Die Helmholtz-Medaille 2022 der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften geht an die ungarische Biochemikerin Katalin Karikó für ihre bahnbrechenden biochemischen Arbeiten. Mit ihren Forschungen hat sie die Grundlage für wirksame mRNA2-basierte Therapeutika und Impfstoffe geschaffen, insbesondere für die schnelle Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 (BioNTech und Moderna). Die Helmholtz-Medaille wird am 4. Juni 2022 im Rahmen des Leibniztags in der Akademie der Wissenschaften verliehen.

Katalin Karikó wurde in Szolnok/Ungarn geboren und studierte Biologie und Biochemie an der Universität Szeged, wo sie 1982 promovierte. 1985 ging sie als Postdoc an die Temple University (Philadelphia, USA), wo ihre RNA-Arbeiten begannen.1989 wurde sie Research Assistant Professor am Department of Medicine an der University of Pennsylvania. Doch schon bald hatte sie Schwierigkeiten mit der Finanzierung ihrer Grundlagenforschung zu RNA-basierter Gentherapie. 1995 wurde sie zum Senior Research Investigator „degradiert“, nachdem ein Projektantrag nicht genehmigt worden war. Mit großer Hartnäckigkeit setzte sie ihre Forschung unter schwierigen materiellen Bedingungen fort. 1997 erhielt sie mit Unterstützung eines Kollegen, Drew Weissman, der damals über das HIV forschte, erneut Projektmittel. Mit bemerkenswerter Ausdauer erforschte sie die RNA-basierte Gentherapie weiter, obwohl diese auf vielfältige Probleme stieß (Instabilität, Immunreaktionen) und die hohen therapeutischen Erwartungen durch den Tod eines Patienten plötzlich enttäuscht wurden.

Ab 2004 publizierte Katalin Karikó eine Reihe von Arbeiten über spezielle mRNA-Modifikationen (einige gemeinsam mit Drew Weissmann), die unerwünschte sequenzunabhängige Immunreaktionen dramatisch verringern konnten. Darin zeigte sie, dass die RNA-Injektion in Zellen Immunantworten über Toll-artige Rezeptoren auslöst. Das allein war schon eine fundamentale Erkenntnis, die eine vollkommen neue Dimension der RNA-Regulation und der Anti-RNA-Abwehr im Immunsystem von Säugetieren aufzeigte.

Zwischen 1990 und 2010 erschien eine große Zahl von Arbeiten über RNA-Modifikationen, aber Katalin Karikós Substitution von Uridine durch Pseudouridine war der Schlüssel zu einer erfolgreichen Therapie. Auch verschiedene Reinigungsverfahren trugen dazu bei, die Immunogenität zu verringern und die Aufnahme in Zellen zu beschleunigen. Die Forschung von Katalin Karikó trug wesentlich dazu bei, dass es möglich wurde, Immunzellen mit mRNA so zu stimulieren, dass diese den Körper gegen aggressive Tumore schützen. 2013 erhielten Katalin Karikó und Drew Weissmann ein Patent über „RNA-modification for reducing antiviral immune reactions in response to mRNA“ (US8278036B2). Die Rechte blieben bei der University of Pennsylvania und sowohl Moderna als auch BioNTech erwarben Lizenzen, um ihre SARS-CoV-2-Impfstoffe zu entwickeln.

Trotz ihrer großen Forschungserfolge wurde Katalin Karikó an der University of Pennsylvania nicht auf eine Professur auf Dauer berufen und nahm deshalb ein Angebot von Ugur Sahin an, in die Firma BioNTech einzutreten, wo sie heute Senior Vice President ist. An der University of Pennsylvania ist sie weiterhin Adjunct Professor an der Perelman School of Medicine. Seit Anfang 2020 wurden die von ihr entwickelten Methoden genutzt, um den ersten zugelassenen Anti-SARS-CoV-2-Impfstoff zu entwickeln. Bereits wenige Tage, nachdem die Pandemie ausgerufen wurde, konnte dank ihrer Methoden der erste Mensch in einem Phase I-Test geimpft werden. Die Bedeutung der Methodik und Strategie von Katalin Karikó reicht weit über den spektakulären Erfolg bei der SARS-CoV-2-Impfstoffentwicklung hinaus. Fortschritte bei der Krebstherapie scheinen nun erreichbar.

Mit ihrer kreativen und ausdauernden Grundlagenforschung hat Katalin Karikó die Medizin grundlegend gewandelt. Mit der Verleihung ermutigt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften auch diejenigen Forscherinnen und Forscher, die mit ausdauernder kreativer Forschung und abseits der jeweiligen Forschungs- oder Förderschwerpunkte Grundlagen für spätere Anwendungen zum Nutzen der Gesellschaft schaffen.

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