Mit 7 % sind die US-Verbraucherpreise im Dezember 2021 gegenüber dem Vorjahr so schnell wie seit Juni 1982 nicht mehr gestiegen. Mieten und andere Wohnkosten sowie um 40 % höhere Gebrauchtwagenpreise sorgten für den stärksten Auftrieb. Damit fällt einmal mehr eine Preiskomponente auf, die auf ein pandemiebedingtes Auseinanderdriften von Angebot und Nachfrage zurückzuführen ist. Angebotsseitig könnten sich die Lieferkettenprobleme in den kommenden Monaten mehrheitlich auflösen, dies hofft auch die Fed. Denn je schneller sich das Angebot erholt, desto weniger drastisch müssen die US-Währungshüter auf der Nachfrageseite für Dämpfung sorgen. Eine der entscheidenden Fragen im Kapitalanlagejahr 2022 lautet deshalb: Gelingt der Fed eine „softe“ Landung?

Während der Arbeitsmarkt inzwischen in einer besseren Verfassung ist als zum Beginn der ersten Amtszeit von Fed-Chef Powell (gemessen an der Arbeitslosenquote), entwickelt sich die Inflation ausgesprochen hartnäckig. Wie das jüngste geldpolitische Protokoll der US-Notenbank, die Nominierungsanhörung Powells für seine zweite Amtszeit sowie die Fed-Sitzung von dieser Woche verdeutlichten, haben die Inflationssorgen innerhalb der Fed spürbar zugenommen. Wenngleich die Serie der ganz großen Inflationssprünge nunmehr vorbei sein dürfte, könnten die Monate Januar und Februar 2022 bei der Inflation noch einmal ähnlich hoch wie der Dezember-Wert ausfallen. Spätestens im März sollte sich der Preisdruck nicht zuletzt wegen Basiseffekten dann aber abschwächen (auf rund 4,5% im Vergleich zum Vorjahr). Allerdings ist die Unsicherheit um den weiteren Inflationsrückgang aufgrund der anhaltenden Pandemieeffekte im ersten Halbjahr hoch. Für etwas (Inflations-)Dämpfung dürfte sorgen, dass sich Engpässe sukzessive zurückbilden, was die Situation auf der Angebotsseite entspannt. Dies sollte nicht zuletzt mit der Hilfe von China als globaler Superpower in der weltweiten Güterproduktion gelingen. Entgegen der Konsensusmeinung, nach der heimische Firmen alles daransetzen, „zuhause“ zu produzieren, dürften mittlere bis große Unternehmen bestrebt sein, ihre Lieferketten sogar noch internationaler zu gestalten, um diese robuster zu machen. Ferner sollten sich die Energiepreise, welche 2021 durch die Decke geschossen sind, 2022 moderater entwickeln. Hier ist natürlich noch der laufende Winter abzuwarten. Auch neues Ölangebot aus den USA und Saudi-Arabien könnte bei den Brent-/WTI-Notierungen für Entspannung sorgen.

Allerdings steht einem möglicherweise bald wieder stabileren Angebot eine robuste Nachfrage gegenüber. Nicht zuletzt aufgrund der historischen Antwort von Geld- und Fiskalpolitik auf die Pandemie befinden sich die „Bilanzen“ der privaten (US-)Haushalte in bester Verfassung, ergänzt um ein gesundes Verhältnis von Schuldenbedienung zu verfügbaren Einkommen. Diese Nachfrage-Power, die in den USA durch ein kräftiges Lohnwachstum flankiert wird, dürfte die Fed kurzfristig abbremsen wollen. Mittelfristig sollten zudem viele strukturelle Faktoren ihre preisdämpfende Wirkung wieder entfalten, sodass ein Wechsel des Inflationsregimes infolge einer globalen, nachhaltigen Lohn-Preis-Spirale („nach der Pandemie“) nicht zu erwarten ist.

Auch 50 Basispunkte denkbar

Die US-Notenbank dürfte im März die Fed Funds Target Range um 25 Basispunkte anheben, sofern die Monate Januar und Februar die Nerven der Notenbanker in Sachen Preisauftrieb nicht überstrapazieren (äußerst wäre ein Zinsschritt von 50 Basispunkten denkbar). Einem ersten Zinsschritt im Frühjahr könnten drei oder vier weitere im laufenden Jahr folgen. Sukzessive an Bedeutung gewinnt zudem die Bilanz-Abschmelzung, welche die Fed bei einem Zinsschritt im März wenig später ankündigen und ab Sommer beginnen dürfte. Dabei könnte sie ähnlich vorgehen wie im Jahr 2017 und die inzwischen fast doppelt so große Zentralbankbilanz mit einem quartalsweise steigenden Cap (initialer Wert Anfang des dritten Quartals 2022 von 16 Mrd. Dollar/Monat, welcher auf 80 Mrd. Dollar/Monat ab dem dritten 2023 steigt) graduell absenken.

Wenngleich das Inflationsbild in der Eurozone differenziert einzuordnen ist (diesseits des Atlantiks ist der Auftrieb der Konsumentenpreise relativ schwächer), stimmt der bisherige Ausschluss einer Zinserhöhung 2022 seitens der EZB-Führung mindestens skeptisch. Dies könnte im Sommer, wenn absehbar ist, dass spätestens Ende des Jahres der Einlagensatz innerhalb des negativen Terrains angehoben wird (auf –40 Basispunkte), noch für Volatilität bei Staatsanleihen der Eurozone sorgen.

2022 dürften die globalen Benchmark-Renditen generell leicht höher rangieren. Ein Test der Marke von 2,00 % bei zehnjährigen US-Staatsanleihen ist hier inbegriffen. Bunds gleicher Laufzeit sollten sich knapp oberhalb der Nulllinie einnisten. Allerdings dürften die Renditestrukturkurven in vielen Regionen flacher werden, womit insbesondere das Curve-Flattening die Markt-Performance im just gestarteten Jahr beeinflussen dürfte.

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