise erreichen können, muss der Verbrauch von Gemüse inkl. Hülsenfrüchten, Obst, Getreide, Kartoffeln und Nüssen noch deutlich steigen und der Verbrauch von tierischen Lebensmitteln stark sinken“, fasst Gedrich die Ernährungssituation in Deutschland zusammen.

Hintergrundinformationen zur Agrarstatistik

Das erste Kapitel des DGE-Ernährungsberichts schreibt traditionell die Entwicklung des Lebensmittelverbrauchs auf der Ebene der für die Energie- und Nährstoffversorgung wichtigen Grundlebensmittel fort. Die Agrarstatistik liefert mit ihren jährlichen Angaben über die Produktion in der Landwirtschaft und im Ernährungsgewerbe die aktuelle Datengrundlage zum Lebensmittelverbrauch. Aufgrund der verbraucherfernen Datenerfassung beinhaltet sie auch Anteile wie Knochen, Tierfutter und Bio-Kraftstoff, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Unter der Annahme, dass diese im Zeitverlauf stabil bleiben, ermöglicht sie unter ernährungsepidemiologischen Gesichtspunkten wertvolle Einblicke in aktuelle Entwicklungen des Lebensmittelverbrauchs und lässt Rückschlüsse auf die Nährstoffversorgung der Bevölkerung zu.

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