Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller wollten bereits im März 2020 die Eckpunkte für das Lieferkettengesetz vorlegen. Doch der Termin ist erst einmal verschoben. Dass das Lieferkettengesetz kommt, ist aber sicher. „Das Gesetzesvorhaben ist umstritten. Allerdings besteht ein hoher öffentlicher Druck zum Handeln, hervorgerufen beispielsweise durch die Corona- Pandemie oder wegen der jüngsten Ereignisse in der deutschen Fleischindustrie. Die Politik ist gezwungen, aktiv zu werden“, kommentiert Marcus Büscher, Rechtsanwalt bei Ecovis in Düsseldorf. Gelten soll das Gesetz für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, unabhängig von Rechtsform und Herkunft des Betriebs. Das betrifft rund 7.300 Unternehmen in Deutschland.

Wozu sollen Unternehmen verpflichtet werden?

Das geplante Gesetz ist ein „Sorgfaltspflichtengesetz“. Es soll die Unternehmen dazu verpflichten, entlang der Supply Chain, also der Lieferkette, ihre Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen daraufhin zu untersuchen, ob international anerkannte Menschenrechte eingehalten werden. Konkret geht es dabei um

  • Zwangs- und Kinderarbeit,
  • Diskriminierung,
  • Verstöße gegen die Vereinigungsfreiheit, also etwa beim Bilden von Gesellschaften,
  • Arbeitsschutz sowie
  • Risiken für Gesundheit und Umwelt.
    Außerdem sollen Unternehmen verpflichtet werden, jedes Jahr einen Bericht zu erstellen und zu veröffentlichen, welche Präventionsmaßnahmen sie ergreifen.

Was die Firmen jetzt schon tun können

Unternehmen sollen – so die Eckpunkte des Lieferkettengesetzes – verpflichtet werden, ein Risikomanagementsystem einzuführen, um entsprechende Risiken zu erkennen. Nur so können Betriebe angemessen reagieren. Die Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen müssen, richten sich danach, wo Risiken auftauchen können, also am eigenen Standort, beim direkten Zulieferer oder ganz am Anfang der Lieferkette. „Je näher die Beziehung zum Zulieferer und je höher die Einwirkungsmöglichkeit, desto größer die Verantwortung zur Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten“, heißt es in dem Gesetzesentwurf.

Welche Haftungsrisiken sich ergeben können

Zu einer Haftung des Unternehmens für Schäden aufgrund von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung soll es nur dann kommen, wenn „diese bei Erfüllung der Sorgfaltspflicht vorhersehbar und vermeidbar waren“.

Die Möglichkeit, sich zu enthaften, also sich von einer Haftung befreien zu lassen, besteht dann, wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, dass die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten angemessen ausgeschöpft wurden (siehe Kasten Seite 13 unten). Sind die getroffenen Maßnahmen jedoch offensichtlich nicht ausreichend und ist eine Verbesserung nicht erkennbar, sollen Bußgelder verhängt und das Unternehmen zeitweise von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. „Ein Verstoß wird auch eine persönliche Haftung der Geschäftsführer und Vorstände der Unternehmen, die für die Nichteinhaltung der Sorgfaltspflichten verantwortlich sind, nach sich ziehen“, sagt Büscher.

Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?

Zunächst ist das Risikomanagement um Aspekte wie Diskriminierung oder Zwangs- und Kinderarbeit zu erweitern, falls diese Themen bislang nicht abgedeckt werden. Danach sind Lieferanten und deren Vorlieferanten daraufhin zu untersuchen, ob diese die vorgeschriebenen Regeln genau einhalten. Alle Ergebnisse sind gut zu dokumentieren. Denn nur so lässt sich die eigene Sorgfalt nachweisen.

Die Berichtspflichten werden umfangreicher. „Um die zukünftigen Anforderungen zu erfüllen, sollten sich Unternehmen mit Experten zusammenschließen, um ein Berichtsformat zu definieren und die erforderlichen Informationen zu erheben. Und es bietet sich an, die Berichtspflichten des Lieferkettengesetzes in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen“, empfiehlt Büscher (siehe Beitrag Seite 14).

Wie Sie sich enthaften können

Eine große Herausforderung wird in Zukunft die vertragliche Enthaftung der Unternehmen und ihrer Organe sein. Sie müssen mit ihren Zulieferern und Kooperationspartnern vereinbaren, dass sie die Sorgfaltspflichten aus dem Lieferkettengesetz einhalten. Diese Punkte sind den Vertragspartnern sehr genau vorzugeben und in Verträgen aufzunehmen:

• Das Recht zur regelmäßigen Überwachung der Einhaltung der Pflichten
• Sofortige Kündigungsmöglichkeiten bei Sorgfaltspflichtverletzungen
• Übernahme von Schäden durch den Auftragnehmer, die dem Auftraggeber infolge von Pflichtverletzungen des Auftragnehmers entstehen

Marcus Büscher, Rechtsanwalt bei Ecovis in Düsseldorf

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