Am 1. Januar 2021 tritt eine entscheidende Änderung für Arbeitnehmer im Berufskrankheitenrecht in Kraft: Der sogenannte Unterlassungszwang fällt weg. Das bedeutet, dass Personen mit berufsbedingten Hauterkrankungen wie einem Handekzem ihre angestammte Arbeit nicht mehr aufgeben müssen, um eine Berufskrankheit anerkannt zu bekommen und damit rechtsverbindlich eine bessere Versorgung über die Unfallversicherung zu erhalten. Darauf machen Hautärzte anlässlich der bundesweiten Aktionswoche „haut+job“ aufmerksam, die in diesem Jahr vom 9. bis 13. November stattfindet – begleitet von der neuen Website zu berufsbedingten Hauterkrankungen www.haut-und-job.de.

„Der Wegfall des Unterlassungszwangs bedeutet einen fundamentalen Wechsel in der Versorgung von Patienten mit berufsbedingten Hauterkrankungen“, sagt Prof. Christoph Skudlik, Chefarzt am Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation an der Universität Osnabrück (iDerm) und am BG Klinikum Hamburg. „Zukünftig werden die Individual-Präventionsmaßnahmen, die Hautärzte seit Jahren erfolgreich anwenden, eine noch größere Bedeutung gewinnen, da diese bei einer anerkannten Berufskrankheit rechtsverbindlich von den Berufsgenossenschaften übernommen werden müssen“, so Prof. Skudlik weiter. Bislang gab es bei der Kostenübernahme der Maßnahmen immer auch einen Vorbehalt durch die jeweilige Berufsgenossenschaft (BG), da ohne BK-Anerkennung eigentlich die Gesetzliche Krankenversicherung mit ihren kostenbedingten Einschränkungen zuständig war. „Mit der neuen Regelung können wir künftig rechtssicher unseren Patienten die bestmögliche Versorgung ihrer berufsbedingten

Hauterkrankung zukommen lassen“, betont Prof. Skudlik, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) ist. Hauterkrankungen liegen nach wie vor mit weitem Abstand an der Spitze der Berufserkrankungen. Dabei sind es die entzündlichen Hauterkrankungen wie das Handekzem durch Feuchtarbeit und die Kontaktallergie durch hautbelastende Substanzen, die die Statistik anführen. Jährlich wird bei über 18.000 Fällen von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ein beruflicher Zusammenhang bestätigt. Tatsächlich als Berufskrankheit BK 5101 anerkannt werden aber zurzeit nur 500 Fälle pro Jahr. Grund für diese Diskrepanz ist der Unterlassungszwang, also die verpflichtende Aufgabe des Berufs für die Anerkennung. „Die Berufsaufgabe ist aber in den meisten Fällen gar nicht notwendig, da sich der Hautzustand der Patienten mit Schulungs- und Präventionsmaßnahmen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich soweit verbessern lässt, dass sie langfristig in ihrem angestammten Beruf weiterarbeiten können“, erläutert Prof. Skudlik.

Durch die neue Gesetzesregelung erhalten Patienten nicht nur früher rechtsverbindlich und ohne den Beruf aufgeben zu müssen eine Behandlung über die BG mit allen Vorteilen gegenüber einer Behandlung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern gegebenenfalls auch einen Anspruch auf eine Rente je nach Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Insgesamt rechnen die Experten mit einer deutlichen Zunahme an Anerkennungen bei der BK 5101. Berechnungen auf der Grundlage von Versichertendaten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zeigen, dass es möglicherweise künftig statt 500 jährlich 10.000 anerkannte Berufskrankheiten aufgrund entzündlicher Hauterkrankungen geben wird. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Überprüfung alter Fälle bis zum 1. Januar 1997 vorsieht. Dadurch könnten die Anerkennungszahlen noch weiter steigen.

„Mit der Änderung im Berufskrankheitenrecht erhält die Bedeutung der dermatologischen Praxen für die gewissenhafte Versorgung von Menschen mit beruflichen Hauterkrankungen einen zusätzlichen Schub“, so Prof. Skudlik. Zurzeit werden gemeinsam mit der DGUV neue Regeln für das Melde- und Berichtswesen erarbeitet. „Bis zum Inkrafttreten der Änderungen werden wir alle erforderlichen Vorgaben für eine optimale Versorgung von Patienten mit berufsbedingten Hautkrankheiten umgesetzt haben“, so Prof. Skudlik.

Über die Kampagne „haut+job“
Die bundesweite Aktionswoche „haut+job“ ist Teil der gesamteuropäischen Initiative „Healthy Skin@Work“ unter dem Dach der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie (EADV) mit dem Ziel, die Zahl der beruflich bedingten Hauterkrankungen deutlich zu verringern und den Hautschutz am Arbeitsplatz zu verbessern. Die Aktionswoche steht alljährlich ganz im Zeichen der Aufklärung über Ursachen beruflicher Hauterkrankungen und über mögliche Schutz- und Therapiemaßnahmen. Zur „haut+job“-Aktionswoche 2020 geht die neue „haut+job“-Kampagnenwebsite unter www.haut-und-job.de an den Start, die die wichtigsten Informationen rund um berufsbedingte Hauterkrankungen bereithält. In Deutschland wird die Kampagne vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) getragen.

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