Genau fünf Jahre nach der Veröffentlichung der vielbeachteten Krefelder Studie fand im Potsdamer Haus der Natur eine Fachtagung statt, die das Insektensterben in den Fokus rückte. Am vergangenen Wochenende trafen sich über 60 Interessierte aus entomologischen Fachkreisen sowie Behörden und Naturschutzorganisationen, aber auch allgemein Interessierte. In den Vorträgen wurden Studien und Projekte vorgestellt, die den drastischen Insektenrückgang bestätigen. Untersuchungsergebnisse zeigten die komplexen Ursachen dafür klar auf. Auch Wege, diesen enormen Artenverlust zu stoppen, sind bekannt. Jetzt ist die Politik gefordert, entsprechende Gegenmaßnahmen umzusetzen. Ein Beispiel aus dem Löcknitztal zeigte, wie das Insektensterben regional nicht nur gestoppt, sondern Artenvielfalt sogar gefördert werden kann.

Das Thema Insektenschwund ist in aller Munde. 2017 sorgte die Krefelder Studie für weltweites Aufsehen. Erstmals wurde ein deutschlandweiter Insektenrückgang mit erschreckenden Zahlen belegt: Die Biomasse der Fluginsekten hatte in verschiedenen Naturschutzgebieten in Deutschland binnen 27 Jahre um 75 Prozent abgenommen.

Wie geht es den Insekten?

Mehrere Vorträge befassten sich mit neuesten Studien und Projekten zu Langzeit- und Kurzzeitentwicklungen der Artenvielfalt und der Biomasse. Sie zeigten auf, dass sowohl auf regionaler, überregionaler (Deutschland, Mitteleuropa) als auch globaler Ebene grundsätzlich die Erkenntnisse der Krefelder Studie bestätigt werden. Solche Kenntnisse sind notwendig, um geeignete Maßnahmen zum Insektenschutz aufstellen zu können.

Berichtet wurde über Untersuchungsergebnisse, dass der Artenschwund oft schon vor über 100 Jahren mit der Industrialisierung der Landwirtschaft einsetzte. Die Ursachen für die negativen Entwicklungen sind grundsätzlich bekannt und meistens sehr komplex: Pestizideinsätze in Land- und Forstwirtschaft, Eutrophierung, Grundwasserabsenkungen, Monokulturen in der Landwirtschaft und generelle Nutzungsintensivierung sowie Lichtverschmutzung, Fragmentierung von Lebensräumen und neuerdings zusätzlich Witterungsextreme wie Dürren und Hitzewellen. Dr. Jörg Gelbrecht, Leiter des NABU-Landesfachausschusses Entomologie, fordert, dass nun endlich gegengesteuert wird. „Das erarbeitete „Insektenschutzprogramm Brandenburg“, das geeignete Maßnahmen aufführt, muss nun endlich auch praktisch umgesetzt werden. Erste wichtige Schritte könnten z.B. das Verbot von Pestiziden in Schutzgebieten und die insektenfreundliche Bewirtschaftung von Grünflächen sein.“

Insektenschwund – erste erfolgreiche Gegenmaßnahmen

Dass es durch geeignete Maßnahmen auf regionaler Ebene auch möglich ist, den Artenschwund zu stoppen und die Vielfalt sogar wieder zu fördern, war ein kleiner Lichtblick. Ein sehr erfolgreiches Pflegekonzept für Moorwiesen wird z.B. seit vielen Jahren im Löcknitztal praktiziert. Hier konnte bereits durch extensive Pflege mit später Hand-Mahd von Ende Juli bis Mitte September die heimische Insektenvielfalt gefördert werden.

Dargestellt wurde auch, wie die negativen Folgen der Lichtverschmutzung auf die Insektenvielfalt und Insektenbiomasse durch die Wahl geeigneter Beleuchtungssysteme reduziert werden kann. Erste vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Straßenlampen mit engen Abstrahlwinkeln die Anziehungskraft auf Fluginsekten deutlich minimieren.

„Wichtig beim Schutz unserer Insekten ist es auch, eine breite, naturinteressierte Öffentlichkeit mit einzubeziehen. Sowohl die ehrenamtliche Naturschutzarbeit und die Umweltbildung als auch die Etablierung von Online-Portalen wie der Artenfinder und das Schmetterlingsportal Brandenburg/Berlin zur Meldung von Beobachtungen sind dazu geeignete Wege“, so Gelbrecht.

Nähere Informationen zum Entomologentag in Potsdam:
https://brandenburg.nabu.de/wir-ueber-uns/infothek/veranstaltungen/32312.html

Schmetterlingsportal Berlin/Brandenburg
https://www.schmetterlinge-brandenburg-berlin.de/

Artenfinder Berlin
https://berlin.artenfinder.net/

Krefelder Studie:
https://www.nabu.de/news/2017/10/23291.html

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