Die Elbphilharmonie hat am Dienstag ihr Programm für die Saison 2023/24 präsentiert. Mit großen Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Royal Concertgebouw Orchestra oder den amerikanischen Klangkörpern aus Boston und Philadelphia sind wieder die großen Namen der Klassikwelt in Hamburg zu Gast. Freuen kann man sich auf Publikumslieblinge wie Yuja Wang, Sir Simon Rattle, Lisa Batiashvili, Klaus Mäkelä, Daniil Trifonov, Teodor Currentzis, Janine Jansen und Sir John Eliot Gardiner. Die Saisoneröffnung am 5. September übernehmen Chor und Orchester der Mailänder Scala unter Riccardo Chailly mit einem Verdi-Programm. Der britische Songwriter Elvis Costello tritt ebenso auf wie die fünffache Grammy-Gewinnerin esperanza spalding, der brasilianische Altmeister Caetano Veloso und die frischgebackene Pulitzerpreisträgerin Rhiannon Giddens. Schwerpunkte gelten unter anderem dem Ausnahmepianisten Sir András Schiff, der vielfach ausgezeichneten, in Berlin lebenden britischen Komponistin Rebecca Saunders sowie der Musik Kurdistans. US-Jazzgitarrist Bill Frisell kuratiert einen mehrtägigen »Elbphilharmonie Reflektor« und Multimediakünstler André Heller bespielt eine Woche lang das ikonische Konzerthaus im Hamburger Hafen. Im März 2024 wird der 100. Geburtstag des italienischen Komponisten Luigi Nono gefeiert. Unter den programmatischen Höhepunkten finden sich zahlreiche Opernaufführungen, darunter die deutsche Erstaufführung von »Fin de partie«, der einzigen Oper von György Kurtág, eine historisch informierte »Carmen« mit René Jacobs und Bernd Alois Zimmermanns monumentales Jahrhundertwerk »Die Soldaten«. An Silvester steht mit Offenbachs »Orpheus in der Unterwelt« ein Highlight aus dem Operettenfach auf dem Programm. Abonnements für die Saison 2023/24 sind ab sofort auf www.elbphilharmonie.de buchbar, Einzelkarten für die meisten Veranstaltungen können ab dem 6. Juni erworben werden.

Schon in den Eröffnungswochen direkt im Anschluss an den Elbphilharmonie Sommer breitet sich das Elbphilharmonie-Programm in seiner ganzen hochqualitativen Vielfalt aus. Nach den ersten Konzerten der Hamburger Orchester und der Saisoneröffnung mit der Mailänder Scala unter Riccardo Chailly am 5. September finden je zwei Konzerte mit dem Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons (6./7.9.) sowie von François-Xavier Roth und seinem Originalklangorchester Les Siècles statt (26./27.9.). Das Bayerische Staatsorchester kommt anlässlich seines 500-jährigen Bestehens mit der »Alpensinfonie« nach Hamburg (10.9.), Iván Fischer präsentiert eine semiszenische Aufführung von Debussys »Pelléas et Mélisande« mit dem Budapest Festival Orchestra (16.9.) und Teodor Currentzis dirigiert Schostakowitschs Sinfonie Nr. 13 mit dem SWR Symphonieorchester (30.9.). Jenseits der Klassik sind Elvis Costello (19.9.) und Caetano Veloso (4.10.) ebenso zu Gast wie Italojazzlegende Enrico Rava mit Fred Hersch (25.9.) und Oumou Sangaré aus Mali (31.10.). Eine Riege hochkarätiger ECM-Künstler:innen gratuliert Labelgründer Manfred Eicher zum runden Geburtstag (29.9.).

Sir András Schiff zeigt in der kommenden Saison seine künstlerische Vielfältigkeit gleich in einer Reihe von Konzerten – mit Werken von Bach, Mozart, Dvořák, Brahms und anderen; als Solist an der Seite großer Orchester, im Rezital, als Kammermusiker und nicht zuletzt als Ensembleleiter. Zum Auftakt bietet er dem musikalischen Nachwuchs seines Mentoringprogramms »Building Bridges« eine Plattform (9.1.). Jakub Hrůša hat inzwischen nicht nur bei allen wichtigen Orchestern der Welt seinen Einstand gegeben. Er ist auch designierter Musikdirektor des Royal Opera House in London. In Hamburg darf man sich nun in gleich fünf Konzerten von seiner Qualität am Pult überzeugen. Thomas Hengelbrock intensiviert seine Tätigkeit mit seinen Balthasar-Neumann-Ensembles auf den Podien von Elbphilharmonie und Laeiszhalle. Neben geistlichen Werken für Chor und Orchester, darunter Brahms’ »Deutsches Requiem« (17.2.) und Mendelssohns »Lobgesang« (18.2.), steht mit Glucks »Iphigénie en Tauride« erneut eine gewichtige Oper auf dem Programm (24.5.). Weitere führende Interpreten wie Sir John Eliot GardinerJordi SavallFrançois-Xavier RothRaphaël PichonRené Jacobs und Philippe Herreweghe leiten Konzerte mit jeweils selbstgegründeten Originalklangorchestern.

Zwei außergewöhnliche Künstler-Persönlichkeiten wurden eingeladen, um je ein mehrtägiges »Reflektor«-Festival in der Elbphilharmonie zu kuratieren. Der US-Jazzgitarrist Bill Frisell zeigt sich als improvisierender Kammermusiker in kleinen Besetzungen (25./26.11.). Für die New York Times ist Frisell der »bedeutendste und am häufigsten imitierte Jazzgitarrist seit den frühen 1980er-Jahren«. Eine singuläre Position in der zeitgenössischen Kunstlandschaft nimmt André Heller ein, der auf eine 60-jährige Karriere als Chansonnier, Poet, Theater- und Ausstellungsmacher, Regisseur, Maler und Multimediakünstler zurückblicken kann. Mit ANIMA hat Heller einen fantastischen Garten vor den Toren von Marrakech geschaffen, nach dem er nun auch sein Elbphilharmonie-Projekt benannt hat. Eine Woche lang wird die Elbphilharmonie zum Ort für Hellers sinnliche Entdeckungslust (16.–24.3.). Das genaue Programm wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Zukunftsweisende Musik und transdisziplinäre Produktionen haben von Beginn an einen festen Platz in der Elbphilharmonie. Rebecca Saunders wurde 2019 als erste Komponistin überhaupt mit dem renommierten Ernst von Siemens Musikpreis ausgezeichnet – dem inoffiziellen Nobelpreis der Musik. Fünf Konzerte ermöglichen nun einen Blick auf ihre schöpferische Entwicklung der vergangenen zehn Jahre. Für »Yes / Eine räumliche Performance« nach James Joyces »Ulysses« wird gleich der ganze Saal in Beschlag genommen (24.11.). Mit Sasha Waltz (7.1.) und der CocoonDance Company (28.2.) kehrt der zeitgenössische Tanz zurück in die Elbphilharmonie. Mit dem Arditti Quartet (11.5.) und dem Kronos Quartet (14.5.) feiern zwei der wichtigsten Streichquartette der Gegenwart ihren jeweils 50. Geburtstag.Im Fokus stehen in der neuen Saison außerdem zwei Ikonen der Neuen Musik: György Kurtág gilt als Meister der Miniaturen. Bis heute übt die kondensierte Musik des 1926 geborenen ungarischen Kom-ponisten einen tiefgreifenden Einfluss auf junge Komponist:innen aus. Eine deutsche Erstaufführung steht mit seiner 2018 unter weltweiter Beachtung uraufgeführten Beckett-Oper »Fin de partie« an (14.10.). Der Italiener Luigi Nono war einer der prägenden Komponisten der Nachkriegsavantgarde. 2024 hätte er seinen 100. Geburtstag gefeiert – zu diesem Anlass wird eine Auswahl seiner wichtigsten Kompositionen aufgeführt. Von großer politischer Dringlichkeit ist »Il canto sospeso« (15.3.). Nono vertonte darin letzte Briefe von zum Tode verurteilten jungen Frauen und Männern aus dem europäischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs. In weiteren Konzerten sind das SWR Experimentalstudio (14.3.) sowie das französische Quatuor Diotima (13.3.) zu hören.

Dreimal tritt Teodor Currentzis gemeinsam mit dem SWR Symphonieorchester in der Elbphilharmonie auf. Zu Beginn der Saison präsentiert er Schostakowitschs Sinfonie Nr. 13 (30.9.), deren Beiname »Babi Jar« auf eine Schlucht nahe Kyiv verweist, in der 1941 eines der größten Wehrmachtsmassaker des Zweiten Weltkriegs stattfand, dem vor allem ukrainische Juden zum Opfer fielen. Der Text von Jewgeni Jewtuschenko ist auch eine scharfe Kritik am Antisemitismus in der Sowjetunion. Im Juni 2024 bringt Currentzis zum Abschluss seiner Zeit als Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters das »War Requiem« von Benjamin Britten auf die Bühne (16.6.).

Zwei Monumente der Klaviermusik werden von verschiedenster Seite beleuchtet: Franz Liszts h-Moll-Sonate ist ein einzigartiger Drahtseilakt zwischen Verzweiflung und Freudentaumel. Fünf sehr persönliche Versionen sind in der neuen Saison zu hören, eingebettet in unterschiedliche musikalische Kontexte. Am Flügel nehmen unter anderem die Chopin-Klavierwettbewerb-Gewinnerin Yulianna Avdeeva (17.2.) und junge Durchstarter wie der israelische Pianist Yoav Levanon (19.10.) Platz. Bachs »Goldberg-Variationen« sind ein Meisterwerk der barocken Variationskunst. Ihr enormer Facettenreichtum ist in Elbphilharmonie und Laeiszhalle gleich mehrfach zu erleben – in wechselnder Instrumentation. Víkingur Ólafsson nimmt in zwei Konzerten am modernen Flügel Platz (Laeiszhalle, 10.10., Elbphilharmonie, 25.6.), Jean Rondeau stellt die originale Version für Cembalo vor (4.12.). Ganz andere Klangsphären betreten ein Streichtrio (21.12.) sowie eine Kombination aus Saxofon, Akkordeon und Cello (14.4.).

Eigens für junge Musikerinnen und Musiker, die bereits auf der Zielgeraden zu einer internationalen Karriere sind, hat die Elbphilharmonie die Reihe FAST LANE ins Leben gerufen. An sechs Abenden sind wieder hochcharismatische Interpret:innen zu hören, die zurzeit mit neuen Ideen und mutigen Programmen Aufsehen erregen. Von Théotime Langlois de Swarte und Thomas Dunford als spannendem Duo an Barockvioline und Laute (15.4.) über Klassik-Durchstarter wie Randall Goosby (Violine, 16.10.), Julia Hagen (Violoncello, 12.9.) und Mao Fujita (Klavier, 6.5.) bis hin zum singenden Shooting-Star des Jazz: der doppelten Grammy-Preisträgerin Samara Joy mit ihrer Band (7.11.).

Iran und Irak, Syrien und die Türkei: Über einen immens großen geografischen Raum erstreckt sich die kurdische Kultur. Dabei befindet sie sich in einer permanenten Ausnahmesituation – Zersplitterung auf mehrere Länder und ins weltweite Exil sowie Zensur und Verfolgung. Den Reichtum der kurdischen Musik feiert nun das Festival KURDISTAN (17.–19.11.). Mit der alevitischen Sängerin Aynur ist der größte kurdische Vokalstar zu Gast. Die Trauer über die Gräueltaten Saddam Husseins hat der führende iranisch-kurdische Stachelgeigen-Virtuose Kayhan Kalhor in einer Komposition verdichtet. In einem zweiten Konzert lässt sich Kalhor auf ein intimes Duo mit der Langhalslaute Bağlama von Erdal Erzincan ein. Danûk heißt ein syrisch-kurdisches Ensemble, dessen Mitglieder vor dem Krieg in Syrien flüchteten. In Wien hat sich mit dem iranisch-irakischen Ensemble Kurdophone eine jazzige Exilstimme etabliert, die kurdische Musik anhand von Phonogramm-Aufnahmen neuinterpretiert und erstmals in der Elbphilharmonie zu hören sein wird. Am Finaltag widmen sich schließlich mehrere Konzerte samt Rahmenprogramm dem Reichtum der Region Dersim, der heutigen Provinz Tunceli.

Eine Konzertreihe widmet sich der Jazz-Harfe. Brandee Younger wandelt mit ihrem kosmisch-majestätischen Spiel auf den Spuren der großen afro-amerikanischen Harfenistinnen Dorothy Ashby und Alice Coltrane (25.10.). Die Schweizerin Julie Campiche entwirft im Quartett mit feinen elektronischen Veränderungen des Harfenklangs eine faszinierende Klangwelt (6.12.). Kathrin Pechlof aus Köln erfindet mit ihrem langjährigen Trio eine aufs Wesentliche reduzierte, geheimnisvolle, zugleich lyrische wie abstrakte Kammermusik (19.1.). Und der Kolumbianer Edmar Castañeda vollbringt auf seinem elektrisch verstärkten Instrument virtuose Hochseilakte (12.3.).

Auch neben diesem Schwerpunkt bietet die Elbphilharmonie wie gewohnt ein reiches Jazz-Programm, das neben Konzerten von Stammgästen wie Brad Mehldau (11.5.), Jason Moran (19.4.) oder Wolfgang Muthspiel (21.10.) auch einige Sonderprojekte umfasst. So präsentiert Cécile McLorin Salvant mit dem großbesetzten und abendfüllenden »Ogresse« ein Lieblingsprojekt, an dem sie Jahre gearbeitet hat (9.3.). Ein besonderes Highlight wird das Elbphilharmonie-Debüt von esperanza spalding im Rahmen eines All-Star-Tribute-Konzerts mit orchestraler Musik des kürzlich verstorbenen Saxofongiganten Wayne Shorter (14.11.).

In den letzten Jahren hat sich die Elbphilharmonie zu einem äußerst beliebten Ort für elektronische Musik entwickelt. In der Reihe »ePhil« tritt in der kommenden Saison unter anderem die kolumbianische Künstlerin Lucrecia Dalt (28.9.) auf, deren Album »¡Ay!« von »The Wire« jüngst als Ereignis gefeiert und von »Pitchfork« mit dem begehrten Label »Best New Music« ausgezeichnet wurde. Hatis Noit (18.1.), zu deren Fans Kultregisseur David Lynch und Producer-Legende Rick Rubin gehören, präsentiert ihre schillernde, zwischen traditioneller japanischer Vokalmusik und Retrofuturismus changierende Gesangskunst. Das Projekt »Ghosted« des Trios rund um den Australier Oren Ambarchi weitet die Grenzen zwischen Minimalismus und Improvisation (8.2.), während Nala Sinephro an der Harfe für stimmungsvollen Ambient-Jazz sorgt (17.4.). Die Berlinerin JakoJako, derzeit Resident DJ im Berghain, sorgt für Club-Feeling im Kaistudio (5.4.), und der audiovisuelle Künstler Max Cooper bringt seine Londoner Beats in den Kleinen Saal (11.11.).

»Krieg und Frieden« lautet in der Saison 2023/24 das Motto des Internationalen Musikfests Hamburg. Mit Olivier Messiaens einziger Oper »Saint François d’Assise« über den Friedensstifter und Heiligen Franz von Assisi bringen Kent Nagano und sein Philharmonisches Staatsorchester an drei Abenden ein ebenso passendes wie aufwendig inszeniertes Großprojekt auf die Bühne des Großen Saals. Alan Gilbert und das NDR Elbphilharmonie Orchester präsentieren beim Eröffnungskonzert Musik von Schönberg, Weill und Ives (26./27.4.). Das komplette Programm wird im November 2023 veröffentlicht.

Mit über 1.000 Veranstaltungen in der Elbphilharmonie und ganz Hamburg ist die Musikvermittlung auch weiterhin ein integraler Bestandteil des Elbphilharmonie-Programms. Viele davon sind Workshops, die Jahr für Jahr von zehntausenden Menschen besucht werden. Mit dem »Elbphilharmonie Soundtracker« gibt es ein neues mobiles Workshop-Angebot zum kreativen Musikmachen. Ein Team von Spezialist:innen aus der Elbphilharmonie fährt zu Schulen und Stadtteilzentren in Hamburg, um gemeinsam mit Jugendlichen und Erwachsenen kreativ zu werden. Dabei werden verschiedene Kunstarten kombiniert, es kommen recycelte und digitale Instrumente zum Einsatz und es können Bilder, Aufnahmen oder Choreografien entstehen. Mit »Let’s play« findet auf der Bühne des Großen Saals ein interaktives Live-Gaming-Konzert statt: Unterschiedliche Computerspiele werden auf großer Leinwand gestreamt und in Interaktion mit Orchestermusik und den Klängen eines Geräuschemachers gespielt (13.2.).

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