Drei Jahre und zehn Monate – diese Strafe bestätigte gerade der Bundesgerichtshof für Corona-Soforthilfe-Betrug. Bundesweit ermitteln inzwischen die Staatsanwaltschaften. Denn nicht jeder Selbstständige und Kleinunternehmer, der die Hilfe beantrag hat, hat sie im Nachhinein gebraucht. Ecovis-Rechtsanwalt Alexander Littich in Landshut weiß, wer wann zurückzahlen muss.

Im Frühjahr 2020 wollte die Bundesregierung mit den Corona-Soforthilfen Soloselbstständige und Kleinunternehmer unterstützen. Sie stellte dazu fast 50 Milliarden Euro bereit. Die Hilfen sollten schnell und unkompliziert bei den Unternehmen ankommen. Doch schon im Mai 2020 berichtete das Recherche-Netzwerk von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung von 2.300 Betrugsverdachtsfällen. Die Welt am Sonntag fragte bei den 16 Landeskriminalämtern nach. Das ergab damals 25.400 Verdachtsfälle in Bezug auf Subventionsbetrug bei den Corona-Soforthilfen. Doch nicht alle Antragsteller haben absichtlich betrogen, sondern am Anfang der Corona-Pandemie aus Vorsicht Corona-Soforthilfe beantragt. Spätestens mit Abgabe der Einkommensteuer 2020 ist bei manchen klar, dass sie die Hilfe nicht gebraucht haben. Warum diese Selbstständigen und Kleinunternehmer unbedingt zurückzahlen müssen, erklärt Ecovis-Strafrechtsanwalt Alexander Littich in Landshut.

Zum 1. April 2020 hatten 1.775.354 Millionen Kleinunternehmen und Selbstständige 13,6 Milliarden Euro Corona-Soforthilfe bekommen. Wie kommt es jetzt, dass unbescholtene Unternehmen Post von der Staatsanwaltschaft bekommen?

Alexander Littich: Die Länder müssen für die richtige Verwendung der Corona-Soforthilfen sorgen. Das prüft die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen des Zolls (FIU). Laut Medienberichten liegen ihr 8.200 Betrugsverdachtsmeldungen mit Bezug zu Corona-Soforthilfen vor.

Aber wer meldet hier wem was?

Nach dem Geldwäschegesetz müssen Banken dem FIU Vermögenswerte mit illegaler Herkunft melden. Die Verdachtsfälle der FIU und der Landeskriminalämter ergeben zusammen 33.600. Bei einer durchschnittlich ausgezahlten Corona-Soforthilfe von 7.600 Euro erwartet der Staat, dass er etwa 257 Millionen Euro zurückbekommt. Die Ermittlungsbehörden müssen jeder Verdachtsmeldung auf unberechtigte Inanspruchnahme von Corona-Soforthilfen nachgehen und jeden einzelnen gemeldeten Fall prüfen.

Wer als Unternehmer unsicher war und aus Vorsicht Corona-Soforthilfe beantragt hat, hat doch keinen Subventionsbetrug begangen?

Das kommt darauf an. Wenn der Unternehmer sich bei der Antragstellung keine Gedanken darüber gemacht hat, ob und in welcher Höhe er antragsberechtigt ist, dann schon. Dann hat er die Fördervoraussetzungen nicht geprüft und ist bei missbräuchlicher Antragstellung zumindest wegen leichtfertigem Handeln strafbar. Wer sich bei Antragstellung Gedanken über seinen Liquiditätsbedarf gemacht hat und diesen nur falsch eingeschätzt hat, hat nach Ablauf des Förderzeitraums der Förderstelle zu melden, dass er glücklicherweise keinen so hohen Liquiditätsbedarf hatte, wie geplant. Wenn er das nicht meldet, macht er sich strafbar. Wer sich bei Antragstellung Gedanken über seinen Liquiditätsbedarf gemacht hat und die Soforthilfe auch zur Deckung seiner Fixkosten verwendet hat, hat alles richtig gemacht.

Wer außer den Banken ist noch Tippgeber?

Die Förderstellen selbst. Wenn sie beispielsweise bei einer Prüfung herausfinden, dass der angebliche antragstellende Handwerker gar kein Gewerbe angemeldet hat. Auch die Finanzämter können Hinweisgeber sein. Corona-Soforthilfen sind zu versteuern. Spätestens mit der Einkommensteuererklärung 2020 müssen die Betriebe die Hilfen in der Corona-Anlage angeben. Die Förderstellen und die Finanzämter gleichen per Kontrollmitteilung ab, ob die staatlichen Förderungen steuerlich angemeldet wurde. Oder: Aus der Gewinnfeststellung und der Buchhaltung ist ersichtlich, wie hoch der tatsächliche Liquiditätsbedarf war. War der Liquiditätsbedarf nicht so hoch wie angegeben, dann kann das auch noch Jahre später zum Beispiel bei einer steuerlichen Betriebsprüfung zur Einleitung eines Strafverfahrens führen.

Wann genau macht sich jemand strafbar?

Die Staatsanwaltschaft unterscheidet immer zwischen zwei Zeitpunkten. Erstens: unberechtigte Antragstellung, also keine Berechtigung zur Antragstellung in der erfolgten Höhe. Zweitens: zweckwidrige Mittelverwendung, wenn also die Soforthilfen nicht für die Deckung der Fixkosten, sondern für andere, auch private Zwecke verwendet wurde und die Förderstelle über diese Umstände nicht unverzüglich informiert wird.

Wann müssen Betriebe zurückzahlen?

Immer dann, wenn der Bewilligungsbescheid für die Vergangenheit ganz oder teilweise widerrufen, zurückgenommen oder sonst unwirksam geworden ist. In Fällen, in denen die Rechtslage eindeutig ist und der Betrieb nicht antragsberechtigt war, empfehlen wir die Rückzahlung. Wenn der Anspruch unklar ist oder auch nur eine teilweise Rückzahlungspflicht besteht, empfehlen wir, der Förderstelle die geänderten Umstände mitzuteilen. Sie kann dann die Antragsberechtigung bezogen auf die neuen Umstände prüfen und eventuell einen Änderungsbescheid erlassen.

Und wenn jemand bereits Post von der Staatanwaltschaft bekommen hat, was ist dann zu tun?

Nicht jeder Fall, der an die Staatsanwaltschaft gemeldet wird, führt auch zu einer Verurteilung. Es handelt sich ja zunächst um einen Anfangsverdacht. Normalerweise liegen der Staatsanwaltschaft die erforderlichen Unterlagen und Informationen zum tatsächlichen Liquiditätsbedarf nicht vor. Es gab durchaus Fälle, in denen wir nachweisen konnten, dass der Antragsteller die Corona-Soforthilfe zu Recht ganz oder zumindest in Teilen beantragt, erhalten und auch behalten durfte. Dazu muss man die Buchhaltung und die Ausgaben, die von der Corona-Soforthilfe abgedeckt werden können, prüfen und eine Berechnung erstellen, die die Grundlage für die strafrechtliche Verteidigung darstellt. Wenn der Nachweis gelingt, wird das Strafverfahren folgenlos eingestellt und man darf das Geld behalten.

Und womit müssen Unternehmen rechnen, wenn sie das Geld zu Unrecht beantragt und behalten haben?

Dann droht der Widerruf des Bewilligungsbescheids, die Rückzahlung der Förderung inklusive Zinsen und ein Strafverfahren gegen den Unternehmer. Je nach Höhe der zu Unrecht bezogenen Fördersumme können hier hohe Geldstrafen oder Freiheitsstrafen – letztere in der Regel allerdings auf Bewährung – ausgesprochen werden. Für manche Betriebsinhaber hat diese strafrechtliche Folge jedoch vielleicht auch noch weitere Konsequenzen, da in verschiedenen Branchen, wie der Gastronomie, bei Maklern oder Ärzten die Berufsausübung oder Gewerbezulassung von der persönlichen Zuverlässigkeit zur sorgfältigen Berufsausübung abhängt. Eine hohe Geldstrafe oder Freiheitsstrafe auf Bewährung kann zum Beispiel die Prüfung der Gewerbeuntersagung zur Folge haben. Jäger und sonstige Waffenbesitzer können ab einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen als unzuverlässig und persönlich nicht geeignet gelten zum Besitz und Führen von erlaubnispflichtigen Waffen. Subventionsbetrug ist ein Wirtschaftsdelikt, das nicht im Zusammenhang mit der Genehmigung zum Waffenbesitz steht. Das Waffengesetz unterscheidet hier aber nicht.

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