Es sieht ein bisschen aus wie in einem Ballsaal: hohe Decke, Stuck, Marmorboden, indirekte Beleuchtung. „Die Villa hat früher einem Geschäftsmann gehört, der zu Beginn des Krieges im Osten der Ukraine Mariupol verlassen hat“, erklärt Father Rostyslav Sprinyuk, der Leiter der Caritas Mariupol, dem das noble Interieur der Caritas-Zentrale sichtlich unangenehm ist. „Es wäre teurer gewesen, alles rauszureißen, als es so zu lassen.“

Im „Ballsaal“ wird allerdings nicht getanzt an diesem Nachmittag. Stattdessen verteilen sich fünf Klapptische aus Plastik im Raum, drum herum sitzen jeweils etwa sechs Männer und Frauen, Jugendliche und Ältere – bunt gemischt. „Lebendige Bibliothek“ heißt die Aktion der Caritas Mariupol. „Wir machen das jetzt zum dritten Mal“, sagt Projektleiterin Luidmila Khotska. „Es kommen immer um die dreißig Leute.“

An jedem Tisch sitzt ein Experte oder eine Expertin, Luidmila nennt sie „Lebendiges Buch“. Die Fachleute erzählen kurz etwas aus ihrem Leben, aus ihrem Beruf – um dann mit den Besuchern am Tisch ins Gespräch zu kommen. Nach einer halben Stunde wird gewechselt. „Es ist die Möglichkeit, Menschen zu treffen und zu befragen, die man sonst nicht kennenlernen würde“, sagt Luidmila. Menschen wie die Psychologin Anna, die Rot-Kreuz-Freiwillige Natascha, die über ihr Ehrenamt auf einem Notarztwagen erzählt oder der Psychiater Oleg, der mit autistischen Jugendlichen arbeitet.

An einem Tisch haben sich ein paar Leute um die uniformierten Polizistinnen Yevgenia und Olga geschart. „Es gehört zu unseren Aufgaben, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen“, betont Yevgenia. Mit der Caritas würden sie schon länger zusammen arbeiten. „Es gibt hier Kochkurse für Kinder, die Waisen sind oder die vernachlässigt wurden“, erzählt sie. „Wir von der Polizei kochen mit ihnen, um ihnen zu zeigen: Polizisten sind ganz normale und nette Leute.“ Denn eigentlich, sagt sie, sei es ein postkommunistisches Erbe, die Polizei zu fürchten. Gespräche wie diese seien deshalb wichtig. „Die Leute wollten vor allem wissen, wie es ist, als Frau bei der Polizei zu arbeiten, schließlich sei Polizei gleich Gewalt gleich Mann. Wir haben ihnen geantwortet, dass wir nicht mit Gewalt arbeiten, sondern mit dem Gehirn.“

Am Nebentisch haben sich einige Jugendliche um Liza Levchenko versammelt. Eigentlich wollte die Mutter von vier Söhnen zwischen drei und 15 Jahren davon erzählen, wie es ist, sich als geschiedene, alleinerziehende Frau durchzusetzen. „Aber das hat die Kids nicht so interessiert.“ Stattdessen ging es darum, wie man einen Beruf findet, wie man seine Zukunft gestaltet – und auch hier ist Liza Levchenko Expertin. Denn sie musste in Mariupol völlig neu beginnen, als sie im Juli 2014 aus ihrer Heimatstadt Luhansk floh. Sie erzählt von einem Studium im IT-Bereich, das sie gerade abgeschlossen hat. Inzwischen arbeitet sie als Produktmanagerin in einer Firma für Web-Design. Sie stellt sich gern als „Lebendiges Buch“ zur Verfügung: „Ein paar der Jugendlichen an meinem Tisch waren Waisen, sie haben viele

Fragen und keine Eltern, die sie beantworten könnten. Sie wollen arbeiten und für sich selber sorgen“, sagt Liza. „Das finde ich gut. Aber sie brauchen Hilfe dabei, weil sie wenig wissen über die Möglichkeiten, die sie haben.“ Die Schule helfe wenig und Berufsberatung sei weitgehend unbekannt. Da ist die „Lebendige Bibliothek“ der Caritas eine echte Chance – nicht nur für Jugendliche.

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