Die Zahl auf dem großen Monitor ist ernüchternd: Nur 289 Vogelsberger sind es an diesem Tag, die in die Alsfelder Hessenhalle kommen, um sich ihre Corona-Schutzimpfung geben zu lassen. Dabei könnten es so viel mehr sein. Wenn nur endlich genügend Impfstoff angeliefert würde. „Wir könnten ohne Probleme 1200 bis 1500 Impfungen an einem Tag durchführen und zwar an sieben Tagen in der Woche“, erklärt Landrat Manfred Görig, „wir könnten unsere Bevölkerung viel schneller vor dem gefährlichen Virus schützen.“

„Knackpunkt ist nach wie die Anzahl der uns zugewiesenen Impfdosen“, ergänzt Dr. Erich Wranze-Bielefeld, der ärztliche Leiter des Impfzentrums. „Wir sind, wie im Einsatzbefehl des Landes vorgeschrieben, für 1000 Impfungen am Tag ausgelegt, aber die haben wir noch kein einziges Mal leisten können.“ Unter Volllast ist das Zentrum bereits für ein paar Stunden gelaufen, daher weiß man, dass man weit mehr als 1000 Impfungen schaffen würde. Rekord bislang waren 780 an einem Tag, dann war die letzte aufgezogene Spritze verimpft.

Im Februar war das Impfzentrum in Betrieb genommen worden, zunächst lief der Betrieb recht schleppend, da nur geringe Vakzin-Lieferungen eintrafen. Ein paar Wochen lang reichte in der Folge die Menge für 500 und mehr Impfungen am Tag, aber im Moment „erleben wir wieder einen Einbruch“, so Wranze-Bielefeld. Der Lieferplan wird nicht immer eingehalten, schon Wochen vorher zugesagte Mengen werden nicht oder verzögert angeliefert. „Das bringt uns in Bedrängnis – auch im Hinblick auf die bereits terminierten Zweitimpfungen.“ Auf Anweisung des Landes nämlich dürfen keine großen Lagerbestände für die zweite Impfung angelegt werden. „Wir haben etwa 1500 Impfdosen in Reserve. Kommt nichts nach, sind wir nach nur drei Tagen am Ende“, schildert Erich Wranze-Bielefeld das Dilemma.

Bislang sind fast 28 Prozent der Vogelsberger erstgeimpft, hinzu kommen die Impfungen bei den Hausärzten, über deren genaue Zahl es keine Rückmeldung gibt. „Ich schätze, wir kommen auf 35 Prozent insgesamt“, meint Landrat Manfred Görig, der es gut findet, dass die niedergelassenen Ärzte mit im Boot sind. „Wir stehen nicht in Konkurrenz, wir müssen noch eine ganze Weile zweigleisig fahren, um eine Herdenimmunität unserer Bevölkerung erreichen zu können.“ Wenn die Priorisierung im Juni aufgelöst wird, „wird der Druck noch einmal größer, daher müssen wir parallel impfen“. Kritik übt der Landrat allerdings an den Hausärzteverbänden und der Kassenärztlichen Vereinigung. So hatten die beiden Chefs die KV in einem Rundbrief an niedergelassene Ärzte die Impfzentren in Hessen als „überflüssig“ bezeichnet. „Dieses Spiel halte ich nicht für klug. In der Lage, in der wir sind, ist es gut, dass es mehrere Stellen gibt, die impfen“, betont der Landrat. Gleichzeitig erinnert er daran, dass die Diskussion, die Impfzentren zu schließen, bereits geführt wurde. „Da haben wir vehement widersprochen. Gerade im ländlichen Raum, in dem es weniger niedergelassene Ärzte gibt, ist es wichtig, die Impfzentren weiterhin zu betreiben.“

Auch im Hinblick auf die nächste Gruppe, die geimpft werden soll: Schüler ab zwölf Jahre. Rund 8000 Jugendliche sind es allein im Vogelsbergkreis, die bis zum Ende der Sommerferien „Vollschutz“ haben sollen – also die erste und die zweite Impfung. Wenn sie mit einem Erziehungsberechtigten zur Impfung kommen, kann auch der den erlösenden Pieks bekommen. „Für die Schulkinder soll es zusätzlichen Impfstoff aus Berlin geben. Wir hoffen, dass diese Zusage eingehalten wird, denn aus dem Kontingent, das wir hier haben, könnten wir die Schüler nicht impfen“, macht Dr. Wranze-Bielefeld abschließend deutlich. 

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