– Mittelstand als Leidtragender der Strategielosigkeit der Großunternehmen
– Innovative Führungskräfte bleiben fern, weil sie keine Chancen sehen, ihre Ideen umzusetzen
Die deutsche Industrie steht am Scheideweg und daran ist nicht allein die durch den Ukrainekrieg eskalierte Energieabhängigkeit des Landes Schuld. Zu lange haben wir uns auf den Lorbeeren unsere Wirtschaftskraft ausgeruht. Jetzt droht das Kartenhaus zusammenzufallen, entsinnen wir uns nicht bald einer wichtigen demokratischen Tugend: dem Zusammenhalt. Was passiert momentan in Deutschland? Durch die Energiekrise drohen energieintensive Unternehmen abzuwandern oder Pleite zu gehen. Deindustrialisierung lautet dieses Unwort. Vor allem den Mittelstand, Deutschlands Innovations- und Wachstumsgarant, könnte dies besonders hart treffen. Denn die kleineren Unternehmen können nicht einfach ihre Produktion in Länder verlagern, die aktuell mit günstigen Energiepreisen locken. Dieser Schritt ist Großunternehmen vorbehalten. Doch wenn die Großkonzerne Deutschland den Rücken kehren, ist dies eine durchaus egoistische Entscheidung, denn von ihnen ist der Mittelstand als ihr Zulieferer abhängig.
Am Beispiel der Automobilindustrie wird das Dilemma mit all seinen Verwicklungen anschaulich. Seit Jahren diskutiert die Branche über die „richtige“ Antriebstechnologie für die Zukunft. Bis heute ist die Frage ungeklärt. Doch während Deutschland noch diskutiert und abwägt, welcher Antrieb zukunftsweisend ist, tritt die chinesische Konkurrenz massiv in den Markt ein. Ihr Ansatz bei E-Autos: Produzieren zu erschwinglichen Preisen bringt schnell Marktanteile. Bestärkt wird dies vom politischen Credo einer klimafreundlichen Mobilität für Deutschland. Das alles stört die deutschen Autohersteller nur bedingt, denn dem Markt der Klein- und Mittelklassewagen gilt längst nicht mehr ihr vornehmliches Interesse. Deutschlands Automobilindustrie denkt groß. Allein ihnen fehlt das große Ziel. Doch wenn sie sich nicht festlegen, wohin die Transformation im Automobilsektor gehen soll, können die Zulieferer – und hier vor allem die kleinen, innovativen Mittelständler ihre eigene, aber notwendige Transformation nicht vorantreiben. Ihnen droht also nicht nur durch die Energiekrise eine Pleitewelle, sondern ebenfalls durch ihre Abhängigkeit von den OEMs und deren mangelnde Richtungsweisung sowie ihr Unwille, die Investitionsrisiken der Zulieferer zumindest in Teilen mitzutragen.
Der deutschen Autoindustrie fehlt es weiterhin an einem zukunftsfähigen Fahrplan und gleichsam an einer Innovationskultur, die der Schnelligkeit des Wandels gerecht wird. Das zeigt sich an einem anderen Punkt, den wir im Executive Search erleben. Hier trifft die Kultur der Eigengewächse auf die Kultur der Innovatoren mit Start-up-Mentalität. Ein Clash der Kulturen, der meist damit endet, dass die Start-up-Generation ernüchternd aufgibt, weil die Beharrungskräfte in der Unternehmenskultur der Traditionsunternehmen einfach zu stark sind. Ein Umstand, der selbst Vorstände zum Verzweifeln bringt. Zu oft bleiben Innovation Hubs oder Venture Hubs, die im Marketing der Automanufakturen als die Ideen- und Innovationsschmiede beworben werden, nur eine kreative Außenstelle ohne Schlagkraft. Wirkliche Veränderungen werden trotz guter Ideen und Ansätze nur zu selten in den Prozessalltag integriert. Die Kritik: Zu aufwändig. Zu unsicher. Dabei fehlt es weniger an dem Commitment des Vorstands als am mangelnden Mut und der Flexibilität der operativen Entscheidungsträger.
Wir erleben es nicht selten, dass geeignete Kandidaten aus anderen Branchen ein Angebot ablehnen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass ihre Arbeitsweise nicht mit der der Unternehmen harmoniert und Innovationen an der Abzweigung zur Umsetzung ausgebremst werden. Diese Innovationslethargie ist kein spezifisches Phänomen der Automobilindustrie, sondern vielmehr ein Resultat der Führungs- und Unternehmenskultur in Deutschland. Wie das diesjährige Manager Barometer (s. Link unten) von Odgers Berndtson bestätigt, hält die Mehrheit der deutschen Führungskräfte mehr an individuellen Wohlfühlfaktoren fest, als für Innovationen die Extra-Meile zu gehen. Doch wie lange können Spaß an der Arbeit und das Gefühl einer sinnhaften Tätigkeit und eines guten Arbeitsklimas anhalten, wenn keine Innovationen vorangetrieben werden, die nötig sind, um gemeinsam die deutsche Industrie in Krisenzeiten am Leben zu erhalten?
Wer übernimmt die Innovationsführerschaft in Deutschland und damit die Verantwortung für eine funktionierende Wirtschaft, die dem Standort Deutschland neue Perspektiven bringt? Deutschland braucht die empathischen Macher, die ganzheitlich denken und Branchen und Mitarbeitende mit mutigen Ideen in die Zukunft führen können. Doch wenn die deutsche Industrie, wie die Automobilbranche als bedeutendster Industriezweig zeigt, sich weiterhin selbst ausbremst, werden mit den Unternehmen auch die Führungskräfte verschwinden oder ins Ausland abwandern.
Odgers Berndtson ist seit mehr als 50 Jahren eines der weltweit führenden Unternehmen für Executive Search und Leadership Assessment. Das Unternehmen sucht Führungskräfte und Spezialist:innen für Unternehmen in allen Branchen, öffentlichen Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen. Odgers Berndtson Deutschland ist inhabergeführt und beschäftigt aktuell 100 Mitarbeiter:innen in Frankfurt und München. Weltweit sind rund 1.000 Mitarbeiter:innen an 66 Standorten in 32 Ländern für Odgers Berndtson tätig. Die Berater:innen arbeiten in international vernetzten Industry Practices, die sich auf die branchenspezifischen Bedürfnisse ihrer Klient:innen konzentrieren. Mehr Informationen unter www.odgersberndtson.com.
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