Den anstehenden 21. Internationalen Fachkongresses für erneuerbare Mobilität am 22. und 23. Januar in Berlin nimmt der Vorsitzende des Bundesverbandes Bioenergie (BBE), Artur Auernhammer, zum Anlass, eine überaus kritische Bilanz zu den aktuell in der Diskussion befindlichen gesetzlichen Regelungen auf nationaler und EU-Ebene zu ziehen. Der Vorsitzende erläutert die künftigen Herausforderungen für erneuerbare Kraftstoffe in einem zunehmend komplexeren Regelungs- und Marktumfeld:

„Obwohl nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe seit Jahren verlässlich ihren Beitrag für Treibhausgasminderung und sichere Kraftstoffversorgung leisten, versucht das Bundesumweltministerium (BMUV) allein ideologisch geprägt und fachlich unbegründet den Klimaschützer Nummer eins im Mobilitätsbereich regelmäßig zu torpedieren. Zwar wurden letztes Jahr die konkreten Pläne des BMUV zur Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse von den Koalitionspartnern gestoppt, jedoch ergreift das BMUV gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium in den ersten bekannt gewordenen Entwürfen zur Nationalen Biomassestrategie NABIS erneut die Initiative mit dem Ziel, das Thema wieder auf die politische Tagesordnung zu setzen. Wir fordern Bundesumweltministerin Steffi Lemke deshalb auf, anzuerkennen, dass nachhaltige Biokraftstoffe für den Klimaschutz im Verkehr unverzichtbar sind und uns gleichzeitig von Erdölimporten aus Risikogebieten unabhängiger machen.”

Stattdessen solle sich die Politik darauf konzentrieren den gesetzlichen Regelungsrahmen zur Nachhaltigkeitszertifizierung zu einem internationalen “level-playing-field" zu entwickeln und mit Blick auf die problematischen Importe von Biodiesel aus China entsprechend durchgreifende Kontrollmöglichkeiten zu schaffen.

Nachhaltige Biokraftstoffe haben im Jahr 2022 fast 12 Millionen Tonnen CO2 eingespart (Vorjahr: 11,1 Mio. t CO2-Einsparung), so die neuesten Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Die durchschnittliche Treibhausgaseinsparung gegenüber fossilen Kraftstoffen stieg dabei von 84 auf 87 Prozent. Dies zeige, dass die Treibhausgasminderungs-Quote funktioniere und technologieoffen einen Wettbewerb um die höchste CO2-Minderung befördere, so Auernhammer.

„Ganz ohne direkte staatliche Subventionen liefern voll versteuerte erneuerbare Kraftstoffe seit Jahren verlässlich ihren spürbaren Beitrag für den Klimaschutz im Verkehr, während trotz massivster staatlicher Förderung der E-Mobilität hier bisher kaum Treibhausgasminderungen erfolgen. Der Wettlauf gegen die gesetzlich verankerten Klimaschutzziele ist nur mit allen Erfüllungsoptionen zu gewinnen. Angesichts knapper Kassen im Bundeshaushalt und mit Blick auf die Klimaschutzeffizienz im Verkehr sollten sich Kritiker der Biokraftstoffe der Realität stellen und anerkennen, welchen Gesamtbeitrag Biokraftstoffe und andere Kraftstoffalternativen zukünftig für den Klimaschutz leisten können. Wir brauchen nicht weniger, sondern deutlich mehr nachhaltige erneuerbare Kraftstoffe”. Auernhammer verweist auf den auch in 2030 und darüber hinaus noch bestehenden gewaltigen Bestand an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. 2

Biodiesel, Bioethanol und Biomethan sowie andere alternative Kraftstoffe wie E-Fuels seien für eine klimafreundliche und bezahlbare Mobilität unverzichtbar, betont der BBE-Vorsitzende.

Der Verkehrssektor hat im Jahr 2023 bereits zum dritten Mal in Folge das Ziel für die Treibhausgasminderung im Klimaschutzgesetz nicht eingehalten, was zeige, dass die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichten.

Auch die weitere nationale Biokraftstoffpolitik wird von Auernhammer kritisiert: „Die Bundesregierung ist gut darin, der heimischen Industrie Steine in den Weg zu legen, indem etwa die gesetzlich zwingend geregelte Anhebung der Treibhausgasminderungs-Quote ab 2024 in Folge des Zuwachses an im Verkehr eingesetzten Stroms bewusst verzögert wird. Damit wird Treibhausgasminderungspotenzial zu Lasten des Klimaschutzes verschenkt: Erneuerbare Kraftstoffe könnten mehr Klimaschutz leisten, wenn die Treibhausgasminderungsquote gemäß Gesetz über 9,25 Prozent angehoben würde!“

Für die anstehende nationale Umsetzung der im Zuge des europäischen Green Deals überarbeiteten Erneuerbaren Energien Richtlinie [(EU) 2023/2413 – RED III] zeigt sich der Vorsitzende des BBE optimistisch: „Die RED III gibt vor, dass in 2030 in den Mitgliedsstaaten entweder 29 Prozent erneuerbare Energien im Verkehr verwendet oder eine Treibhausgasminderung von mindestens 14,5 Prozent gegenüber rein fossilem Kraftstoffabsatz erreicht werden muss. In Deutschland haben wir bereits Erfahrung mit der Erfüllungsoption der Treibhausgasminderungs-Quote.”

Auernhammer mahnt mit Blick auf das Bundesumweltministerium zugleich dringenden Handlungsbedarf bei der Verschärfung der Anforderungen an die Warenkontrolle an. Denn seit Anfang 2023 erleben die EU und besonders Deutschland einen massiven Import an angeblich fortschrittlichem Biodiesel aus China. Branchenexperten bezweifeln jedoch stark, dass die importierten Biokraftstoffe tatsächlich aus den fraglichen Rest- und Abfallstoffen (z. B. Soap Stock, Bleicherdeöl, Food Waste Sludge, Rohglycerin und Brown Grease) produziert werden. Vielmehr stehe der Verdacht im Raum, dass es sich hierbei um falsch deklarierten Biodiesel aus Palmöl handelt, dessen Anrechnung auf die deutsche Treibhausgasminderungs-Quote seit 2023 nicht mehr möglich ist. Der Vorsitzende des BBE kritisiert: „Das BMUV schaut seit über einem Jahr dabei zu, wie Deutschland mit mutmaßlich gefälschtem fortschrittlichen Biodiesel geflutet wird. Der Verdacht liegt nahe, dass dies dem Ministerium ganz Recht ist. Es ist völlig unverständlich, dass die deutsche Regierung nicht stärker auf die EU-Kommission einwirkt und national alles in ihrem Verantwortungsbereich Mögliche unternimmt, um den Betrugsverdacht bei Biodieselimporten aufzuklären und schließlich zu unterbinden.“

Auch der Betrug am Klimaschutz mit virtuellen Anrechnungen müsse beendet werden, fordert Auernhammer und erklärt: „Wir fordern die Bundesregierung umgehend auf, keine Doppelanrechnung bei Übererfüllung der Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe auf die Treibhausgasminderungs-Quote mehr zu erlauben, wenn das Herkunftsland des Kraftstoffes oder der Produzent selbst keine wirksamen Witness Audits der zuständigen nationalen Behörden zulässt. Auch sollten für Importe aus Ländern, deren Produzenten unter Betrugsverdacht stehen, die entsprechenden Biomassecodes ausgesetzt werden. Mittelfristig könnten Anmeldeverfahren für Importe fortschrittlicher Biokraftstoffe helfen, Betrug im Vorfeld zu vermeiden.

Diese und viele andere relevanten Themen rund um Biokraftstoffe, Biomethan und E-Fuels wird die Branche gemeinsam mit Entscheidungsträgern aus Politik, Forschung und Wirtschaft diskutieren.

Das vollständige Programm zum 21. Internationalen Fachkongress für erneuerbare Mobilität „Kraftstoffe der Zukunft 2024“ am 22. und 23.1.2024 im CityCube in Berlin und Informationen zur Anmeldung finden Sie unter: www.kraftstoffe-der-zukunft.com

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