Kerngeschäft Schiene in Deutschland ist eine hausgemachte Katastrophe
In der Tat hat die internationale Logistik kräftig zugelegt, allein DB Schenker weist einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro aus. Mit der Land-, Luft- und Seefracht profitiert Schenker von den weltweit knappen Frachtkapazitäten. „Das Kerngeschäft Schiene in Deutschland ist jedoch eine hausgemachte Katastrophe“, so der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky. Ohne Schenker fuhr der Konzern im 1. Halbjahr ein Minus von 324 Millionen Euro ein. Die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr beträgt nur noch 58 Prozent. Züge fallen massenhaft aus. Die Infrastruktur ist marode. Das Personal ist am Limit. „Wenn so der ‚profitable Wachstumspfad‘ aussieht, dann gute Nacht Deutschland“, so Weselsky. Lutz erzählte, dass es strukturell keinen Personalmangel gebe. Er räumte lediglich ein, dass es „lokal insbesondere urlaubs- und coronabedingt zu Engpässen kommen könne“. Weselsky: „Dass die Eisenbahner aufgrund des Fahrgastansturms wegen des 9-Euro-Tickets, aufgrund der unzufriedenen Fahrgäste wegen Verspätungen und Zugausfällen, der ständig steigenden Respektlosigkeit, der maroden Infrastruktur und jetzt auch noch wegen der extremen Hitze am Limit sind, ist wohl noch nicht bis zur Bahnspitze vorgedrungen. Dienstpläne werden kurzfristig geändert, es gibt keine verlässliche Ruhe- und Freizeitplanung, es fehlt die Unterstützung im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Überlastung ist die Norm, auch ohne Corona- und Urlaubszeit.“
Entgelt- und Arbeitsbedingungen maßgeblich verbessern
Die GDL fordert deshalb die Erhöhung der Wertschätzung der Eisenbahner. Sie wird dafür sorgen, dass sich die Entgelt- und Arbeitsbedingungen weiter maßgeblich verbessern. „Auch wenn die DB mit ihrer Hausgewerkschaft unter dem Deckmantel des Tarifeinheitsgesetzes alles dafür tut, dass dies nicht passiert. Sie möchte lieber eine handzahme Einkommensverringerungsgesellschaft. Die DB ist daran aber schon öfter gescheitert, wie die erfolgreichen Tarifabschlüsse beweisen. Letztendlich kommen Wertschätzung, gute Entgelt- und Arbeitsbedingungen allen zugute, dem Personal, der Personalgewinnung, den Fahrgästen und nicht zuletzt der Verkehrsverlagerung auf die Schiene. Das müsste auch der Bahnvorstand erkennen. Und wenn nicht, dann wird er spätestens nach einer gerichtlich legitimierten Auszählung der Mitglieder bemerken, dass er an der GDL noch weniger vorbeikommt.“
Ohne konsequenten Ausbau in der Fläche keine Verkehrsverlagerung möglich
Trotz der schlechten Bedingungen möchten nämlich mehr Menschen Bahn fahren. 59,1 Millionen Fahrgäste nutzten in den ersten sechs Monaten 2022 die Fernverkehrszüge der DB. Das sind 117 Prozent mehr als in der gleichen Zeitspanne des Vorjahres. Rund 725 Millionen Reisende fuhren mit den DB-Nahverkehrszügen – ein Plus von 60 Prozent. „Und das ist gut so, denn ohne massive Verkehrsverlagerung können wir weder die Klimaziele einhalten noch die Staus verringern. Ohne konsequenten Ausbau in der Fläche ist eine Verkehrsverlagerung jedoch nicht möglich“, so der Bundesvorsitzende. Zwar werde jetzt mehr in den Neu- und Ausbau des über Jahrzehnte vernachlässigten Netzes investiert. Das reiche aber bei Weitem nicht, denn die DB verschwende immer noch viele Ressourcen im Ausland. Das Unternehmen ist in mehr als 140 Ländern aktiv und betreibt dort alles Mögliche. Es ist zum Beispiel der größte Schiffsanbieter zwischen der Westküste Amerikas und Asien und betreibt in Dänemark Biogasbusse. Aktuell fließen Milliarden in den Nahverkehr der kanadischen Provinz Ontario. „Lukrativ sind diese Geschäfte alle nicht. Sie führen aber dazu, dass die Bahn in Deutschland kaum vorankommt, obwohl sie von ihren Bürgern Milliarden bekommt“, so der Bundesvorsitzende.
Infrastruktur zu einem gemeinwohlorientierten Unternehmen
Die GDL fordert deshalb, dass die gesamte Infrastruktur zu einem gemeinwohlorientierten Unternehmen zusammengefasst und aus dem Aktienrecht sowie der Gewinnabführung und Beherrschung durch den Konzern herausgenommen wird. Nur so können Subventionen direkt und ohne anderweitig verschwendet zu werden in das deutsche Schienennetz fließen. Dann muss sie mit vielen Milliarden und Eisenbahnerverstand mit einem ausgewogenen Deutschlandtakt inklusive Güterverkehr auf Vordermann gebracht werden. Weselsky: „Die Milliarden müssen mit Eisenbahnerverstand ins deutsche Schienennetz investiert werden. Dann hat die Schiene Zukunft.“
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