Zur Abmilderung der verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ergriffen die Mitgliedstaaten der EU eine Vielzahl unterschiedlicher fiskalpolitischer Maßnahmen. Doch ist nicht ganz klar, wie diese langfristig finanziert werden können. Klar ist hingegen, dass es sehr teuer werden wird.

Das ist die nüchterne Einschätzung von Prof. Dr. Leef H. Dierks, Technische Hochschule Lübeck, über die Kreditaufnahme der EU-Mitgliedstaaten zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona Pandemie.

Dr. Leef H. Dierks ist Professor für Betriebswirtschaftslehre im Schwerpunkt Internationale Kapitalmärkte am Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft der Technischen Hochschule Lübeck. In regelmäßig erscheinenden Veröffentlichungen analysiert Dierks den Bereich der Covered Bonds mit den Auswirkungen auf internationale Kapitalmärkte. Er geht dabei besonders der Fragestellung nach, inwiefern die gegenwärtige Niedrigzinspolitik der Zentralbanken Einfluss nehmen kann auf die Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) und ob diese davon profitieren.

Mit dem vorliegenden Beitrag schließt Dierks unmittelbar an seine Analyse über den Beschluss der Euroländer für gemeinsame Anleihen an. Danach untergraben Eurobonds u.a. nicht nur die politische Stabilität der Europäischen Union, sondern schwächen vor allem die Wirtschafts- und Währungsunion nachhaltig.

In der Aufnahme von gemeinsamen Anleihen sieht Dierks die wichtigste der finanzpolitischen Maßnahmen zur Begegnung der fatalen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona Pandemie in der EU.

In seinem Beitrag stellt Dierks die Kernfrage, wie die kurzfristig beschlossenen fiskalpolitischen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft in den EU Mitgliedstaaten langfristig zu finanzieren sind.

Selbst wenn dieser Tage alle Augen auf die Verwendung der im Rahmen der Corona-Hilfe beschlossenen fiskalpolitischen Stimuli gerichtet sind, so folgert er weiter, wären wir allesamt gut beraten, den Blick auf das zu richten, was noch vor uns liegt. Es gilt eine Antwort darauf zu finden, wie all diese Maßnahmen, deren aggregierter Umfang mittlerweile auf €750Mrd. angewachsen ist (davon alleine €390Mrd. als nicht zurückzahlbare Zuschüsse und €360Mrd. als Kredite), zu finanzieren sein werden.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der beachtlichen Summe, die für die Unterstützungsmaßnahmen zusammengekommen ist, kommt Dierks zu dem schmerzlichen Fazit: „Sicher ist hingegen“ sagt er, „dass es sehr teuer werden wird.“

EU-Anleihen „keine krisenbedingte Eintagsfliege“

Als vermeintliches Allheilmittel gelten unter einigen Beobachter*innen die vieldiskutierten Gemeinschaftsanleihen der EU, welche voraussichtlich schon bald nach der Sommerpause emittiert werden. Doch wer dachte, dass dieses Instrument mit Abklingen der Krise (und dem damit einhergehenden abnehmenden Finanzierungsbedarf) sukzessive zurückgefahren werden könnte, sieht sich dieser Tage getäuscht. Denn in dem Maße, wie auch der Bundesfinanzminister jüngst erklärte, dass „die im Zuge der Corona-Krise vereinbarte gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa keine krisenbedingte Eintagsfliege“ sei, sondern „(…) ein echter Fortschritt für Deutschland und Europa, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt“ ist, dürfte auch den letzten Skeptiker*innen klarwerden, dass dieses Instrument nunmehr fester Bestandteil der so oft bemühten „neuen Normalität“ sein wird.

Finanzierung der Maßnahmen endet nicht mit EU-Bonds

Doch selbst EU-Anleihen sind vor Zins- und Rückzahlungen nicht gefeit. Natürlich sind diese im jetzigen Niedrigzinsumfeld und auch in Anbetracht der sehr guten Ratings (Aaa/AAA/AA von Moody’s, Fitch und S&P) ausgesprochen gering. Und dennoch stellt sich die Frage, wie diese Mittel zukünftig aufgebracht werden sollen; d.h. wie diese €750Mrd. an verabschiedeten Hilfsmaßnahmen zu finanzieren sind.

Mit anderen Worten: Anleihen sind nichts anderes als verbriefte Kredite, d.h. sie erhöhen die Schuldenlast derer, die sie nehmen. Mit Fälligkeit der Anleihe steht die Tilgung und damit ein neuerlicher Kapitalbedarf an. Dieser kann entweder über die Emission neuer Anleihen (also einem Rollieren der Verbindlichkeiten) – oder aber durch höhere (Steuer-) Einnahmen gedeckt werden (ein Staat verfügt in der Regel über keine anderen Finanzierungsquellen).

Unausweichliche Umverteilungsdebatte

Über kurz oder lang wird es infolge der in jüngster Vergangenheit stark gestiegenen Verschuldung der EU-Mitgliedstaaten also zu einem spürbaren Anstieg der Steuerlast kommen (müssen); anders sind die ergriffenen Maßnahmen kaum zu finanzieren. Höhere Schulden und die damit einhergehenden Zins- und Tilgungszahlungen stellen de facto jedoch nichts Anderes dar: Während Steuern seitens der heutigen Generation der Steuerzahler*innen aufgebracht werden müssen, stellen Schulden eine Bürde für zukünftige Generationen dar, also jene, die u.U. gar nicht von den dieser Tage ergriffenen Maßnahmen profitieren. Dies unter dem Deckmantel einer intergenerationalen Gerechtigkeit verkaufen zu wollen, lässt sich kaum anders als dreist bezeichnen. Was spätestens jetzt deutlich werden dürfte, ist, dass uns die Frage, wer das €750Mrd. schwere Hilfspaket eigentlich bezahlen wird, noch nicht einmal ansatzweise beantwortet worden ist.

„Vorab nur so viel: Es wird für uns alle (sehr) teuer werden – und die mit der Beantwortung der Frage einhergehende, unausweichliche Umverteilungsdebatte steht erst noch bevor“ sagt der internationale Finanzexperte, Professor Dierks. „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen“, lautet das Fazit seiner Analyse über die Umverteilungsfrage.

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