Viele ausländische Studierende sind aktuell in Aufruhr: Sie haben dem Finanzdienstleister »BAM Bundesweites Anlagenmanagement« in Treu und Glauben ihr Geld anvertraut, das für das erste Jahr ihres Aufenthalts vorgesehen ist. Doch nun ist ihnen der Zugriff auf ihr eigenes Geld verwehrt. Das Unternehmen stellte im Juni die monatlichen Auszahlungen vom sogenannten Sperrkonto ein. Auch Inhaber*innen eines Visums für die Arbeitssuche sind betroffen. Jetzt ist der Schwindel aufgeflogen: Die BaFin hat die Abwicklung des unerlaubt betriebenen Einlagegeschäftes angeordnet. Die Konten wurden nicht im Namen der ausländischen Studierenden angelegt. Die Betroffenen bringt dies in eine missliche und existenzbedrohende Lage, denn sie wissen nicht, wie sie die nächsten Monate bestreiten sollen, und vor allem wann sie an ihr Geld kommen. Noch ist keine Lösung in Sicht.

»Wir bekommen aktuell fast täglich neue verzweifelte Anfragen von Betroffenen. Es nimmt einfach kein Ende. Die ausländischen Studierenden sind in großer Not und fühlen sich zu Recht betrogen«, beschreibt Malú Ortega Méndez, AStA-Referentin für internationale Studierende an der Uni Mainz, die Lage. Die Studierenden haben sich aus ihrer Not heraus in sozialen Netzwerken zusammengeschlossen und sich an offizielle Stellen wie die BaFin, das Auswärtige Amt, die Polizei und nicht zuletzt den Bundesverband ausländischer Studierender gewandt. Mittlerweile ist die Gruppe auf weit über 200 Leute angewachsen. Schätzungen zufolge beläuft sich allein deren Einlage in Summe auf über 2 Millionen EUR. »Ich weiß nicht, wie ich den nächsten Monat überleben soll, weil ich in gutem Glauben alle meine Ersparnisse auf das Konto der BAM überwiesen habe«, beklagt Sara S.* aus dem Iran, eine von hunderten von Betroffenen. »Ich fühle mich über den Tisch gezogen, wie viele meiner Kollegen auch.«

Der Bundesverband ausländischer Studierender sieht in dem aktuellen Fall eindeutig Behördenversagen. Das Auswärtige Amt verweist auf seinen Seiten auf verschiedene Finanzdienstleister, die Sperrkonten anbieten. Lediglich zwei dieser Anbieter sind Banken und unterliegen somit der staatlichen Aufsicht durch die BaFin. Alle anderen Anbieter tätigen »erlaubnisfreie« Finanzgeschäfte und kooperieren teilweise mit ausländischen Banken, die nicht unter die staatliche Einlagensicherung fallen. Viele ausländische Studierende vertrauten in gutem Glauben auf diese Übersicht auf einer offiziellen staatlichen Seite.

»Es darf nicht sein, dass das Auswärtige Amt auf Finanzdienstleister verweist, ohne die Angebote genau unter die Lupe zu nehmen«, empört sich Fabian de Planque, Finanzreferent des Bundesverbands ausländischer Studierender (BAS). »Der Gipfel der Dreistigkeit ist, dass sich die meisten dieser Dienstleister auf die Fahnen schreiben, offiziell von Regierungsseite anerkannt worden zu sein, so auch BAM. Dies grenzt an arglistige Täuschung.« Das Auswärtige Amt streite jegliche Verantwortung ab. Dies sei aus Sicht des BAS unverantwortlich. »Dass das Auswärtige Amt den betrügerischen Anbieter nun von der Seite entfernt hat, macht es nicht besser«, ergänzt Dharshan Barkur, Referent für internationale Studierende des Studierendenrates der TU Dresden. »Wir erhalten bereits erste Hiobsbotschaften von angehenden Studierenden, die sich noch im Visavergabeprozess befinden und ihr Geld bereits der BAM anvertraut haben. Die Botschaften lehnen Sperrkonten von BAM mittlerweile als Finanzierungsnachweis ab.

Woher sollen die Betroffenen jetzt das Geld nehmen? Die Situation ist grotesk.« Viviana Camila A.* aus Kolumbien, eine der Betroffenen, denen der Termin in der Botschaft noch bevorsteht, beschreibt ihre Situation wie folgt: »Ich fühle mich, als wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Das Schlimme ist, dass ich gerade vor dem Nichts stehe.

Die Botschaft ignoriert meine Anfragen. Wie komme ich jetzt an mein Geld? Ich habe jetzt schlaflose Nächte dank BAM.« Ein weiterer Betroffener skizziert die Stimmung so: »Nicht nur unsere Leistungsfähigkeit im Studium, sondern auch die psychische Gesundheit leiden unter der unerwarteten finanziellen Notlage extrem. Wir fühlen uns im Stich gelassen, da der Anbieter sogar mit der Anerkennung durch das Auswärtige Amt warb, was nicht zutraf.

Zum Klausurenstress kommt jetzt noch die Sorge um meine Finanzierung. Es ist ein einziger Alptraum.« In einem Brief an das Auswärtige Amt verleiht der Bundesverband ausländischer Studierender nun seiner Besorgnis um die Lage Ausdruck.

Der Verein, der bundesweit die Interessen ausländischer Studierender vertritt, fordert in einem weiteren Brief jetzt schnelle Hilfen vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Deutschen Studentenwerk (DSW), da ungewiss sei, wann die Betroffenen ihr Geld wiedersehen. Der Gesetzgeber müsse hier aus Sicht des BAS nachjustieren, um sicherzustellen, dass ausschließlich seriöse Anbieter im Sperrkontengeschäft tätig sein dürfen und diese Geschäfte der staatlichen Aufsicht unterstellt sind. »Somit ist auch gewährleistet, dass die Einlagen unmittelbar zugunsten der Gläubiger, der ausländischen Studierenden, abgesichert sind«, erläutert de Planque.

»Mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Verantwortlichen schnelles Geld auf dem Rücken einer vermeintlich vulnerablen, wehrlosen Gruppe, den ausländischen Studierenden, machen wollten. Möglicherweise haben wir es auch mit Insolvenzverschleppung zu tun.«

Grundsätzlich lehnt der Bundesverband ausländischer Studierender die gängige Praxis der Sperrkonten ab. Nadia Galina, Referentin des BAS, führt aus: »Sperrkonten sind nichts anderes als Gängelung der ausländischen Studierenden. Es handelt sich um erwachsene Menschen, von denen man erwarten darf, mit ihrem Geld eigenständig und verantwortungsbewusst zu haushalten. Und dabei denken viele irrigerweise, es sei gesetzlich so vorgeschrieben.« Gesetzlich vorgeschrieben hingegen ist lediglich der Nachweis der Sicherung des Lebensunterhaltes. Auch diese Vorschrift sieht der BAS kritisch. »In der Praxis führt der Finanzierungsnachweis dazu, dass die Ausländerbehörden faktisch ein Sperrkonto sehen wollen. Dies ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, die Sicherung des Lebensunterhaltes nachzuweisen«, führt Johannes Glembek, Geschäftsführer des BAS, aus. »Den Finanzierungsnachweis sehen wir als ein Relikt aus längst vergangenen Tagen, als das mittlerweile politisch erklärte Ziel der Fachkräftegewinnung noch kein Thema war.«

* Personen sind dem BAS namentlich bekannt und stehen in Verbindung. Bei Bedarf kann der Kontakt zu Betroffenen hergestellt werden.

Hintergrund:

Für die Beantragung ihres Visums verlangen die deutschen Behörden von internationalen Studierenden aus Nicht-EU-Ländern, den Jahresbetrag des BAföG-Höchstsatzes (aktuell 10.332 EUR) als Finanzierung des Lebensunterhalts nachzuweisen. Häufig gewählte Variante ist das Sperrkonto, von dem monatlich ein Zwölftel des Jahresbetrags für den Gläubiger verfügbar ist.

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Der Bundesverband ausländischer Studierender – BAS e.V. vertritt die Interessen der ausländischen und staatenlosen Studierenden in Deutschland. Außerdem tritt er für die Chancenverbesserung von Studierenden mit Migrationsgrund ein.

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