Die Diskussionen über einen Zahlungsausfall bei russischen Staatsanleihen nehmen zu, nachdem am vergangenen Mittwoch eine Zinszahlung an ausländische Anleihegläubiger nicht geleistet wurde. Sobald die 30-tägige Versäumnisfrist ablaufe, komme es somit zu einem technischen Zahlungsausfall. „Namhafte Ratingagenturen bestätigen bereits, dass Russland ‚unmittelbar‘ vor der Staatspleite stehe. Dies weckt Erinnerungen an die russische Zahlungsunfähigkeit im Jahr 1998, die von einer kräftigen Korrektur begleitet wurde“, so Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments. Wie schlimm wird es dieses Mal?

Eine Pleite der technischen Art

Eigentlich sei die russische Staatskasse gut gefüllt, allerdings lägen strukturelle „technische“ Probleme vor. Einerseits habe die russische Zentralbank ein Problem damit, Kuponzahlungen an ausländische Inhaber freizugeben, auf der anderen Seite müssten die westlichen Clearingsysteme die Zahlungen ebenfalls erst einmal akzeptieren – was aktuell aufgrund der verhängten Sanktionen nicht mehr möglich sei. „Wer Anleihen in Rubel hält, hat schon heftige Währungsverluste einstecken müssen, die hohe Ausfallwahrscheinlichkeit für Anleihen in Euro oder US-Dollar signalisiert der Markt bereits jetzt durch explodierende Zins-Spreads“, meint Grüner.

Dennoch dürften die Auswirkungen einer möglichen Zahlungsunfähigkeit Russlands begrenzt sein. Am Ende des Jahres 2021 hielten ausländische Investoren nur 20 Milliarden US-Dollar an russischen Staatsschulden in „Fremdwährung“ (hauptsächlich in US-Dollar und Euro) und rund 41 Milliarden US-Dollar in der „Heimatwährung“ Rubel, die in der Zwischenzeit stark abgewertet wurde. Zum Vergleich: Auf den weltweiten Märkten für Staatsschulden und Währungen werden tägliche Volumina in Billionenhöhe gehandelt.

Das Auslandsengagement in russischen Unternehmensanleihen sei etwas größer und habe sich im September letzten Jahres auf rund 75 Milliarden US-Dollar belaufen. Allerdings stelle sich die Lage in diesem Segment auch etwas stabiler dar. „Die meisten Emissionen fanden außerhalb Russlands statt, zudem verfügen russische Unternehmen über Dollar- und Euro-Bankguthaben im Ausland, um die Schuldenzahlungen zu finanzieren“, erläutert Grüner.

Mangel an Überraschungen

„Wie immer haben die Märkte die wahrscheinlichsten Szenarien frühzeitig antizipiert und eingepreist. Wir bezweifeln, dass es zu nennenswerten Ansteckungseffekten durch den russischen Zahlungsausfall kommt. Der Vergleich zu den späten Neunzigern ist nicht angebracht. Russland hat sich heute ein ‚isoliertes‘ Problem geschaffen, zudem waren in der Vergangenheit die Anleihemärkte der Schwellenländer vor allem deshalb anfällig, weil sie Fremdwährungsschulden bedienen und gleichzeitig feste Wechselkurse beibehalten mussten, die sie nicht verteidigen konnten“, stellt Grüner fest. Heute existierten kaum noch Währungsanbindungen und die meisten Schwellenländer hätten große Reserven zur Unterlegung ihrer Schulden angehäuft.

Fazit

Russland verfüge offensichtlich über einen großen geopolitischen Fußabdruck. „Im Verhältnis dazu ist das russische Wirtschafts- und Finanzsystem allerdings relativ klein und für die globalen Märkte (mit Ausnahme des Energiesektors) nur von geringfügiger Bedeutung. Ob Russland nun offiziell in der Zahlungsunfähigkeit landet oder nicht, eines ist so gut wie sicher: Putins Entscheidung, in ukrainisches Territorium einzumarschieren, wird für viele weitere Jahre dafür sorgen, dass Russland auf der wirtschaftlichen Weltkarte nur eine untergeordnete Rolle spielt“, bilanziert Grüner.

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Über die Grüner Fisher Investments GmbH

Grüner Fisher Investments (GFI) ist eine Vermögensverwaltungsgesellschaft mit eigenem Ermessensspielraum, die vorwiegend vermögende Privatpersonen und Familien in Deutschland, Österreich und der Schweiz betreut. Grüner Fisher Investments ist Mitglied im Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) und ist ein durch die BaFin lizensiertes und beaufsichtigtes Institut. GFI wurde als Top-Vermögensverwalter von Capital (2019), als Top-Arbeitgeber im Mittelstand (2019) von Focus und als "Great Place to Work" (2020, 2021) von Great Places to Work ausgezeichnet. Das Unternehmen ist eine deutsche Tochtergesellschaft von Fisher Investments in den USA, einem der größten unabhängigen Vermögensverwalter der Welt. Zum 31.03.2021 verwaltete Fisher Investments und seine Tochtergesellschaften ein Vermögen von über 143 Mrd. EUR – über 93 Mrd. EUR für nordamerikanische Privatanleger, 34 Mrd. EUR für institutionelle Anleger, 14 Mrd. EUR für europäische Privatanleger und 1 Mrd. EUR für die Altersvorsorge kleiner und mittlerer Unternehmen in den USA. Fisher Investments unterhält vier Hauptgeschäftsgruppen: US Private Client, Institutional, Private Client International und 401(k) Solutions, die einen globalen Kundenstamm bedienen. Der Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, Ken Fisher, schrieb von 1984 bis 2016 die Forbes-Kolumne "Portfolio Strategy" und ist damit der am längsten ununterbrochene Kolumnist in der Geschichte der Zeitschrift. In den letzten Jahren erschienen Ken Fishers Kolumnen durchgängig in den wichtigsten Medien in fast allen westeuropäischen Ländern, einschließlich Focus Money in Deutschland, sowie in wichtigen asiatischen Ländern, und damit in mehr Ländern und mit mehr Umfang als jeder andere Kolumnist in der Geschichte. Fisher ist außerdem Autor von 11 Büchern, darunter vier New York Times-Bestseller zum Thema Finanzen und Investieren.

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