Nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der gesetzliche Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nach dem BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres genommen werden, so das BUrlG. Wird er bis dahin nicht genommen, verfällt er.

Sven Häberer, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Müller Radack Schultz: „Das klingt eindeutig, ist es aber nicht. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat schon am 6. November 2018 entschieden, dass nach der europäischen Urlaubsrichtlinie der gesetzliche Urlaubsanspruch (nach BUrlG 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche) nicht verfällt, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht ausdrücklich darauf hinweist, dass diese noch Resturlaubsansprüche haben, die zu verfallen drohen. Denn es liege in der Verantwortung des Arbeitgebers, den Urlaub zu gewähren. Hieraus folge, dass ihn auch eine dementsprechende Hinweispflicht treffe. Erfülle der Arbeitgeber diese nicht, so könne der Arbeitnehmer nicht dafür verantwortlich gemacht werden.“

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Rechtsprechung des EuGH durch zwei Urteile vom 20. Dezember letzten Jahres bestätigt. Häberer führt aus: „Es hat in zwei Verfahren zum einen entschieden, dass der Urlaubsanspruch dann nicht verfällt, wenn der Arbeitgeber nicht rechtzeitig den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass sein Resturlaub, also der Urlaubsanspruch selbst, zu verfallen droht. Und es hat zum anderen entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers, der wegen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis seinen Urlaubsanspruch nicht mehr in Natura geltend machen kann, also der nach § 7 Abs. 4 BUrlG entstehende Abgeltungsanspruch (Geldanspruch), in diesem Fall auch nicht verjährt. Bislang verjährte der Abgeltungsanspruch nach Ablauf von drei Jahren.“

Nach Angaben von Häberer ist deshalb Handeln geboten, will sich der Arbeitgeber nicht nach Jahren hohen Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsansprüchen gegenübersehen. Diese addieren sich nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG jährlich auf.

Häberer: „Wir empfehlen dringend, die Arbeitnehmer durch rechtzeitig übersandte schriftliche Hinweiserklärungen zu informieren, den Empfang schriftlich bestätigen zu lassen und die Bestätigung aufzubewahren. Rechtzeitig bedeutet, dass der Arbeitnehmer noch die Gelegenheit haben muss, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Ein Hinweis am 30. Dezember des Jahres genügt hierfür regelmäßig nicht.“ 

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