• Besonders Winterregen gut für Neubildung von Grundwasser
  • Geologie und Regen in Norddeutschland ideale Kombination für Grundwasserverfügbarkeit
  • Spitzenabgaben kappen und transparentes Entnahmemonitoring für besseren Ressourcenschutz

Mit einem Regen-Plus von fast 20% war das hydrologische Jahr 2022/2023 ein sehr nasses. Das zeigt die aktuelle Ausgabe des Wasserreports, den HAMBURG WASSER-Geschäftsführer Ingo Hannemann heute im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte. Mit Blick auf die Grundwasserstände ist der Regenüberschuss eine gute Nachricht, denn insbesondere durch Niederschläge im Winterhalbjahr füllen sie sich wieder auf. Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte kam es zu starken Schwankungen der monatlichen Niederschlagsmengen. Zunehmend extreme Wetterausprägungen im Jahresverlauf stellt auch die Klimawissenschaftlerin und Direktorin des Climate Service Center Germany (GERICS) Prof. Dr. Daniela Jacob fest. Sie berichtete auf der heutigen Pressekonferenz von Klimaszenarien, denen zufolge insbesondere Norddeutschland weiterhin von ausreichenden Regenmengen ausgehen kann, sich aber auf eine geänderte Verteilung im Jahresverlauf einstellen müsse. Demnach wird Grundwasser weiterhin in ausreichender Menge für die Trinkwassergewinnung zur Verfügung stehen, nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung vorausgesetzt. Damit der Druck auf Ressource Grundwasser aber gerade in Trockenphasen nicht überhandnimmt, dringt HAMBURG WASSER auf die Umsetzung der in der Nationalen Wasserstrategie festgehaltenen besseren Entnahmentransparenz für alle, die sich der Ressource bedienen.

Viel Regen ist nicht für alle ein Grund zum Jubeln, aber mit Blick auf die Grundwasserstände war das zurückliegende hydrologische Jahr, das den Zeitraum von November 2022 bis Oktober 2023 umfasst, ein erfreuliches. Mit fast 900 mm kam rund 20% mehr Regen an der DWD-Wetterstation in Hamburg-Fuhlsbüttel herunter als im langjährigen Mittel seit 1891, das bei 750 mm liegt. Auch das dreißigjährige Mittel (1991–2020) mit 770 mm wird vom Regenjahr 2022/2023 weit übertroffen. Für die Neubildung von Grundwasser ist der Regen im Winterhalbjahr besonders relevant. Dann kann er in den Untergrund bis in die Grundwasserleiter versickern und verdunstet nicht durch Sonneneinstrahlung oder wird von der Vegetation gebraucht.

Ergiebiger Regen wirkt entlastend auf Grundwasserstände

Im hydrologischen Jahresverlauf gab es keine längeren Trockenphasen, so dass sich die gute Bodenfeuchte in den tiefen Untergrund fortsetzte und Wasser in die Grundwasserleiter einsickern konnte. „Die seit 2021 insgesamt wieder steigenden Regenmengen sorgen dafür, dass die Grundwasserkörper in und um Hamburg ein wenig durchatmen können und sich der Druck auf die Ressource verringert“, erläutert HAMBURG WASSER-Geschäftsführer Ingo Hannemann.

Im Lauf von zwölf Monaten blieben nur drei Monate unter den durchschnittlichen Regenmengen. In fünf Monaten hat es relativ durchschnittlich geregnet und in vier Monaten kam teilweise extrem überdurchschnittlich viel Niederschlag herunter. Absolute Regen-Spitzenreiter waren der Juli mit 144 mm (30-jähriges Mittel 1991–2020: 82 mm) und der Oktober mit 174 mm (30-jähriges Mittel 1991–2020: 63 mm). Am wenigsten hat es mit nur 17 mm im Mai geregnet (30-jähriges Mittel 1991–2020: 58 mm).

Laut Klimaausblicke der Bundesländer des Climate Service Center Germany (GERICS) ist in den nördlichen Bundesländern von einer Zunahme der Niederschläge im Winter und Frühjahr auszugehen. Insgesamt wird sich Niederschlag von Region zu Region unterschiedlich ausprägen, wie Klimawissenschaftlerin und GERICS-Direktorin Prof. Dr. Daniela Jacob zusammenfasst: „Der Klimawandel ist ungerecht: Wo es bisher viel geregnet hat, wird es auch weiterhin Regen geben und da wo es schon vorher trocken war, wird es zukünftig noch trockener.“

Flache Grundwasserleiter reagieren schneller auf Regen als tieferliegende

Grundwasserleiter sind hydraulisch komplexe Systeme und weisen lokale und regionale Unterschiede auf. Daher reagieren sie unterschiedlich schnell auf Witterungseinflüsse. „Je tiefer ein Grundwasserleiter im Untergrund liegt, desto länger ist üblicherweise die Reaktionszeit auf Regengeschehen oder längere Trockenphasen“, erklärt Hannemann. „Nach dem regenreichen Jahr 2022/2023 setzt sich der positive Trend aus dem letzten Jahr in den flachen und mitteltiefen Grundwasserleitern fort und auch einige tiefe Messstellen zeigen schon eine erfreuliche Entwicklung.“

Flache Grundwasserleiter reagieren teilweise innerhalb weniger Wochen auf Witterungseinflüsse, so dass ihre Füllstände am Ende dieses hydrologischen Jahres teilweise über dem 30-jährigen Mittel lagen und sich auch im Jahresvergleich wieder in Durchschnittswerte einpendelten. Auch die mitteltiefen Grundwasserleiter zeigen Reaktionen auf das ergiebige Regengeschehen und sowohl im Jahresverlauf als auch im Jahresvergleich geht es wieder bergauf.

Die Entwicklung in den tief gelegenen Grundwasserleitern ist träger und teilweise von der Neubildung der letzten Jahre oder teilweise sogar Jahrzehnte abhängig. Daher schlagen sich unterjährige Regenereignisse kaum in den Jahresganglinien der tiefen Messstellen nieder wie es bei den flachen oder mitteltiefen der Fall ist. Nach zuletzt witterungsbedingt fallendem Trend tragen die steigenden Regenmengen seit 2021 dazu bei, dass sich Grundwasser auch tieferen Lagen allmählich wieder anreichert.

Regen und Geologie bedingen gute Grundwasserverfügbarkeit in Norddeutschland

Als Teil des Wasserkreislaufs bildet sich Grundwasser immer wieder neu, indem Regen durch den Untergrund sickert und dabei natürlich gefiltert wird. Es sammelt sich in Hohlräumen unterirdischer Bodenschichten, den Grundwasserleitern, die je nach geologischen Gegebenheiten unterschiedlich tief liegen und unterschiedlich ergiebig sein können. Da diese Voraussetzungen ebenso wie das Regengeschehen nirgends auf der Welt gleich sind, unterscheidet sich die Neubildung und Verfügbarkeit von Grundwasser auch in Deutschland je nach Geologie und Hydrologie teils erheblich.

Hamburg und Umland gehören zu einer Region in Deutschland, in der sich die beiden Bedingungen Regen und Geologie gut ergänzen für eine ausreichende Grundwasserverfügbarkeit. Im norddeutschen Untergrund liegen große Porengrundwasserleiter, die besonders gut für eine Grundwassergewinnung für die Trinkwasserversorgung geeignet sind. Neben solch geologisch günstigen Bedingungen finden sich in Deutschland und auch europaweit weniger produktive Grundwasserreservoirs, in denen sich nur sehr begrenzt oder gar kein Grundwasser sammelt.

Spitzenabgaben kappen für Schutz von Ressourcen und Infrastruktur

Obwohl der Trinkwasserabsatz insgesamt unter Vorjahrsniveau lag, waren im Juni 2023 acht Tage mit Spitzenverbräuchen von jeweils mehr als 400.000 Kubikmetern zu verzeichnen. „Das ist besonders deswegen erstaunlich, weil es im Jahr zuvor keinen einzigen Spitzenverbrauchstag gab, obwohl es vier Hitzetage mehr gab und mit 40,1 °C ein neuer Hitzerekord in Hamburg aufgestellt wurde“, führt Hannemann aus. Die Spitzenverbräuche wurden am Ende der längsten Trockenphase von 24 Tagen erreicht, als auch die Temperaturen über 25°C stiegen.

Insgesamt lässt sich aber beobachten, dass im Versorgungsgebiet von HAMBURG WASSER sowohl der Wasserabsatz ingesamt gesunken ist als auch der Pro-Kopf-Verbrauch, der in den letzten 40 Jahren um knapp ein Drittel auf 111 Liter täglich im Jahr 2022 schrumpfte. Die Menschen gehen also sparsamer mit dem Trinkwasser um – zuletzt vornehmlich aus Energiespargründen.

„Der diesjährige Trinkwasserabsatz zeigt, wie wichtig es ist, gerade in Trockenphasen Spitzenverbräuche zu kappen, um Infrastruktur und Ressourcen nicht überzustrapazieren“, so Hannemann. „Daher rufen wir vor allem im Hochsommer zum sparsamen Umgang auf, weil einerseits die wachsende Stadt und der Klimawandel einen sorgsamen Umgang erfordern.“ Der Ausbau der konventionellen Trinkwasserinfrastruktur kann keine Lösung sein, nur um für wenige Tage im Jahr Spitzenabgaben bedienen zu können.

Echtzeit-Entnahmemonitoring aus Nationaler Wasserstrategie umsetzen 

„In Hamburg können wir weiterhin auf gute Grundwasserressourcen bauen, wenn sie nachhaltig und naturnah bewirtschaftet werden“, resümmiert Ingo Hannemann. Als Unternehmen mit öffentlichem Versorgungsauftrag ist HAMBURG WASSER aber nicht der einzige Nutzer der Ressource Grundwasser. Insbesondere im Hochsommer erhöhen sich auch Bedarfe aus anderen Sektoren wie der Landwirtschaft oder der Industrie. Um Nutzungskonkurrenzen zu vermeiden, sind länder- und sektorübergreifende Wasserbewirtschaftungspläne und Priorisierungen unerlässlich.

„Voraussetzung dafür ist aber wie in der Nationalen Wasserstrategie gefordert, ein transparentes Echtzeitmonitoring aller Entnahmen aus den regionalen Grundwasserressourcen, wie es Wasserversorger heute schon liefern müssen“, fordert Hannemann. „Viele Grundwasser-Nutzungen anderer Sektoren sind entweder erlaubnisfrei oder werden über die mittlere jährliche Entnahme dokumentiert, die die saisonalen Auswirkungen einer Förderung nur unzureichend abbildet. Für einen effizienten Schutz der Ressource Grundwasser müssen wir die tatsächlichen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt kennen.“

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