Dass Prämiensparer im Marathonlauf um ihre Zinsen der Ziellinie näher kommen, ist seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes (AZ.: XI ZR 234/20) vom 6. Oktober 2021 klar. Wie lang die Strecke noch ist, blieb aber im ersten und richtungsweisenden Rechtsstreit zwischen Verbraucherzentrale Sachsen und Sparkasse Leipzig offen. Nun wird das Ziel erstmals von Sparkassen-Seite ein Stück näher gerückt: Die Kreissparkasse Köln hat als erste in einem Interview mit dem Handelsblatt eingeräumt, „das BGH-Urteil umzusetzen“ sowie die Kund*innen anzuschreiben und den Anspruch auf Zinsnachzahlung zu ermitteln.

„Wir beobachten diese Entwicklung mit sehr großem Interesse und freuen uns für die betroffenen Sparenden, die bei den sächsischen Sparkassen teilweise schon seit drei Jahren mit uns an ihrer Seite für ihr Recht und ihr Geld kämpfen. Ein begrüßenswertes Signal in Richtung Verbraucher*innen“, erklärt Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen. „Schließlich ist es längst überfällig, dass die Sparkassen, die ausstehenden Zinsen nachzahlen. Das Kölner Modell sollte Schule machen. Auch den bisher verklagten Sparkassen steht es nach wie vor frei, auf die betroffenen Kunden zuzugehen und akzeptable Vergleiche anzubieten.

Zentral ist, dass die Kreissparkasse Köln – wie auch alle anderen – bei der Nachberechnung der Zinsen beidseits interessengerecht vorgeht und die Parameter der bisherigen Rechtsprechung beachtet. Es ist demnach ein langfristiger von der Deutschen Bundesbank veröffentlichter Zinssatz bei Wahrung des relativen Zinsabstands anzuwenden. Wer ein Angebot der eigenen Sparkasse bekommen hat und sich darüber unsicher ist, kann sich bei der Verbraucherzentrale Sachsen den Anspruch auf Zinsen samt Gutachten anbieterunabhängig nachrechnen lassen. „Niemand sollte sich mit einem Angebot von beispielsweise zehn oder zwanzig Prozent des von uns errechneten Zinsanspruchs abspeisen lassen“, empfiehlt Eichhorst. Der Verbraucherzentrale Sachsen liegt ein konkretes Angebot der Kreissparkasse Köln vom Spätsommer 2021 vor, bei dem das Kreditinstitut seinem Kunden immerhin 75 Prozent des errechneten Anspruchs als Kompromiss vorschlägt. Auch nach der BGH-Entscheidung vom Oktober hat das Institut dieses Angebot aufrechterhalten. „Ob das eine passende Alternative zum steinigen Rechtsweg ist, müssen die Betroffenen ganz individuell entscheiden“, erklärt Eichhorst.

„Wir stehen auch weiterhin zu unserem Wort, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Prämiensparenden so schnell wie möglich zu ihrem Recht und Geld zu verhelfen. Egal, ob das im Rahmen einer der acht sächsischen Musterfeststellungsklagen ist, durch die Nachberechnung des Zinsanspruchs für Sparkassenkunden bundesweit oder dem erneuten außergerichtlichen Einigungsversuchs. Schließlich geht es nicht um Peanuts, sondern unserer Ansicht nach um immerhin durchschnittlich 3.600 Euro pro Vertrag.“

Petition gibt jedem eine Stimme

Weil das Thema Zinsanpassung bei Prämiensparverträgen mit so großer Betroffenheit verbunden ist, hat das Aktionsbündnis aus der  Bürgerbewegung Finanzwende, dem Geldratgeber Finanztip und die Verbraucherzentrale Sachsen erst Ende Januar eine Petition gestartet. Die Online-Petition „Zahlt endlich die Zinsen“, mit der die Sparkassen sowie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband dazu aufgerufen werden, die ausstehenden Zinsen auszuzahlen und damit das verloren gegangene Vertrauen ihrer Kund*innen wieder zurück zu gewinnen, hat bereits über 14.000 Stimmen.

Nach Auskunft der Finanzaufsichtsbehörde BaFin geht es deutschlandweit um rund eine Million Prämiensparverträge mit strittigen Zinsanpassungsklauseln.

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