Er gehört zu den schönsten und wichtigsten Momenten eines Frühchens und seiner Eltern: der direkte Körperkontakt außerhalb eines Brutkastens. Kuscheln mit den Eltern, die sogenannte Känguru-Methode, ist ein fester Bestandteil der entwicklungsfördernden Pflege. Dabei wird das Baby nackt, nur mit einer Windel bekleidet, auf den nackten Oberkörper der Mutter oder des Vaters gelegt und spürt so Herzschlag und Atmung, riecht die Haut und hört die Stimmen seiner Eltern. Dies fördert nachgewiesenermaßen die Eltern-Kind-Bindung und -Beziehung und damit auch die frühkindliche Entwicklung.

Eltern können aber nicht immer anwesend sein und es gibt auch Situationen, in denen aus medizinischen Gründen kein Känguruhen möglich ist. „Dafür gibt es jetzt eine neue Alternative“, erklärt Dr. Ilona Weis. Die Oberärztin der Kinder- und Jugendmedizin im Kemperhof freut sich, mit ihrem Team an einer Studie teilnehmen zu können und das  System testen zu dürfen. Dabei liegen die Frühchen im Brutkasten auf einer HighTech-Gelmatratze, die den Herzschlag und die Brustkorbbewegung von Vater und Mutter überträgt. „So wird dem Baby die Anwesenheit der Eltern simuliert.“ Im Vorfeld wird dazu ein Aufnahmegerät, genannt „Turtle“, auf die Brust von Mutter oder Vater gelegt. Diese „Schildkröte“ zeichnet Herzschlag und Brustkorbbewegungen auf und überträgt sie auf die Gelmatratze im Inkubator. Die aufgezeichneten Daten können jederzeit, also ohne die Anwesenheit der Eltern, abgespielt und übertragen werden. Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung des „Fördererverein Kinderklinik Kemperhof“ kommen hier jetzt zwei Geräte und Matratzen zum Einsatz.

„Die neonatologische Intensivstation im Kemperhof nimmt an einer Studie teil, die untersucht, inwieweit der Einsatz des Systems im Alltag einer Neugeborenen-Intensivstation zu einer Stabilisierung kleiner Frühgeborener führt“, berichtet Dr. Ilona Weis. „Es wurden bereits positive Effekte in einer Pilotstudie nachgewiesen.“ Insgesamt sollen jetzt alle Ergebnisse in einer multizentrischen Studie wissenschaftlich weiter untersucht werden. Hieran nehmen bundesweit bisher neun Level-1-Zentren in der Neonatologie teil. Das

Für Jörn Simon, Leiter der TK-Landesvertretung in Rheinland-Pfalz, ist die Hightech-Matratze ein hervorragendes und noch dazu emotionales Beispiel, was Digitalisierung im Gesundheitswesen erreichen kann. „Weil wir überzeugt sind von dem Potential des neuartigen Systems freuen wir uns, Partner dieses Projekts zu sein und das Start-up Babybe dabei zu unterstützen, sein Produkt in den Gesundheitsmarkt zu bringen."

Auch Chefarzt PD Dr. Thomas Nüßlein ist begeistert von der neuen Technik: „Diese Studie hat uns spontan angesprochen. Wir glauben, dass die Frühchen – und auch ihre Eltern – direkt von dieser Methode profitieren können. Wir haben in unserem Perinatalzen-trum den Anspruch, eine optimale und umfassende Versorgung zu bieten – auch in Coronavirus-Zeiten.“

In eben diesen bietet die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Kemperhof unverändert maximalen Einsatz und Sicherheit für Kinder – auch und gerade, wenn sie sehr klein und sehr krank sind. „Dafür steht unser sehr stabiler und erfahrener Personalstamm der Pflege und der Ärzte, was in Zeiten der Personalnot im Gesundheitswesen ein nicht zu ersetzendes Gut ist“, beschreibt Nüßlein sein engagiertes Team anlässlich des Weltfrühgeborenentags am 17. November. 

Fakten rund um den Weltfrühgeborenentag:

Der Weltfrühgeborenentag möchte über Landesgrenzen hinweg Frühgeburt und ihre Folgen thematisieren. Deutschlandweit werden pro Jahr ca. 60.000 Kinder zu früh geboren. Demnach ist eines von zehn Neugeborenen ein Frühchen. Damit sind Frühgeborene die größte Kinderpatientengruppe Deutschlands. Dennoch werden Probleme und Risiken für die weitere Entwicklung dieser Kinder nicht in entsprechendem Maß wahrgenommen. Daher machen jährlich am 17. November in ganz Europa, Afrika, Amerika und Australien Elternvertreter auf die Belange von Frühgeboren und ihren Familien aufmerksam .

Beschlossen wurde dieses Datum auf dem von der EFCNI (European Foundation for the Care of  Newborn Infants) initiierten ersten Europäischen Elterngruppentreffen am 18. November 2008 in Rom. Dieses Datum hat für einen der Stiftungsgründer der EFCNI eine ganz besondere Bedeutung. Nach dem Verlust von Drillingsfrühchen im Dezember 2006 wurde er am 17. November 2008 Vater einer gesund geborenen Tochter. Auf der Suche nach einem geeigneten Termin für den Weltfrühgeborenentag einigten sich die Elterngruppenvertreter daher schnell auf diesen bedeutsamen Tag, der nach all dem erfahrenen Leid sicher ein hoffnungsvoller und glücklicher Tag für die frischgebackenen Eltern gewesen sein dürfte.

         

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