Der russische Krieg in der Ukraine schadet den Volkswirtschaften in den GUS-Staaten und in Europa direkt. Die Auswirkungen gehen jedoch nach einer Analyse des Kreditversicherers Credendo weit über diese beiden Regionen hinaus, da indirekte Folgen in der ganzen Welt zu spüren sind und sein werden, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Vor diesem Grund hat Credendo die Ratings für das Geschäftsumfeldrisiko in vielen Ländern überprüft und angepasst.

Die MENA-Region (Middle East & North Africa) sieht der Kreditversicherer hauptsächlich durch die Störung der Getreidemärkte und den Anstieg der Lebensmittelpreise betroffen. Alle Länder dort sind auf Getreideimporte angewiesen. Daher werden die aktuellen Turbulenzen Druck auf Importrechnungen, Inflationsraten und Lebenshaltungskosten ausüben. Credendo sieht aber einen großen Unterschied zwischen Ölimporteuren und -exporteuren. Die seit vielen Jahren hohen Ölpreise kommen den Ölexporteuren (insbesondere den Ländern des Golf-Kooperationsrates) zugute und werden wohl den Schock auf dem Getreidemarkt ausgleichen. Der Kreditversicherer befürchtet aber, dass Ölimporteure, die bei Getreideimporten auf die Ukraine und / oder Russland angewiesen sind, insbesondere Ägypten und Tunesien, erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Ägypten gilt als eines der am stärksten gefährdeten Länder in der Region. Als weltgrößter Weizenimporteur bezog das Land 85 % der Importe aus der Ukraine und Russland. Auch ein wichtiger Anteil der Touristen kam aus diesen beiden Ländern. Schwache öffentliche Finanzen machen Ägypten zudem anfällig für eine Verschärfung der globalen Finanzbedingungen und sorgen für die Abwanderung von Investoren in sicherere Länder. Das Land hat bereits den IWF um Hilfe gebeten und seine Währung abgewertet. Auch Tunesien leidet unter schwachen öffentlichen Finanzen. Hohe Öl- und Lebensmittelpreise können nach Ansicht von Credendo die politischen und gesellschaftlichen Unruhen verstärken. Daher hat der Kreditversicherer das Geschäftsumfeldrating beider Länder herabgestuft. Für Ägpyten sank es von E/G auf F/G, für Tunesien gar von F/G auf G/G.

Jordanien ist zwar auch ein großer Nettolebensmittelimporteur (6,6 % des BIP im Jahr 2020), das Land ist aber ähnlich wie Marokko weniger abhängig von Russland und der Ukraine (etwa 20 % der Getreideimporte im Jahr 2019). Beide Länder sind aber auch Ölimporteure. Insgesamt sieht Credendo auch hier ein erhöhtes Risiko sozialer Unruhen, getrieben durch den Anstieg der Lebenshaltungskosten.

In Subsahara-Afrika sind die direkten Handelsströme mit Russland und der Ukraine begrenzt, sie machen nur etwa 1 % der Gesamtimporte und 0,6 % der Gesamtexporte aus. Die größten Importeure in dieser Region von Weizen aus Russland und / oder der Ukraine sind Kenia, Nigeria, Südafrika, Tansania und Äthopien. Aber auch die Subsahara-Region ist indirekt getroffen durch höhere Energie- und Lebensmittelpreise und die längerfristige Verschlechterung der Finanzmarktbedingungen. Die steigende Inflation 2022 wird eine straffere Geldpolitik fördern, was zu niedrigerem Wachstum und höheren Zinssätzen führt. Zusammen mit hohen Treibstoffsubventionen erhöht dies den Druck auf die öffentlichen Finanzen. In Nigeria, Angola und die Republik Kongo dürften höhere Rohölexporteinnahmen die steigenden Kosten für raffinierte Kraftstoffimporte ausgleichen. Credendo erwartet, dass sich auch die Haushaltsbilanzen anderer Exporteure vön ölbasierten Rohstoffen wie Sambia, Südafrika und Demokratische Republik Kongo eher verbessern.

Große Probleme sieht der Kreditversicherer für die Nettoimporteure von Kraftstoffen wie Lesotho, Gambia, Botswana, Burkina Faso, Mauritius, Senegal, Burundi, Benin, Togo und die Komoren. In Ghana, Ruanda und Gabun kommt noch eine hohe Staatsverschuldung hinzu, die fiskalische Spielräume einengt und einen Staatsbankrott näher rücken lässt. Credendo hat die Ratings für Niger (von E/G auf F/G) und Senegal (von D/G auf E/G) herabgestuft.

Lateinamerika hat ebenfalls nur sehr begrenzte Handelsbeziehungen mit Russland – weniger als 1 % der Importe und nur 0,5 % der Exporte. Keine einzige Volkswirtschaft schickt mehr als 5 % ihrer Exporte nach Russland oder bezieht mehr als 5 % ihrer Importe aus dem flächenmäßig größten Land der Welt. Die Hauptauswirkungen des Krieges in der Ukraine sind daher höhere Energie- und Lebensmittelpreise und damit ein höherer Inflationsdruck angesichts des höheren Gewichts dieser Kategorien in den Verbraucherpreiskörben dieser Region. Credendo befürchtet insbesondere auf den karibischen Inseln und in Mittelamerika Unruhen, sieht aber auch Argentinien, Suriname und Venezuela als gefährdet an. Der Inflationsdruck könnte als Zweitrundeneffekt zu einer weiteren Straffung der Geldpolitik, einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums und zu strengerer Kreditvergabe der Banken führen. Allerdings haben die meisten lateinamerikanischen Länder ihre Geldpolitik bereits im vergangenen Jahr aggressiv gestrafft, der Abwertungsdruck hat nachgelassen. Die meisten Länder können zudem von höheren Rohstoffpreisen oder höheren Touristenankünften aus den USA profitieren. Daher lässt Credendo derzeit alle Risikoeinstufungen unverändert. Die Aussichten würden sich aber schnell verschlechtern, wenn der Krieg in der Ukraine die Wachstumsaussichten in China oder den USA – den größten Handelspartnern der Region Süd- und Mittelamerika – ernsthaft beeinträchtigen würde.

Auch in Asien sind die direkten Handelsbeziehungen zu Russland und der Ukraine begrenzt. Wichtiger sind die höheren Energie- und Lebensmittelpreise. Credendo erwartet negative sozioökonomische Auswirkungen in Südostasien und teurere Schwerölimporte in China. Am stärksten betroffen könnte aber Südasien sein, insbesondere Pakistan und Sri Lanka. Hier treffen teurere Treibstoff- und Lebensmittelimporte auf schwache öffentliche Finanzen, die die Regierungen in eine instabile Position bringen. Schon vor dem Ukrainekrieg hatten beide Länder zweistellige Inflationsraten. Sri Lanka befindet sich bereits in einer Wirtschaftskrise. Angesichts von Devisenknappheit und hohem Leistungsbilanzdefizit haben die Behörden die Rupie kürzlich stark abgewertet und Einfuhrbeschränkungen für Hunderte Artikel erlassen. Die Abwertung wird Asiens höchste Inflation (15 % im Februar) weiter ankurbeln und das Geschäftsumfeldrisiko verschlechtern. In Pakistan ist die Situation mit schwachen Staatsfinanzen, hoher Inflation und einer geschwächten Rupie kaum besser. Zudem hat das Land eine hohe Abhängigkeit von Getreideimporten aus Russland (mehr als 35 % der Gesamtimporte). Da die Regierung zunehmend umstritten ist, werden finanzielle Maßnahmen unumgänglich sein, die die Beziehung zum IWF verschlechtern könnten. Der Aufschub von Kreditauszahlungen wäre eine mögliche Folge. Credendo erwartet in den kommenden Monaten weiter steigende Inflation, Zinsen und Rupienabwertung. Das Wirtschaftswachtum dürfte sich abschwächen. Der Kreditversicherer hat das Geschäftsumfeldrisikorating für beide Länder angepasst – für Pakistan von E/G auf F/G und für Sri Lanka von F/G auf G/G. 

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