– Die Sorge vor den ökonomischen Folgen des Ukraine-Krieges bleibt weiter groß
– Die steigenden Energiepreise sind bei den Bürgern angekommen
– Zustimmung zu einem Gasboykott gegen Russland erreicht neuen Tiefstwert
– Mehrheit erwartet konkrete Einschränkungen bei der Energieversorgung
– Geringe Akzeptanz von Maßnahmen zur Einschränkung von Energieleistungen
– Wenig Veränderung in der politischen Stimmung
Die Sorge vor den ökonomischen Folgen des Ukraine-Krieges bleibt weiter groß
Außer für den Ukraine-Krieg selbst, der auch in der aktuellen Woche für 70 Prozent das wichtigste Thema ist, bleibt unter den Bundesbürgern auch das Interesse für die wirtschaftlichen Folgen des Krieges für Deutschland weiterhin sehr hoch. 58 Prozent nennen in der aktuellen Woche die Energieversorgung und die Energiepreise als das für sie wichtigste Thema.
Die steigenden Energiepreise sind bei den Bürgern angekommen
Dass sich die steigenden Energiepreise auch im Alltag der meisten Bundesbürger spürbar bemerkbar machen, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen forsa-Befragung im Rahmen des RTL/ntv-Trendbarometers. Fast zwei Drittel der Bundesbürger (64 %) geben an, dass sie die Preissteigerungen bei Energie und Kraftstoffen im Alltag stark bzw. sehr stark spüren. Im Osten des Landes geben dies mit 73 Prozent noch etwas mehr Bürger an als im Westen. Die Bezieher höherer und mittlerer Einkommen fühlen sich im Übrigen von den steigenden Energiepreisen in ähnlichem Maße betroffen wie die Geringverdiener.
37 Prozent der Bundesbürger legen zur Zeit auch bereits Geld für weitere Energiepreiserhöhungen oder mögliche Nachzahlungen zurück. 63 Prozent tun dies (noch) nicht oder sind dazu finanziell auch nicht in der Lage.
Zustimmung zu einem Gasboykott gegen Russland erreicht neuen Tiefstwert
Die Akzeptanz eines möglichen Gasboykotts Deutschlands gegen Russland, um dem Land nicht weiter Milliarden-Einnahmen zu ermöglichen, ist unter den Bundesbürgern so gering ausgeprägt wie noch nie seit Anfang März. Hatten vor sechs Wochen noch 44 Prozent einen solchen Schritt befürwortet, sind es aktuell nur noch 32 Prozent. 63 Prozent der Bundesbürger (gegenüber 50 Prozent Ende Mai) sprechen sich mittlerweile gegen einen Boykott aller Gaslieferungen durch Deutschland aus. Auch unter den Grünen-Anhängern, die bislang als einzige Wählergruppe mehrheitlich für einen Gas-Boykott plädiert hatten, ist nun ebenfalls eine Mehrheit dagegen.
Stattdessen geht eine Mehrheit der Bundesbürger nun davon aus, dass Russland seinerseits in den nächsten Monaten seine Gaslieferungen nach Deutschland nicht nur reduzieren, sondern völlig einstellen wird: 55 Prozent der Bundesbürger – eine Mehrheit in allen politischen Lagern – glauben dies, 38 Prozent gehen derzeit nicht von einem Stopp der Gaslieferungen durch Russland aus.
Mehrheit erwartet konkrete Einschränkungen bei der Energieversorgung
Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen macht sich die Mehrheit der Bundesbürger im Hinblick auf die Energieversorgung in der nächsten Zeit keine Illusionen. So geht eine große Mehrheit von 63 Prozent davon aus, dass es in Deutschland in den kommenden Monaten zu flächendeckenden Einschränkungen bei der Energieversorgung, etwa einer Rationierung von Warmwasser oder einer Reduzierung der Heizungen in Mietwohnungen, kommen wird. Nur ein Drittel glaubt nicht, das es zu flächendeckenden Einschränkungen kommen wird.
Geringe Akzeptanz von Maßnahmen zur Einschränkung von Energieleistungen
Neben einem möglichen Gasboykott gegen Russland lehnt eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger auch derzeit diskutierte Vorschläge zu gesetzlichen Änderungen ab, um Vermietern angesichts der zu erwartenden Engpässe bei Bedarf die Einschränkung von Energieleistungen zu ermöglichen. So spricht sich eine große Mehrheit von 65 Prozent der Bundesbürger gegen den Vorschlag aus, Vermietern zu erlauben, die Mindesttemperatur in Mietwohnungen im Winter auf unter 20 Grad abzusenken. Eine noch größere Mehrheit von 72 Prozent der Bundesbürger ist auch dagegen, Vermietern zu ermöglichen, die Zeiten für die Warmwasserversorgung einzuschränken.
Entgegen häufig geäußerter Absichtserklärungen ist eine Mehrheit der Bürger offensichtlich nicht ohne weiteres bereit, weitergehende Einschränkungen bei der Energieversorgung auch tatsächlich mitzutragen. Eine ähnliche Diskrepanz zwischen der Bewusstseins- und der Verhaltensebene lässt sich seit vielen Jahren auch bei anderen Themen wie etwa dem Umwelt- und Klimaschutz beobachten: Auch wenn viele Bürger regelmäßig angeben, zugunsten übergeordneter Ziele wie mehr Klimaschutz oder Nachhaltigkeit zu Veränderungen oder einem materiellen Verzicht bereit zu sein, schlägt sich diese allgemein geäußerte Bereitschaft im Alltag in der Regel nur bedingt nieder.
Wenig Veränderung in der politischen Stimmung
Bei den Parteipräferenzen verlieren die beiden Ampel-Parteien SPD und FDP jeweils einen Prozentpunkt, während die Linke und die sonstigen kleineren Parteien zusammen jeweils einen Punkt hinzugewinnen. Damit liegen CDU/CSU (26 %) und Grüne (24 %) weiterhin deutlich vor der SPD, die in der aktuellen Woche wieder unter die 20-Prozent-Marke fällt. Die AfD könnte mit 9, die FDP mit 7 und die Linke mit 5 Prozent der Wählerstimmen rechnen. Die sonstigen Parteien erreichen derzeit zusammen 10 Prozent.
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