Russland hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie fragil der Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Wir haben uns auf einen Energielieferanten verlassen, der in der Vergangenheit zuverlässig geliefert hat und das zu attraktiven Preisen. Jetzt droht eine Beendigung der Lieferungen, die nicht ohne weiteres ersetzt werden können. Viele deutsche Unternehmen haben in Russland eigene Standorte aufgebaut, die nun im schlimmsten Fall abgeschrieben werden müssen.

Nun alles in Bausch und Bogen zu verdammen, wäre dennoch ein Fehler. Ohne die über Jahrzehnte kontinuierlich entwickelten wirtschaftlichen Beziehen, wäre die deutsche Wiedervereinigung nicht möglich gewesen. Die sichere Energieversorgung aus Russland hat einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsstärke der in Deutschland ansässigen Industrie geleistet. Russland war für die deutsche Wirtschaft nie der wichtigste aber immer ein wichtiger Markt. All die deutschen Unternehmen, die Standorte in Russland gegründet haben, haben dort Arbeitsplätze geschaffen und damit ein Zeichen für die Leistungsstärke marktwirtschaftlich agierender Unternehmen gesetzt.

Was bringt die Zukunft?

Die Zukunft der deutsch-russischen Beziehungen entscheidet sich in Kiew. Nur wenn es zu einer Verständigung der Ukraine mit Russland kommt, haben die deutsch-russischen und damit einhergehend auch die deutsch-ukrainischen Wirtschaftsbeziehungen eine Perspektive. 

Resilienz

Unabhängig davon gibt es auch in Deutschland Reformbedarf. Es wird nicht damit getan sein, nur die Energieversorgung Deutschlands auf breitere Füße zu stellen. Das Thema Versorgungssicherheit zieht sich durch viele Politikfelder. Das gilt zum Beispiel für die deutsche Stahlindustrie. Diese droht der ambitionierten europäischen Klimaschutzpolitik zum Opfer zu fallen. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf ein breites Spektrum von Industriezweigen.

Freihandel

Deutschland hat immer gut davon gelebt, dass es – eingebunden in einen großen europäischen Markt – immer mit der ganzen Welt Geschäfte gemacht hat. Dieser Weg ist nicht ohne Risiko. Das hat der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine schmerzhaft deutlich gemacht. Dennoch sollten wir auch weiterhin am Freihandel festhalten. Unter einer Politik der Entkopplung, wie sie nicht nur von China, sondern auch von den USA propagiert wird, werden wir viel stärker als diese Länder leiden. Darum muss es gelingen, gemeinsam mit den europäischen Partnern, ein stabiles weltweites Handelsnetz zu erhalten und auszubauen. In diesem Zusammenhang ist es ein gutes Zeichen, dass das deutsch-kanadische Handelsabkommen CETA eine weitere rechtliche Hürde genommen hat.

Wettbewerbsstärke

Auch beim Thema Wettbewerbsstärke kann Deutschland nicht alles alleine entscheiden, wie das Thema Stahlindustrie deutlich zeigt. Es ist richtig, der Weg Europas hin zu mehr Klimaschutz kann der richtige Ansatz für mehr Wettbewerbsstärke der europäischen Wirtschaft sein. Europa ist ein großer Markt. Europa ist aber keine Insel. Es muss gelingen, die Folgen des Ukraine-Kriegs mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, der steigenden Inflation und der Klimaschutzpolitik zusammenzudenken. All das wird nur ein wettbewerbsstarkes Europa bewältigen können. Darum gehören alle europäischen Gesetzesinitiativen auf den Prüfstand, die einen negativen Einfluss auf die Wettbewerbsstärke europäischer Unternehmen haben.  

 … und in Deutschland?

Was für Europa gilt, gilt erst recht für Deutschland. Der Druck auf dem Kessel steigt, alleine auf Grund des starken Anstiegs der Energiepreise. Darum ist es wichtig, die Wirtschaft nicht zusätzlich zu belasten. Der Bundeswirtschaftsminister ist in der Verantwortung als starke Stimme der Wirtschaft bei seinen Kabinettskollegen Vorrang für eine wettbewerbsstarke deutsche Wirtschaft einzufordern.   

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